Sterne im Sand
behandeln.
Rupe und Cleo aßen allein. Er wirkte unsicher und nervös, entschuldigte sich für die Abwesenheit der übrigen Familienmitglieder und schien zu keiner vernünftigen Unterhaltung fähig, bis er schließlich vorschlug, eine Flasche Wein zu öffnen.
»Ich brauche etwas zu trinken. Sind Sie damit einverstanden?«
»Natürlich.«
»Meine Brüder sitzen mit einer Flasche Whisky da draußen. Mich hat man nicht eingeladen, meine Meinung zählt anscheinend nicht. Nun, Sie trinken ohnehin keinen Whisky, oder?«
»Nein.«
»Dann also Wein, den besten, den wir haben. Mein Vater hielt nämlich zeitlebens nichts vom Trübsalblasen. Wir sollten auf ihn anstoßen. Leider nicht mehr auf gute Gesundheit und ein langes Leben.«
Sie lehnte sich zwanglos zurück. »Rupe, Sie müssen sich nicht ständig entschuldigen. Holen Sie schon den Wein. Ich leiste Ihnen Gesellschaft.«
»Wieso? Weil ich der Ausgestoßene bin?«
»Nein, weil Sie durcheinander sind und jetzt nicht allein bleiben sollten.«
Sie nippte an dem trockenen Weißwein und wünschte insgeheim, sie wäre mit einem Buch und einem Imbiß in ihrem Zimmer geblieben. Der Umgang mit Rupe war schwierig, zudem servierte das Mädchen das Essen mit aufreizender Langsamkeit. Cleo meinte, bei Rupe eine Mischung aus Trauer und Zorn über eine Welt zu entdecken, die ihm den Vater genommen hatte. Ihr war weh ums Herz, ihn so leiden zu sehen. Immer wieder versank er in brütendes Schweigen, doch sie fand, er hatte ein Recht dazu, und versuchte nicht krampfhaft, ihn aufzumuntern.
Irgendwann schob er seinen Stuhl zurück. »Wie wäre es mit einem Spaziergang?«
Das kam unerwartet. Cleo wäre am liebsten davongelaufen, aber ihr fiel keine Entschuldigung ein. »Wenn Ihnen danach ist.«
»Also, gehen wir.«
Sie nahmen den Vordereingang und folgten den Kieswegen, die sich um die Blumenbeete zogen. Zu ihrer Erleichterung bemühte sich Rupe nun, sie in ein Gespräch zu verwickeln, erkundigte sich nach ihrer Heimat im Norden, den Plantagen, den Jahreszeiten, den Pflanzen, einfach nach allem, wenn es nur nichts mit Austin Broderick zu tun hatte. Wie jeder Landbewohner schien er an ihren Antworten ehrlich interessiert. Sie machten die Runde ein zweites Mal, und als sie wieder vor der Tür standen, berührte er sie leicht am Arm.
»Danke, Cleo. Tut mir leid, daß ich vorhin so unausstehlich war, es ist nur … Ach, egal, Sie sollten jetzt besser hineingehen.«
An der offenen Tür drehte sie sich noch einmal um und sah, ihn sich entfernen, die Hände in den Taschen vergraben. Plötzlich wurde ihr bewußt, wie einsam er sich fühlen mußte. Sein Vater war wohl sein einziger echter Freund gewesen.
Doch Rupe war keineswegs einsam, sondern sehr zufrieden mit sich. Endlich hatte er das Eis gebrochen; ab heute würde sie ihm nicht mehr aus dem Weg gehen. Je näher er sie kennenlernte, desto besser gefiel sie ihm – gut genug jedenfalls, um sie zu heiraten. Immerhin stammte sie aus einer reichen Familie, würde eine ansehnliche Mitgift mitbringen und hatte eine beträchtliche Erbschaft zu erwarten.
»Verdammte Regierung«, murmelte er. Ausgerechnet jetzt, da diese verfluchten Politiker ihnen das Geld aus der Tasche zogen, erbte er die Hälfte von Springfield. Es war eine unglaubliche Geldverschwendung, so zu tun, als teilten sie den Besitz auf. Erst als Victor von Einsparungen sprach, hatte er die Endgültigkeit dieser ungeheuren Zahlungen zur Sicherung des Besitzes begriffen. Nicht Austins Geld würde nun in die Kassen der Regierung fließen, sondern sein eigenes!
Rupe lehnte sich gegen den Zaun und sah zum Haus zurück, dessen Sandsteinmauern beinahe weiß im Mondlicht schimmerten. Er hatte sich immer vorgestellt, daß er nach Austins Tod Victor die Leitung der Farm überlassen würde, während Harry in Brisbane lebte und er selbst frei war, in die Welt hinauszuziehen. Sein Anteil an den Wollerträgen würde ihm, wie vielen anderen Squattern auch, ein angenehmes Leben ermöglichen.
Jetzt, nachdem Harry enterbt war, hätte das ganze schöne Geld ihm und Victor allein gehört.
»Verdammtes Pech!« schnaubte er. Die Ehe mit einem reichen Mädchen erschien nun unumgänglich. Von ihrem Geld würde er keinen Penny in Springfield stecken, soviel stand fest. Es würde ihnen allein zugute kommen. Oder besser noch: Ihm allein.
Rupe fragte sich, ob es überhaupt erforderlich war, ganz Springfield zu kaufen. Austin hatte den Besitz in vollem Umfang erhalten wollen, doch er war
Weitere Kostenlose Bücher