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Sterne im Sand

Sterne im Sand

Titel: Sterne im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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vorbehaltlos dafür. Er sieht sie als Geißel des Landes an. Er schreibt, sie seien eine schlimmere Plage als die Dingos. Der einzige Weg, sie loszuwerden, liege darin, die Erwachsenen in Reservaten unterzubringen und ihnen die Kinder wegzunehmen, die Sprache und ihre heidnischen Praktiken auszulöschen.«
    »Ja, und?«
    Harry sah ihn fassungslos an. »Finden Sie seine Haltung nicht unchristlich?«
    »Ein wenig übertrieben vielleicht.«
    »Dann erklären Sie mir bitte, worum es bei alldem wirklich geht: Assimilation oder Ausrottung?«
    Der Erzbischof schüttelte den Kopf. »Harry, ich fürchte, bei Ihnen gewinnen die Gefühle die Oberhand über die Vernunft. Sie scheinen nicht zu begreifen, daß wir nur das tun, was für diese Menschen am besten ist.«
    »Sie meinen die Menschen, denen dieses Land ursprünglich gehörte? Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
    »Nun, ich vermute, das eine würde irgendwann das andere nach sich ziehen.«
    Harry spürte eine Welle der Übelkeit in sich aufsteigen, geboren aus dem schalen Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Wenn nicht einmal dieser Mann, der sich selbst als ach so gerecht betrachtete, dies als Verbrechen ansah, welche Überlebenschancen blieben dann den Aborigines?
    Er wechselte das Thema. »Kennen Sie die Kirche des Heiligen Wortes? Der Name kommt mir bekannt vor, aber ich kann ihn nicht einordnen.«
    Der Erzbischof war froh über die unverfängliche Frage. »Eine solche Kirche gibt es nicht.«
    »Da habe ich aber etwas anderes gehört.«
    »Ach ja, es gab hier einmal einen Kerl, der sich als Bischof dieser sogenannten Kirche ausgab; er hatte viele Anhänger, hauptsächlich aus Neuseeland, glaube ich. Aber er war ein Scharlatan, ein Dieb erster Güte.« Er seufzte. »Solange ich lebe, werde ich nie verstehen, wie Menschen so leichtgläubig sein und ihre ganzen Ersparnisse solchen Schurken überlassen können.«
    Harry war betroffen. Von der schmählichen Haltung der anglikanischen Kirche zur Verschleppung der Kinder einmal abgesehen, hatte er immerhin gehofft, der Erzbischof, der seine religiösen Ableger eigentlich kennen müßte, werde ihn geradewegs zu Reverend Billings führen.
    »Ist er weg? Dieser Reverend Billings, meine ich?«
    »Nein, so hieß er nicht. Ich glaube, er hat sich aus dem Staub gemacht. Er hatte ein Haus irgendwo am Stadtrand, das er als Kirche deklarierte. Es wurde inzwischen verkauft, und er hat das Geld in die eigene Tasche gesteckt. Einige seiner Gemeindemitglieder haben sich bei mir darüber beklagt, doch leider konnte ich nicht allzuviel Mitgefühl für sie aufbringen.«
    »Aber was ist aus den Kindern geworden?«
    »Welchen Kindern?«
    »Dieser Reverend Billings hat schwarze Kinder von unserer Farm mitgenommen und behauptet, er wolle sie im kircheneigenen Waisenhaus unterbringen. Mein Vater gab ihm einen Scheck, der für diese Kinder bestimmt war. Wo sind sie jetzt?«
    »Ich habe keine Ahnung. Es gibt weder eine Kirche noch ein Waisenhaus dieses Namens. Ich bin überrascht, daß Ihr Vater …«
    »Er ist einfach nur Ihren Lehren gefolgt«, erwiderte Harry wütend. »Er hielt es für das Beste.«
    Beim Abschied klopfte ihm der Erzbischof aufmunternd auf die Schulter. »Ich glaube, wir beide kommen wohl nicht auf einen Nenner, Harry.«
    Dieser sah ihn traurig an. »Nein, Sir, wohl nicht. Ich hoffe nur, daß Sie eines Tages einsehen, daß nicht alle Kinder Gottes weiß sind.«
     
    Harry übernachtete in Fern Brodericks Haus. Er schrieb an Connie, daß seine Suche möglicherweise länger als erwartet dauern werde, weil er keine Ahnung habe, wo sich die Jungen aufhielten. Er entschuldigte sich für die Verzögerung seiner Rückkehr und versprach, ihr jeden Tag zu schreiben.
    Er machte die Runde durch die Waisenhäuser, studierte die Listen ihrer Zöglinge. Doch da man den schwarzen Kindern englisch klingende Namen zugewiesen hatte, halfen ihm diese nicht weiter. Also ging er durch Räume voller trauriger, sehnsüchtiger Gesichter und versuchte, sich an Bobbos, Doombies und Jaggas Aussehen zu erinnern. Doch es war zwecklos, sie wiedererkennen zu wollen. Es war Jahre her, seit er sie gesehen hatte; damals waren sie noch Babys gewesen.
    In einer dieser Einrichtungen erinnerte man sich allerdings an ein Kind namens Bobbo.
    Er sprach mit einem Laienlehrer, der, wie sich bald herausstellte, keinerlei Qualifikation besaß. Das gleiche galt für alle Lehrer in diesem Waisenhaus, die ohnehin eher wie Wärter als wie Pädagogen wirkten.
    »Ich könnte

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