Sterne im Sand
vielen. Allerdings war er ziemlich ungehalten, daß mein Bruder es nicht einmal für nötig gehalten hat, sich zu melden. Wenigstens ein Telegramm hätte er doch schicken können, damit wir es nicht aus der Zeitung erfahren müssen. Ich möchte nicht in Harrys Haut stecken, wenn ihn der Alte zur Rede stellt.«
Rupe reagierte auf seine Weise auf die veränderte Situation von Springfield. In seinen Augen war hier ein Krieg im Gange, und es galt, sich die Treue seiner Truppe zu sichern. An diesem Abend suchte er nach dem Essen die Männerunterkunft auf und berief eine Versammlung in der Messehütte ein, um ihnen die Neuigkeit mitzuteilen.
»Wenn Springfield wirklich aufgeteilt wird, enden die meisten von euch als Arbeiter auf kleineren Weiden, die Amateuren wie Krämern und Farmern gehören«, erklärte er ernst.
»Ihr werdet weder die Annehmlichkeiten noch die Unterstützung von Springfield haben. Wie die Hirten früher werdet ihr in Hütten leben, weit entfernt von jeder menschlichen Gesellschaft.«
Zu seiner Freude rief die Rede bei seinen Zuhörern Unwillen hervor. Rupe erwärmte sich für sein Thema und schilderte in den schwärzesten Farben, wie sich die Plünderer händereibend über Teile von Springfield hermachen würden.
»Sie werden den ganzen Bezirk auf den Kopf stellen«, sagte er, »denn sie malen sich jetzt schon ihre glorreiche Zukunft als Squatter aus – allerdings sind ihre Weiden wertlos, und ihre Sachkenntnis ist gleich null.«
Jack Ballard, der Aufseher der Hauptfarm, stärkte Rupe den Rücken. »Ich schätze, die halten die Leitung einer Schaffarm für ein Kinderspiel. Die werden sich noch umgucken.«
»Da hast du vollkommen recht«, sagte Rupe lachend. »Aber sie sollten ihre Fehler lieber woanders begehen. Ich sage, haltet sie fern von Springfield, bis wir alles gesichert haben.«
»Wie lange dauert das?«
»Vielleicht ein Jahr«, erklärte Ballard. Er zwinkerte Rupe zu. »Ich hatte mich schon gefragt, weshalb du und Victor die Parzellen markiert. Habt ihr etwas geahnt?«
»Wir hielten es immerhin für möglich …«
»Der Boß läßt sich nicht übers Ohr hauen, selbst wenn er krank ist, was?« lachte Jack anerkennend.
Rupe war ein wenig gekränkt, da er sich bis zu diesem Moment beinahe selbst als Boß gefühlt hatte. Er mochte es nicht, wenn man ihn an den übermächtigen Schatten seines Vaters erinnerte.
»Wir müssen jedenfalls verhindern, daß sich die Siedler auf unserem Land herumtreiben. Die Frage ist, ob ihr mich dabei unterstützt.«
»Ja!« jubelten die Männer.
Dann meldete sich von hinten jemand zu Wort. »Wie soll das gehen?«
»Ganz einfach!« gaben ihm die anderen lachend zur Antwort. Doch Rupe ließ es sich nicht nehmen, es auf einen kurzen Nenner zu bringen.
»Ihr droht ihnen mit der Waffe und haltet sie von unserem Grund und Boden fern!«
»Und wenn sie nicht gehen wollen?« hakte dieselbe Stimme nach. Ein hochgewachsener Viehhüter fand die passende Antwort darauf.
»Erschießt ihr das Pferd zuerst«, ergänzte er lakonisch.
Rupe grinste. »Warum nicht? Sie betreten unbefugt fremdes Eigentum. Ich glaube, wir haben uns jetzt eine Runde verdient. Geht aufs Haus!« Er wandte sich an den Lagerverwalter. »Wir haben doch noch ein paar Flaschen Rum übrig, oder etwa nicht?«
Das Sonnenlicht, das durch das Gitterwerk fiel, zeichnete Muster auf die Veranda. Der riesige Jasminbaum wiegte sich sanft im Wind. Ein herrlicher Tag, doch nicht für Connie. Sie saß zusammengekauert in einem Korbsessel und kaute auf ihren Fingernägeln. Sie fühlte sich hinter diesem Holzgitter wie eine Gefangene, da sie es nicht wagte, unter die grausamen Augen der Öffentlichkeit zu treten. Harry bildete noch immer das Tagesgespräch. Seinen Kollegen und vielen Freunden galt er als Ausgestoßener, der seine Klasse verraten hatte, und dieses Urteil schloß sie anscheinend mit ein.
Die Dienstboten hatten nicht viel zu tun in diesen Tagen, da nur die Herrin zu Hause war und kein einziger Besucher vorsprach. Ihre Gegenwart schüchterte Connie ein, sie vermeinte, ihr spöttisches Gelächter hinter ihrem Rücken zu hören.
Die Köchin hatte ihren Mann mit dem Rollwagen herbestellt, um die Trümmer des importierten Mahagonibettes abzutransportieren. Danach konnte das Mädchen endlich das Zimmer aufräumen. Connie klang noch das brüllende Gelächter des Mannes in den Ohren. Es war die schlimmste Woche ihres Lebens gewesen, und sie fühlte sich unsagbar gedemütigt. Ihr Vater hatte
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