Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
verbrochen?« Sie ging um den Tisch herum.
»Gar nichts.« Maddie stand auf, um eine Küchenrolle zu holen.
»Warum weinst du dann?«
»Wir haben einen Brief bekommen.«
»Und deswegen weinst du?« Hannah runzelte die Stirn.
»Ja. Er ist von deiner Mutter.«
Hannah erstarrte. »Ich habe keine Mutter.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust und setzte sich an den Tisch.
»Doch, sie lebt in Neuseeland.«
»In Neuseeland?« Hannah fixierte den Brief in Maddies Hand. »Hast du sie gesucht, weil du mich loswerden willst? Weil ich dir zur Last falle?«
»Nein! Du hast mich vor einiger Zeit um Hilfe gebeten, also habe ich ihre Adresse recherchiert und an die geschrieben.«
»Du hast was?«
»Ich habe ihr einen Brief geschickt und ihr vom Tod deines Vaters und von deinem Wunsch, sie kennenzulernen, berichtet.«
»Und warum hast du geweint?«
»Weil dein Vater nicht da ist.« Maddie setzte sich. »Deinetwegen und wegen deiner Mutter.« Maddie holte tief Luft. »Und wegen der Entscheidungen, die ich treffen musste.«
»Was für Entscheidungen?«
»Zum Beispiel, ob ich dir von dem Brief erzählen soll.«
»Warum wolltest du es mir nicht sagen? Schließlich ist sie meine Mutter.« Hannah runzelte die Stirn.
»Ich wollte mir darüber klar werden, was dein Vater von mir erwartet hätte.«
»Er hat sie gehasst.«
»Ja, stimmt, aber er hat dich geliebt.«
Hannah traten Tränen in die Augen. »Okay, was schreibt sie?«
»Ich glaube, es ist das Beste, wenn du den Brief selber liest.«
»Gut.« Hannah nahm ihn.
»Soll ich bleiben oder gehen?«, fragte Maddie.
»Bleib. Bitte.«
26
M addie nahm Hannah in die Arme.
»Sie erklärt nicht, warum«, beklagte sich Hannah.
»Sie erklärt auch sonst nicht viel.« Maddie streichelte Hannahs Rücken.
»Das ist nicht fair. Sie muss mir doch sagen, warum. Wieso hat sie mich verlassen?«
»Ich wünschte, ich könnte dir das beantworten.« Maddie drückte sie fester an sich. »Immerhin schreibt sie, dass es ihr leidtut.«
»Das hilft mir gar nichts«, schluchzte Hannah. »War ich so schrecklich, dass sie mich und Dad verlassen musste?«
»Du bist nicht schrecklich.«
Hannah löste sich erstaunt von Maddie.
»Jedenfalls nicht immer, und damals warst du ja noch kein Teenager.« Maddie schmunzelte. »Ich wette, das hatte nichts mit dir zu tun.«
»Ich glaube schon. Es muss was mit mir zu tun gehabt haben. Jetzt arbeitet sie mit Kindern, aber mich hat sie nicht ausgehalten.«
»Das hat sie nicht geschrieben, und Mutmaßungen bringen uns nicht weiter.«
»Stimmt. Ich will mit ihr reden.«
»Sie schreibt, dass sie nichts von dir hören möchte.«
»Wenn wir Internet hätten, wüssten wir die Nummer der Sacred Heart School in Wellington innerhalb von Sekunden.« Hannah sah Maddie vorwurfsvoll an. »Ich ruf Abi an. Die googelt sie mir.«
»Bist du sicher, dass du das machen willst?«, fragte Maddie. Sie hatte gehofft, dass Hannah die Sache auf sich beruhen lassen würde. Hannah nickte und griff zum Telefonhörer. Maddie ging kurz hinaus, um Luft zu schnappen. Wenige Minuten später kehrte sie in die Küche zurück.
»Würden Sie mich bitte mit Susan Smith verbinden?«, fragte Hannah.
Maddie schluckte.
»Das schuldet sie mir«, sagte Hannah, als sie Maddies Gesicht sah.
Hannah putzte sich die Nase. »Sie hasst mich, das weiß ich. Und du hasst mich auch.«
»Ich hasse dich nicht.«
Hannah musterte Maddie. Sonderlich gut schaute sie nicht aus.
»Hannah, wie kommst du nur auf die Idee, ich könnte dich hassen?«
Hannah blieb stumm.
»Was hat sie gesagt?«, erkundigte sich Maddie.
Hannah begann in der Küche auf und ab zu gehen. Was ihre Mutter gesagt hatte? Nicht viel. Hannah kämpfte gegen die Tränen an. »Maddie, möchtest du Kinder?«
Maddie blinzelte. »Wie bitte?«
»Du hast mich gehört.«
»Ja, ich hatte mir immer Kinder gewünscht, doch dann ist dein Vater gestorben und mit ihm dieser Traum. Aber ich habe ja dich.« Maddie lächelte.
»Susan wollte nie Kinder.«
»Hat sie das gesagt?«
Hannah nickte. »Sie behauptet, sie hätte sich so eingesperrt gefühlt, dass sie keine Luft mehr zum Atmen hatte.« Hannah biss sich auf die Lippe.
Maddie nahm ihre Hand. »Ich wollte dich.«
»Wirklich?«
»Ja.«
»Und was wäre gewesen, wenn du eigene Kinder gekriegt hättest? Dann wär ich dir nicht mehr wichtig gewesen.«
»Doch, natürlich. Ein weiteres Kind hätte unsere Gefühle für dich nicht verändert.«
Hannah sprang auf. »Jetzt sagt sich das
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