Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
Ehemann vorstellen.
»Verwitwet.«
Maddie machte große Augen. »Seit wann?« Sie betrachtete die Fische, die in dem klaren Wasser schwammen.
»Das ist Jahre her.«
»Warum hat Tristan immer noch solche Probleme mit Mark, wenn es Schnee von gestern ist?«, erkundigte sich Maddie.
»Ist alles lange her«, wiederholte Tamsin und blickte den Creek entlang zum Fluss.
»Das hast du schon gesagt.« Der auffrischende Wind wühlte das Wasser auf.
»Ja.« Tamsin stand auf.
»Raus mit der Sprache.« Maddie versperrte Tamsin den Weg, indem sie sitzen blieb.
»Kurz nach seiner Heirat mit Claire musste er wegen eines Architekturprogramms in die Staaten, und Claire ist hiergeblieben.« Tamsin verschränkte die Arme.
Maddie hob eine Augenbraue. Sie hatte es gehasst, von John getrennt zu sein. »Warum?«
»Sie wollte ihre Ausbildung zur Physiotherapeutin abschließen.«
Maddie schürzte die Lippen. »Und wieso hat Tristan sich darüber aufgeregt? Das ging ihn doch nichts an.«
»Claire war krank, aber Mark wusste das nicht.«
Maddie runzelte die Stirn. »Wieso?«
»Keine Ahnung. Sie wollte nicht, dass er es erfuhr.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich auch nicht. Jedenfalls hat er das sich und ihr nie verziehen.«
»Oje.« Maddie erhob sich. Wie sollte Mark sich das auch verzeihen? Sie selbst hatte John gepflegt und kam trotzdem nach wie vor nicht über seinen Tod hinweg. Wahrscheinlich war es noch viel schlimmer, wenn man nichts getan hatte.
»Er war lange nicht zu Hause.«
»Wie lange?«, fragte Maddie.
»Fünfzehn Jahre.«
»Lange Jahre in der Hölle.« Maddie runzelte die Stirn. »Und welche Rolle spielte Tristan in der Geschichte?«
»Er hat sie auch geliebt.«
»Okay, allmählich ergibt die Sache Sinn.«
Tamsin rief den Hund zurück. »Ich muss heim, Essen für die Männer kochen«, erklärte Tamsin.
Maddie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sie noch nicht die ganze Geschichte kannte.
Als Hannah ihren Knöchel zu belasten versuchte, durchzuckte sie ein spitzer Schmerz. Sie schleppte sich den Strand entlang, weg von der hereinkommenden Flut. Das Salz brannte in den Wunden, die ihre Handflächen bedeckten. Was sollte sie machen?
»Hallo!«, rief sie. Keine Antwort, also rief sie immer wieder, ohne Erfolg. Sie weigerte sich zu weinen, denn das war dumm und nützte nichts. Das Handy! Kein Empfang. Scheiße, Scheiße, Scheiße! Ihr Po war feucht vom Sand, das Handy funktionierte nicht, und sie war auf einem immer kleiner werdenden Stück Strand gefangen. Wieso hatte sie nicht bemerkt, dass die Flut so schnell hereinkam?
Auf Handknöcheln und Knien kroch sie zu einem Felsen unter der steilen Uferböschung und zog sich hoch. Beim Anblick der Baumwurzeln, die sich wie Finger daraus hervorwanden, bekam Hannah eine Gänsehaut. Sie löste das Kapuzenshirt von ihrer Taille und zog es an. Die rauen Felsen rund um sie herum waren mit dunklen, schwabbeligen Dingen bedeckt. Ihr verstauchter Knöchel pochte vor Schmerz. Sie löste die Schnürsenkel, doch das verstärkte das Pochen noch.
»Hilfe!« Von hier aus war ihre Stimme noch weniger zu hören. Hannah blickte auf den Fluss hinaus. Sie war allein. Tränen liefen ihr übers Gesicht. Die Felsen, über die sie zuvor geklettert war, lagen nun unter Wasser. Sie schluckte. Sollte sie hier sterben? Würde das jemandem auffallen?
»Ruhig bleiben, keine Panik«, ermahnte sie sich und zückte noch einmal das Handy. Das Display flackerte einmal kurz auf. Als sie die Hand hob, um das Telefon wegzuschleudern, merkte sie, dass es wieder aufleuchtete.
Sie hievte sich hoch und balancierte auf einem Fuß. Das Signal schien zu bleiben. Wen sollte sie anrufen? Maddie? Die hatte sie vor dem schnellen Wechsel der Gezeiten an kornischen Stränden gewarnt. Hannah lachte resigniert, denn sie hatte tatsächlich einmal zugehört. Trotzdem war sie nun hier, von der Flut eingeschlossen. Sie wählte. Hannah wagte nicht, sich zu bewegen, damit das Signal nicht wieder verschwand.
»Hannah, ich sitze im Auto; ich kann gerade nicht reden. Da ist ein Polizeiwagen. Ich ruf dich an, wenn ich daheim bin.« Maddie legte auf.
»Hilfe«, rief Hannah, doch es war schon zu spät. Sie wählte die Nummer noch einmal, aber offenbar hatte Maddie das Handy ausgeschaltet. Hannah schloss die Augen. Was sollte sie nur tun? »Verdammt, denk nach.« Sie schlug sich mit dem Handy gegen den Kopf.
Natürlich – die Notrufnummer. Die musste sie anrufen, nicht Maddie. Sie wählte, doch ihr Handy gab
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