Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
wirklich Interessantes. Keine Läden und abgesehen von ein paar Hütten auf der anderen Seite keine Gebäude. Sie schmunzelte. Die Eigentümer der Villen wären vermutlich ganz schön sauer gewesen, wenn sie gewusst hätten, dass sie ihre Luxushäuser »Hütten« nannte.
Sie setzte sich auf einen Felsen, der jetzt, bei Ebbe, im Trockenen lag. Das Fest richtete sich also nach den Gezeiten.
»Um wie viel Uhr steigt die Party? Bei Ebbe …« Sie waren verrückt, alle miteinander, und Hannah passte nicht hierher.
Hannah kletterte zur nächsten Bucht hinüber, wo es nach der hektischen Aktivität in der anderen erstaunlich friedlich war. Das Licht der Sonne erhellte etwas, das aussah wie eine kleine Höhle, und im Sand glitzerte es blau. Hannah hob das Stück Glas auf. Ins Licht gehalten, pulsierte das Blau fast. Hannah steckte es in die Tasche und bückte sich, um eine grüne Scherbe in die Hand zu nehmen. Der feuchte Sand war mit solchen Stücken übersät, die wie Edelsteine funkelten.
Ihre Taschen füllten sich rasch, doch bisher hatte sie nur eine einzige blaue Scherbe gefunden. Blau schien selten zu sein. Ob sie in der nächsten Bucht weitere entdecken würde? Hannah gefiel das Quatschen, das entstand, wenn sie auf die Algen trat. Die leuchtend grünen waren höllisch rutschig, schlimmer als Eis. Sie blieb stehen und lauschte. Aus dem Sand drangen leise Klopfgeräusche herauf. Sie bückte sich. War das das Wasser, das zum Fluss rann, oder waren es Lebewesen, die im Sand hausten? Sie konnte keine Bewegung erkennen.
Hannah kletterte die Felsen hinauf, schaute von dort aus in die nächste Bucht und balancierte über glitschige, mit Napfschnecken und kleinen Krebsen bedeckte Steine, die ihr bisher nicht aufgefallen waren. Und rutschte aus. »Scheiße.«
Ihr Knöchel war merkwürdig verdreht, und von ihren Händen tropfte Blut aus unzähligen kleinen Schnitten, die sie sich an den scharfen Kanten der Felsen zugezogen hatte.
Maddie steckte ihren Skizzenblock in den Rucksack, streckte sich und bewunderte noch einmal die Aussicht. Unter ihr teilte sich der Fluss, zwischen den beiden Armen lag ein dichter Wald. Plötzlich berührte eine feuchte Schnauze ihre Hand. Als Maddie den Blick senkte, entdeckte sie einen Spaniel. Tamsins Hund. Kurze Zeit später tauchte Tamsin auf dem Weg auf.
»Schön, dich hier zu sehen«, begrüßte Maddie sie.
Tamsin grinste.
»Hast du Daphne gekannt?« Maddie nahm ihren Rucksack und begleitete Tamsin.
»Nicht wirklich. Warum?«
»Ich würde gern mehr über sie erfahren.«
»Kann ich verstehen. Am besten, du fragst Helen Williams. Sie weiß über die meisten Dinge hier Bescheid oder kennt Leute, die etwas wissen.«
»Wunderbar. Und wo finde ich sie?«
»In Pengarrock. Sie ist die Haushälterin dort.«
»Pengarrock?«
»Ja, das große Haus ein Stück den Fluss rauf. Wo wir neulich Abend Tristan getroffen haben.«
Maddie nickte.
»Das Haus gehört ihm.«
»Du hast mir noch nicht erzählt, was mit ihm los ist.«
»Stimmt.«
Maddie lächelte. »Also, was läuft zwischen Mark und Tristan?«
»Ach, das sind olle Kamellen.«
»Jetzt weiß ich genauso viel wie zuvor.«
Tamsin lächelte.
Als der Pfad schmaler wurde und fast zum Wasser hin abfiel, gingen sie hintereinander her. »Judith und Tristan sind ein Paar?«, fragte Maddie.
»Ich glaube schon.«
»Lass mich raten: Mark hat sich an Judith rangemacht und ist dabei Tristan in die Quere gekommen.«
Tamsin wandte sich zu Maddie um. »Nein, Mark war zuerst da.«
»Warum überrascht mich das nicht? Macht er eigentlich jeder alleinstehenden Frau schöne Augen?« Was für ein unverbesserlicher Weiberheld!, dachte Maddie.
Tamsin nickte.
»Sie waren also ein Paar. Tristan kommt mir eigentlich nicht wie der rasend eifersüchtige Typ vor.« Maddies Blick schweifte über das glatte Wasser des Frenchman’s Creek, in das die Äste der Bäume hingen.
»Das weiß ich nicht mehr. Er ist gerade erst wieder zurückgekommen.«
»Erzähl.« Vielleicht, dachte Maddie, war es leichter, über das Leben anderer Leute nachzudenken, als das eigene unter die Lupe zu nehmen.
»Es ist alles lange her.«
»Was?« Maddie blieb stehen.
»Sie haben sich wegen Claire zerstritten.« Tamsin balancierte auf einem umgestürzten Baumstamm, der ins Wasser ragte, und setzte sich auf dessen Ende.
Maddie folgte ihr. »Claire wer?«
»Marks Frau.«
»Er ist verheiratet? Ach nein.« Den ständig flirtenden Mark konnte Maddie sich nun wirklich nicht als
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