Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
feiern. Tante Daphne hat einen köstlichen Kuchen für mich gebacken und sechzehn Kerzen draufgesteckt. Sie ist tiefbraun von der Gartenarbeit. P ist nach dem Essen vorbeigekommen, und wir sind zu den andern an den Strand gegangen. Er ist ungefähr dreißig Zentimeter gewachsen und sieht einfach toll aus.
Wer war P? Petroc? Maddie schloss kurz die Augen, bevor sie weiterlas.
Große Neuigkeiten in Trevenen! Jemand hat den Stall gemietet, ein Maler aus Amerika. Tante Daphne sagt, sie kann das Geld, das er ihr zahlt, gut gebrauchen. Ich habe ihn kurz gesehen. Sein Akzent gefällt mir sehr. Allerdings ist er mir noch nicht richtig vorgestellt worden.
Maddie hielt inne. Wollte sie das lesen? Was würde das Tagebuch ihr enthüllen? Wäre es besser, es nicht zu wissen? Hatte Hannah es gelesen und ihr nichts davon erzählt? Sie packte das Heft so fest, dass ihre Finger weiß wurden. Wie konnte Hannah nur so egoistisch sein?
»Was machst du in meinem Zimmer?«, hörte sie da Hannahs Stimme von der Tür her.
Maddie drehte sich um. »Wann wolltest du mir sagen, dass du das Tagebuch meiner Mutter hast?«
»Beantworte zuerst meine Frage. Das ist mein Zimmer. Du hast kein Recht, hier reinzukommen.«
»O doch. Es ist mein Haus, und ich bin für dich verantwortlich. Ich habe jedes Recht dazu.« Maddies Herz klopfte wie wild.
»Nur weil die verdammten Richter das so entschieden haben. Ich hätte in ein Heim gehen oder versuchen sollen, meine Mutter zu finden.«
»Vielleicht wäre das tatsächlich besser gewesen.« Maddie biss sich auf die Zunge. Das war nicht ihr Ernst, oder? Welche Richtung nahm dieses unerfreuliche Gespräch? Warum schaffte Hannah es, ihr ein schlechtes Gewissen zu machen, obwohl sie Nancys Tagebuch vor ihr versteckt hatte?
»Stimmt, verdammt noch mal. Verlass sofort mein Zimmer.« Hannah deutete auf die Tür.
»Erst wenn du mir erklärst, warum du mir nichts über das Tagebuch meiner Mutter erzählt hast.«
Hannahs Gesicht wurde rot. Maddie wusste nicht, was sie tun sollte. Zurückrudern war jetzt nicht mehr möglich.
»Ich …«
»Ja?« Maddie hielt den Atem an.
»Ich hab nicht in das Heft geschaut.«
»Wie bitte?« Maddie sank in einen Sessel. Stimmte das?
»Ich hab’s im Vergleich zu den anderen Sachen langweilig gefunden und deswegen nicht gelesen. Das Scheißtagebuch von deiner Mutter kannst du gern haben. Und jetzt raus aus meinem Zimmer.«
Maddie stand auf, machte einen Schritt in Richtung Tür, blieb stehen und drehte sich zu Hannah um, die aus dem Fenster blickte. Maddie hätte gern die Hand nach ihr ausgestreckt, konnte es jedoch nicht. Mit hängendem Kopf verließ sie den Raum.
In den Händen hielt sie das Tagebuch ihrer Mutter, und in ihrem Herzen trug sie das Wissen, dass Hannah sie hasste. Himmel, was für ein Chaos! So war das alles nicht gedacht gewesen. Sie hatte den Mann geheiratet, den sie liebte und der ihre Liebe erwiderte. Wieso war die Sache so schiefgegangen?
Hannah musste von der Hexe weg. Woher hätte sie wissen sollen, dass das vergammelte alte Heft das Tagebuch von Maddies Mutter war? Wenn, hätte sie es Maddie gegeben. Für wen hielt Maddie sich eigentlich? Hannah knallte die Tür zu, stapfte nach unten und verließ das Haus.
Ihre Stiefmutter war nicht glücklich. Sie war zu einer richtigen Hexe geworden. Hannah wusste nicht so recht, wieso Maddie in ihr Zimmer gegangen und wegen des Tagebuchs so ausgeflippt war. Seit dem Umzug hatte sie sich sehr verändert. Dieser Ort stellte komische Dinge mit ihr an.
Die Sonne schien auf die mit Raureif überzogene Straße. Als Hannah an Will dachte, den sie am Abend sehen würde, verbesserte sich ihre Laune schlagartig.
Der gestrige Abend war toll gewesen. Jemand hatte Will beigebracht, richtig gut zu küssen, dachte Hannah ein wenig verärgert. Aber der Kuss war der Wahnsinn gewesen. Um wieder so geküsst zu werden, würde sie gern noch mal beim Billard verlieren. Wenn sie Glück hatte, passierte das heute Abend.
Das Tor zur Auffahrt von Old Tom klemmte wegen der Kälte ein wenig. Hannah musste mit der Hüfte dagegendrücken, damit das verdammte Ding sich bewegte. Aus dem Kamin des Hauses stieg Rauch, aber in der Werkstatt brannte kein Licht. Die Küchentür war wie üblich unverschlossen, doch sie konnte Old Tom nirgends entdecken.
»Hallooo!« Sie schaltete den Wasserkessel ein. »Hallooo!« Hannah ging ins hell erleuchtete Wohnzimmer.
»Mr Martin, sind Sie da?« Hannahs Blick fiel auf ein aufgeschlagenes Buch neben
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