Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
ihr und Maddie war er erstaunlich ruhig geblieben.
»Danke, Hannah.« OT schenkte ihr ein Lächeln, das ihr sagte, dass sie in Ordnung war.
»Gern geschehen.« Als sie sich aufs Sofa setzte, wusste sie, dass die nächsten Worte aus OTs Mund lauten würden: »Bitte schenk den Tee ein.« Er folgte immer den gleichen Ritualen.
»Würdest du bitte den Tee einschenken, Hannah?«, fragte OT.
»Ja.« Sie tat das, was sie bei ihrem ersten Besuch gelernt hatte. Ihre Arbeit in der Werkstatt fehlte ihr, aber ihr war klar, dass OT fürs Erste nicht so lange stehen konnte.
Hannah reichte Mark eine Tasse und betrachtete dabei seine großen Hände, die sie daran erinnerten, wie er vergangene Nacht die Milch heiß gemacht hatte. So übel war Wills Onkel gar nicht, aber er würde nicht mit Maddie zusammenkommen, dafür musste Hannah sorgen.
»Danke, Hannah«, sagte Mark.
Hannah widerstand der Versuchung, ihm den Stinkefinger zu zeigen, und rang sich ein Lächeln ab. Dann gab sie OT eine Tasse. Er sah schon viel besser aus und hatte wieder Farbe. Um Neujahr hatte es ziemlich übel um ihn gestanden. Die Zeit im Krankenhaus hatte nicht gerade geholfen. Gott sei Dank, dachte Hannah, hatte ihr Vater kaum Zeit in Kliniken verbracht. Vor ihrem geistigen Auge sah sie ihn auf seinem Bett im Wohnzimmer liegen. Ihre Freunde hatten nicht verstanden, warum er dort, mitten im Geschehen, sein wollte, weil sie nicht mit seiner Krankheit umgehen konnten. Dass er krank war, bedeutete noch lange nicht, dass er nicht mehr am Leben teilnehmen wollte.
Warum musste sie gerade jetzt an ihren Dad denken? Die beiden Männer hier hatten keinerlei Ähnlichkeit mit ihm. Mark war vom Aussehen her sogar das genaue Gegenteil von ihm. Dad war kleiner, schmaler und heller gewesen. Und OT sah aus wie ein altmodischer englischer Gentleman.
»Hannah, würdest du bitte mal nachsehen, ob noch Kuchen da ist? Mark hätte bestimmt gern ein Stück, und ich möchte auch eins.«
Hannah schenkte OT ein Lächeln und bedachte Mark mit einem scharfen Blick, als sie in die Küche ging. Wie konnte OT Mark gegenüber nur so aufmerksam sein? Natürlich hatte Mark OT in höchster Not geholfen und Hannah vor dem Ertrinken gerettet, aber er liebte Maddie. Das hatte OT jedenfalls behauptet, und Mark hatte ihm nicht widersprochen.
Von der Küche aus konnte sie ihre Stimmen hören, jedoch nicht verstehen, was sie sagten. Hannah war schon fast wieder bei ihnen, als ihr einfiel, dass sie Teller, Servietten, ein Messer und Kuchengabeln brauchte. Manchmal ging ihr das ganze Brimborium auf die Nerven, aber weil sie OT mochte, nahm sie seine Schrullen in Kauf.
»Ah, du hast welchen gefunden. Prima. Danke. Mark, können wir dich zu einem Stück überreden?« OTs Hand verharrte über dem Kuchen, als würde er ihn segnen. Warum sorgte er dafür, dass Mark hierblieb, obwohl er wusste, dass Mark so ziemlich der letzte Mensch war, den Hannah jetzt sehen wollte? OT tat nie etwas ohne Grund, was also hatte er vor? Mark nickte lächelnd. Fast hätte Hannah sich gewünscht, ihn mögen zu können, aber das war unmöglich, solange er sich für Maddie interessierte.
20
M addie gab ihre Notizen in den Computer ein:
Lieber Peter,
mein Name ist Madeline Hollis, ich bin die Tochter von Nancy Penventon.
Sie hielt inne. Das war klar und deutlich, aber wie sollte es weitergehen?
Ich schreibe Ihnen, weil ich kürzlich ein Haus geerbt habe, Trevenen in Cornwall, und …
Und was? Erinnern Sie sich daran, mit meiner Mutter geschlafen zu haben? Nein, so funktionierte das nicht.
… gewisse Dinge ans Licht gekommen sind.
Maddies Finger verharrten über den Tasten. Das war vage genug.
Ich wollte fragen, ob Sie sich an den Sommer 1970 und Ihren Aufenthalt in Trevenen erinnern, denn ich versuche, die Teile eines Puzzles zusammenzufügen …
Eine ganz schöne Untertreibung, dachte Maddie.
… Vielleicht können Sie mir dabei helfen. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich Sie gern anrufen.
Maddie verzog das Gesicht. Es klang alles schrecklich plump. Trotzdem war dieser Versuch immer noch besser als die fünf vorangegangenen. Sie hatte es satt, weiter nachzudenken, gab ihre Kontaktdaten ein und drückte auf »Senden«, bevor sie es sich anders überlegen konnte.
Maddie nahm die Papiere aus ihrer Tasche. Sie hatte den Nachmittag in der Bibliothek von Helston mit Internetrecherchen über Hannahs Mutter zugebracht. Allzu viel hatte sie nicht herausgefunden, aber wenigstens mehr als bei ihren früheren
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