Sterne über Cornwall: Roman (German Edition)
und sie hatte sich wirklich Mühe gegeben, dem alten Gemäuer so viel zu geben, wie sie konnte. Aber die frische Wandfarbe kaschierte nur die Oberfläche und erreichte nicht die eigentlichen Bedürfnisse des Hauses. Maddie blieb im Wohnzimmer stehen.
Als Erstes wanderte ihr Blick wie immer zum Kamin. Mark hatte ihr bestätigt, dass die Schieferplatten wie Grabsteine aussahen. Maddie seufzte. Das Weinen verfolgte sie jede Nacht. Sie versuchte weiter, sich einzureden, dass das eine Katze war, doch ihr Herz sagte etwas anderes. Sie kannte das Weinen von Neugeborenen. Aber natürlich war das verrückt.
Sie sah sich in dem Raum um. Er hatte eine hohe Decke, in den Ecken bröckelte der Putz, und feuchte Flecken verunzierten die Wände. Sie wusste in etwa, wie sich der Stuck restaurieren ließ, hatte jedoch keine Zeit dazu, weil sie versuchen musste, Geld zu verdienen. Früher war sie mit ihrer Zeit sehr viel besser ausgekommen als jetzt. Sowohl ihre Kunst als auch Trevenen verdienten mehr, als sie ihnen gab.
Im Schlafzimmer schlüpfte sie aus ihrem hübschen Seidentop und in einen weichen Kaschmirpullover, der ein paar Mottenlöcher aufwies, aber mollig warm war. Dazu zog sie ihre Lieblingsjeans und dicke Socken an, bevor sie in die Küche zurücktappte.
Nachdem sie die Suppe auf den Herd gestellt hatte, nahm sie einen Laib Brot aus der Tiefkühltruhe. Sie beäugte gerade eine Flasche Wein, als sie das Knirschen von Rädern auf dem Kies der Auffahrt hörte. Durchs Fenster konnte sie des prasselnden Regens wegen keinen Wagen erkennen. Es war eine scheußliche Nacht, und sie fragte sich, wie Hannah nach Hause kommen würde.
Maddie ging zur Tür und öffnete sie. Davor stand der völlig durchnässte Mark.
»Komm schnell rein.« Maddie wich ihm aus, um nicht nass zu werden.
»Dir auch einen schönen Abend.«
»Sorry, das war unhöflich.« Sie küsste ihn zur Begrüßung auf die Wange, holte ein Handtuch aus der Küche und reichte es ihm. Er rubbelte sich die Haare trocken, die anschließend so zerzaust waren, dass sie kichern musste.
»So komisch?«, fragte er.
»Ja. Was ist passiert?«
»Ich hatte einen Platten.«
»Keine Pannenhilfe?«
»Kein Empfang, und den Reifen könnte ich auch selber wechseln.«
»Klar«, spottete Maddie.
Mark warf mit dem feuchten Handtuch nach ihr.
»Hey«, beklagte sie sich.
Er trat zu ihr. »Ich war die ganze Woche in Tresco auf den Scillys. Bei dem schlechten Wetter haben die Telefone nicht funktioniert.«
»Aha.« Maddie stützte sich an der Rückenlehne des Stuhls hinter ihr ab.
»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht«, gestand er.
»Danke.«
»Alles in Ordnung?«
»Ja, jedenfalls bin ich trockener als du.« Sie lachte.
»Dazu gehört nicht viel.« Er verzog die Mundwinkel zu einem Grinsen.
»Wie wahr. Du solltest deine nassen Sachen ausziehen und dich zum Trocknen an den Herd stellen.«
Er trat so nahe an sie heran, dass ihre Jeans nass wurden.
»Zieh dich aus«, flüsterte Maddie.
»Bist du sicher?«, fragte er, sein Mund nur wenige Zentimeter von dem ihren entfernt.
»Ja, sonst holst du dir eine Erkältung.«
»Mir ist gar nicht kalt«, sagte er.
»Mir auch nicht.« Als sie einen Schritt zurücktrat, stieß sie gegen den Tisch. »Ich hol dir meinen alten Morgenrock.«
»In dem sehe ich sicher toll aus.«
»Bestimmt.« Als Maddie in ihr Zimmer hinaufging, stellte sie sich Mark in ihrem Morgenmantel mit den rosa- und lilafarbenen Blumen vor. Sie wusste nicht, warum sie das scheußliche Ding, das sie einmal von ihrer Mutter bekommen hatte, noch nicht entsorgt hatte. Die arme Frau wäre entsetzt gewesen, wenn sie gewusst hätte, dass bald ein nackter Mann es tragen würde. Maddie kehrte in die Küche zurück, wo Mark, nur das Handtuch um die Hüften, auf sie wartete.
»Willst du mich malen?«, fragte er mit einem breiten Grinsen.
»Gar keine schlechte Idee. Würdest du mir für einen Akt Modell stehen?«
»Das tue ich doch fast schon. Aber hier drin ist es ein bisschen frisch.«
»Stimmt.« Sie ging zu ihm und hielt ihm den Morgenmantel hin. Dabei wünschte sie sich nichts sehnlicher, als seinen Körper zu berühren.
»Ich wusste gar nicht, dass du voyeuristische Neigungen hast«, stellte er fest.
»Sorry, Berufskrankheit.« Sie wandte ihm errötend den Rücken zu.
»Jetzt kannst du dich ohne Gefahr umdrehen«, verkündete er.
»War’s denn vorher gefährlich?«, fragte sie.
»Kommt drauf an.«
»Ach.« Maddie biss sich auf die Lippe.
»Deine Augen
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