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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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hinauf graubraun bepudert waren von ihrem Weg über den Innenhof. Sie schob verlegen den linken Fuß über den rechten, doch ihre schmutzigen Füße waren nicht zu verbergen vor den scharfen Augen des Vaters.
    »Es – es war nur so«, stotterte sie herum, »mit – mit Sandalen hätte ich zu viel Lärm gemacht und alle geweckt – und – und …«
    »Das meine ich nicht«, unterbrach er sie. »Wo ist dein Schmuck?«
    Salima streckte die Ärmchen vor und betrachtete die Kettchen an ihren Handgelenken, an denen winzige Anhänger gegeneinanderklimperten, betastete dann ihren Hals, um den mehrere Ketten mit Amuletten hingen: Plättchen aus Gold und Silber mit eingravierten Segenssprüchen und ein hurs , ein Wächter , ein Buch mit ausgewählten Versen des Koran im Miniaturformat, verborgen in einer Kapsel aus ziseliertem Gold mit einem eingelassenen Saphir in der Mitte. Ihre Finger wanderten weiter hinauf zu ihren Ohren und ertasteten an jedem Ohr sechs goldene Ringe, die sie trug, seit sie wenige Monate alt war. Erst als ihre Handrücken ihre Zöpfchen streifte, begriff sie: Die Goldmünzen im Haar fehlten; von all ihrem Schmuck wurden nur diese vor dem Schlafengehen abgenommen und am anderen Morgen von einer Sklavin wieder daran befestigt. Schuldbewusst sah Salima ihren Vater von unten herauf an.
    »Willst du eine Prinzessin sein oder ein Bettelmädchen? Hast du keinen Stolz?« Er klang weniger zornig denn betrübt.
    Salimas Kinn mit der Andeutung eines Grübchens sank auf ihre Brust hinab.
    »Eine Prinzessin verlässt ihr Schlafgemach nie ohne vollständiges Geschmeide. Ebenso gut könnte sie ohne Kleidung herumlaufen! Merk dir das, Salima!« Auf ein Fingerschnipsen des Sultans hin eilte ein Leibdiener herbei. »Bring Sayyida Salima zurück in ihr Gemach!«
    An der weichen Hand des Dieners verließ Salima mit hängendem Kopf die bendjle . Ihre Wangen brannten vor Scham, und sie wusste nicht, was schlimmer war: dass sie ohne die ersehnten Bonbons bleiben würde – oder dass sie den Vater enttäuscht hatte.
3
    »Ich will aber nicht fort aus Mtoni!«
    Salimas Protest verhallte ungehört. Ihre Mutter war ganz damit beschäftigt, die Sklavinnen anzuweisen, was alles herausgesucht und in Kisten verpackt werden musste: Obergewänder in leuchtenden Farben, aufwändig mit silbernen und goldenen Garnen bestickt, Beinkleider, Sandalen, Salimas Spielsachen, Geschmeide, Bücher und Silbergeschirr, an dem Djilfidan besonders hing. Seit Tagen schon drehte sich alles um den bevorstehenden Umzug, und Salimas anfängliche Begeisterung war in dem Maße abgeflaut, in dem all die Dinge, die sie Tag für Tag umgaben, in den Kisten verschwanden. Dass ihre Mutter ihr zudem keinerlei Aufmerksamkeit schenkte, ließ Salimas Verdrossenheit zu blanker Wut aufkochen.
    »Ich will nicht nach Watoro!«, brüllte sie, die Fäuste geballt und mit dem Fuß aufstampfend. »Ich will hierbleiben!«
    Djilfidan fuhr herum, die Wangen gerötet vor Konzentration und Aufbruchstimmung. »Wirst du wohl endlich still sein?!«, herrschte sie ihre Tochter mit blitzenden Augen an und fuhr fort, die im Flusswasser gewaschenen, an der Sonne getrockneten und mit der Hand glattgestrichenen Kleidungsstücke durchzusehen, die ihr die Sklavinnen nacheinander vorlegten.
    Keine Metle mehr. Kein Ralub. Nur lauter fremde Gesichter.
    Salimas Zorn ertrank in Fluten des Jammers. Ihre Augen brannten, füllten sich mit Tränen, die sie vergeblich mit den Fäusten dorthin zurückzupressen versuchte, wo sie herkamen. Erste Schluchzer entrangen sich ihr und schaukelten sich zu einem herzzerreißenden Weinen auf.
    Ihre Mutter seufzte und deutete mit einem Nicken auf den Stapel Obergewänder, damit dieser sorgsam verstaut würde, nahm dann ihre Tochter beim Ellenbogen und führte sie in eine ruhigere Ecke, wo sie sich auf einem Stuhl niederließ und das sich nur halbherzig dagegen sträubende Kind auf ihren ausladenden Schoß zog.
    »Salima«, begann sie energisch, aber doch voller Wärme, »freust du dich denn gar nicht, Majid künftig jeden Tag zu sehen anstatt nur ein- oder zweimal in der Woche?«
    »Do-hooch«, schluchzte Salima. »Aber ich – ich will – ich will trotzdem hier nicht we-heg!«
    »Schau, mein Kind, es ist doch ein großes Glück für Majid, dass unser aller Herr, der Sultan, ihn vorzeitig für mündig erklärt und ihm Beit il Watoro zu treuen Händen übergeben hat. Und wir müssen uns geehrt fühlen, dass er uns gebeten hat, dorthin überzusiedeln.« Salimas

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