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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Der Wind spielte mit dem Saum von Salimas Obergewand über den langen Beinkleidern, mit der schele , zerzauste Heinrich das Haar, bis es tatsächlich einer Löwenmähne ähnelte. Schweigsam waren sie beide heute. Ihr sonstiges Geplauder über Sansibar, über Hamburg und über Heinrichs Zeit in Aden, über ihrer beider Leben, ehe sie sich begegnet waren, war ihnen mehr und mehr unwichtig geworden. Klein und unbedeutend gegenüber der Wucht dessen, was unausgesprochen blieb. Woran keiner von beiden zu rühren wagte.
    In das Brausen des Windes, das Glucksen und Raunen der Wellen hinein lachte Heinrich unvermittelt auf. Salima löste ihren Blick vom Meer und sah ihn an.
    »Lass mich mitlachen«, forderte sie ihn auf in diesem neckenden Tonfall, der ihr bei ihm so leichtfiel, als kenntensie einander schon ihr ganzes Leben lang und nicht erst wenige Monate.
    Heinrich schüttelte mit belustigter Miene den Kopf wie über einen besonders abwegigen Gedanken. »Es ist eigentlich nicht zum Lachen – und doch …« Er lachte wieder und sah auf seinen Hut hinab, den er in den Händen drehte. »Ich dachte gerade, wie unsinnig im Grunde eure Sitte ist, den Frauen vorzuschreiben, das Gesicht mit diesen Masken zu verhüllen.«
    »Weshalb?« Salima blieb stehen, und Heinrich tat es ihr gleich, den Blick über ihre Schulter hinweg auf das Meer geheftet, bevor er sie eindringlich ansah, ein Funkeln in den Augen.
    »Wisst ihr denn nicht«, fuhr er sachte fort, »dass ein Paar schöner Augen, ein Mund mindestens ebenso verführerisch sein können wie ein gänzlich bloßes Gesicht?«
    Salima stand da wie vom Donner gerührt, ehe sie verstand und bis unter die Haarwurzeln errötete. Ihre Blicke huschten unruhig über den menschenleeren Strand, während sie einen inneren Kampf ausfocht. Dann schob sie mit beiden Händen die Maske hoch, hinauf auf ihren Scheitel. Ein kurzer Augenblick der Unsicherheit, der ihre Lider flattern machte, dann erwiderte sie standhaft Heinrichs forschenden Blick.
    Seine Augen tasteten sich über ihre Züge, zeichneten ihre Konturen nach. Einen winzigen, schrecklichen Moment lang fürchtete Salima, er könnte enttäuscht sein und ihr Äußeres vermöchte dem Bild, das über die Zeit in ihm gereift war, nicht standzuhalten. Auch wenn sie wusste, dass er den breiten Mund mit der schmalen Oberlippe bereits kannte, ebenso wie die verhangen wirkenden Augen, die am äußeren Winkel leicht abfielen, und auch die etwas zu lange Nase.
    Doch dann breitete sich auf Heinrichs Gesicht ein Lächeln aus, und er nickte. »Ja, so … ganz genau so hast du in meiner Vorstellung immer ausgesehen. So habe ich mir dein Gesichtausgemalt.« Er legte seine Hand sacht, ganz sacht auf ihren Kopf mit den festen schwarzen Stoffstreifen.
    Seine Hand glitt herab, legte sich auf ihre Wange, und Salima zerfloss unter dieser Berührung. Sie ließ es geschehen, dass er sich vorbeugte und sein Mund den ihren streifte. Salima hielt den Atem an, als die flüchtige Liebkosung in einen richtigen Kuss überging, der sie mitriss und davontrug. Heinrich schloss sie in seine Arme und presste sie an sich, und sie konnte die Wärme seines Körpers spüren.
    »Salmé«, murmelte er zwischen zwei Atemzügen, und sein Bart kitzelte auf ihrer Haut, »meine Bibi Salmé.«
    Salima ertrank in dieser Wonne, diesem vollkommenen Glück. Die Zeit stand still, und selbst die Wellen schienen sich gegenseitig wispernd zu ermahnen, die Liebenden nicht zu stören. Ein Gedanke jedoch kroch in Salimas Bewusstsein empor, lästig und nicht abzuschütteln wie eine schwarze Fliege. Und als das Begreifen einsetzte, war es, als würde jemand einen Stein auf ihren Hinterkopf niedersausen lassen.
    »Nicht«, keuchte sie, stieß Heinrich von sich und taumelte einige Schritte zurück. »Nicht! Das dürfen wir nicht!« Schwer atmend stand sie da, eine Hand auf die Lippen gepresst, und wusste selbst nicht, ob es eine Geste des Entsetzens war oder der Versuch, die Küsse sogleich wieder ungeschehen zu machen. Schließlich ließ sie die Hand wieder sinken. »Weißt du nicht, welche Strafe uns beiden für dergleichen droht?«
    Aus dem Oman hatte Salimas Vater auch den Glauben seiner Vorfahren mitgebracht. Diese bildeten einen eigenen Zweig innerhalb des Islam, von dem es hieß, er sei einer der ältesten. Die Angehörigen dieses Zweigs, die sich Ibaditen nannten nach dem Begründer der entsprechenden Rechtsschule, waren gehalten, Ungläubigen und Sündern ohne Feindseligkeit zu begegnen, aber

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