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Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne

Titel: Sterne über Sansibar - Vosseler, N: Sterne über Sansibar - Die diamantene Zisterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Geschäfte schon auf ihn warteten. Ein Rausch, der jedoch nichts Betäubendes hatte, sondern vielmehr eine gesteigerte Lebendigkeit aller Sinne, die manchmal fast schmerzhaft war. Nichts, was Salima bisher in ihrem Leben erfahren hatte, ließ sich mit dem vergleichen, was sie in diesen Nächten mit Heinrich erfuhr. Manchmal dachte sie voller Trotz, dass eine solche Seligkeit zweifellos den Tod wert sein müsse – und krallte sich im nächsten Moment umso fester an das Leben, dass es ihr noch so eine Nacht schenken sollte und noch eine, bis in alle Ewigkeit.
    Sie sah auf, als Heinrich sich auf die Seite drehte, den Kopf aufstützte und ihr mit der anderen Hand über Stirn und Wangen strich.
    Heinrich hatte nie daran geglaubt, dass es so etwas gab wie Schicksal, welches die Dinge, die einem im Leben widerfuhren, die Menschen, die einem begegneten, vorherbestimmte. Ein jeder war seines Glückes Schmied, das war die Überzeugung, die in Hamburg den Nährboden dargestellt hatte, auf dem er groß geworden war und die sein ganzes Sein durchzog. Und nun musste er erleben, wie diese Überzeugung unter der afrikanischen Sonne verblich und fadenscheinig wurde, wie sie unter den Sternen Sansibars ihr sicheres Fundament einbüßte. Was das Zusammensein mit Salima in ihm aufwühlte, in paradiesische Unordnung brachte, konnte nichts anderes sein als eine höhere Macht, die ihm ihren Willen aufzwang. Und er, er ließ es geschehen, genoss es mit jedem Atemzug.
    » Ninakupenda , Bibi Salmé«, flüsterte er.
    » Ninakupenda , Heinrich«, flüsterte sie zurück. Ein keckesLächeln stahl sich auf ihr Gesicht, und sie stupste ihn mit dem Zeigefinger vor das Schlüsselbein. »Und was heißt das in Eurer Sprache, Herr Ruete?«
    »Ich – liebe – dich« , antwortete er langsam und mit deutlicher Betonung.
    »Ichhh … lib-lieb-e …« , versuchte es Salima.
    »… dich« , ergänzte Heinrich.
    »Ichh … lie-be … dichhh« , sprach Salima ihm nach.
    »Mhm, genau«, murmelte Heinrich und küsste sie auf die Stirn. »Sogar ninakupenda sana na sana tena. – Ich liebe dich sehr und noch mal so sehr. «
    Salima versuchte sich an dem längeren Satz in der fremden Sprache, geriet ins Stottern und fing noch einmal von vorne an, unterstützt von Heinrich, bis beide in Lachen ausbrachen, das in langen Küssen endete.
    Heinrich war kein Träumer, er war jemand, der klare Vorstellungen hatte von seinem Leben. Und er hatte noch nicht ernsthaft in Erwägung gezogen, sich zu binden. Irgendwann einmal, wenn er fest im geschäftlichen Sattel saß, wollte er nach einer passenden Frau Ausschau halten, nach einer Frau, mit der es ihm denkbar erschien, den Rest seiner Tage zu verbringen, und mit der er eine Familie gründen würde. Offenbar war das Leben damit schneller bei der Hand gewesen, als er gedacht hatte.
    Seine Hände schlossen sich um ihr Gesicht, und er fuhr mit den Daumen die Konturen ihrer Wangen und Schläfen nach, die ihm so lange verborgen gewesen waren.
    »Ich will mein Leben mit dir verbringen, Bibi Salmé.«
    Salimas Atem stockte. Jeden Gedanken an die Zukunft hatte sie sich selbst verboten, auch um Heinrichs willen, und nun war er selbst es, der sie ins Auge fasste.
    Nie würde Majid dulden, dass eine seiner Schwestern sich mit einem Ungläubigen vermählte. Mit einem Fremden. Wäreer in seiner naturgegebenen Milde vielleicht auch bereit, die Glaubensregeln der Ibaditen, die er als Nachfolger des Vaters auf Sansibar weiterzutragen hatte, ihr zuliebe ein einziges Mal großzügig auszulegen oder zu missachten – die Araber Sansibars würden es nicht zulassen. Salima konnte sich vorstellen, welchen Sturm der Entrüstung eine solche Entscheidung Majids heraufbeschwören würde, unter seinen Ministern wie unter den Angehörigen der mächtigen arabischen Familien. Ein Sultan, der derartig die Auslegung des Glaubens zu beugen versuchte, wäre nicht länger Sultan. Selbst wenn Heinrich sich entschlösse, ihren Glauben anzunehmen, dadurch womöglich sein eigenes Unternehmen ruinierte, weil kein Christ mehr Geschäfte mit einem zum Islam übergetretenen Deutschen mehr machen wollte – er bliebe ein Mann von fremdem Blut. Ein Ausländer, der nicht einmal für eine in Ungnade gefallene Sayyida gut genug war.
    »Das tust du doch schon«, hauchte sie ausweichend, und bevor Heinrich zu Widerworten ansetzen konnte, bedeckte sie seine Nacktheit mit Küssen, die das Feuer neu entfachten, das schließlich in die Erfüllung aller irdischen Begehren

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