Sterne über Tauranga - Laureen, A: Sterne über Tauranga
fordern? Das wird die Constables Sloane und Reed nicht gerade erfreuen.«
»Setzen Sie sich wieder, Bessett!«, riet ihm sein Nebenmann, und als könne er die Gedanken des Grundbesitzers lesen, fügte er hinzu: »Bei einem Duell würden Sie ohnehin den Kürzeren ziehen.«
Aber Bessett hatte nicht vor, sich zu setzen. Wutschnaubend starrte er den Halbitaliener an, bevor er herumwirbelte und hinausstürmte. Die Fensterscheiben klirrten, und die alten Stiche an der Wand wackelten, als er die Tür ins Schloss warf.
Wenig später hörte man das Knallen einer Peitsche, dem das schmerzvolle Wiehern eines Pferdes folgte.
»Jetzt muss sein Gaul dafür büßen«, raunte jemand, und die Männer schüttelten missbilligend die Köpfe.
»Sie hätten das nicht zur Sprache bringen sollen, Manzoni«, tönte es aus einer Ecke.
»Warum denn nicht? Es ist doch die Wahrheit! Er will uns einreden, dass die Maori Wilde sind, aber er hält sich eines ihrer Mädchen als Mätresse. Ganz schön doppelzüngig, finden Sie nicht?«
Die Männer schwiegen betroffen, und das war genauso gut, als wenn sie ihm Recht gegeben hätten.
»Also, ich denke, wir sind uns darüber einig, dass wir die Maori in Ruhe lassen und uns wichtigeren Dingen zuwenden. Es wäre eine Verschwendung unserer Kräfte, wenn wir Mr Bessetts Vorschlag in die Tat umsetzen würden. Tauranga hat sicher andere Probleme, als Land für die Siedler zu gewinnen«, erklärte nun Rhodes.
Während einige Männer zustimmend auf die Tischplatte klopften, kam von anderen nur ein Geraune oder gar Schweigen.
Es war Manzoni bewusst, dass einige der Anwesenden Bessett aus der Hand fraßen, sich jedoch in Abwesenheit ihres Freundes nicht trauten, den Mund aufzumachen. Und da nur einer in ihrer Runde fehlte, konnte auch niemand behaupten, dass die Versammlung nicht beschlussfähig sei.
Langsam ließ er sich wieder auf seinem Stuhl nieder, bevor er dem Barmann bedeutete, dass er ihm etwas zu trinken bringen solle. Er hatte einen kleinen Sieg gegen Bessett errungen, immerhin etwas an diesem Tag.
Ricarda verging beinahe vor Hunger. Sie hoffte, dass die Wirtin etwas zu essen für sie hatte.
Molly war in der Küche zugange, doch als sie Schritte auf der Treppe hörte, lugte sie durch die Tür. »Kann ich etwas für Sie tun, Miss?«
»Ja, ich frage mich, ob Sie etwas zu essen für mich haben. Meine letzte Mahlzeit habe ich auf dem Schiff eingenommen.« Wie zur Bestätigung begann ihr Magen zu knurren.
Molly lachte. »Natürlich habe ich noch etwas für Sie. Meine Gäste sind keine Esser, die sich an bestimmte Zeiten halten. So halte ich immer etwas bereit für den Fall, dass jemand völlig ausgehungert durch die Tür stürmt. Nehmen Sie im Speiseraum Platz, ich bin gleich bei Ihnen.«
Ricarda bedankte sich und begab sich in den kleinen Raum, in dem vier Tische mit sauberen rot-weiß karierten Decken und eine Anrichte standen. An den Wänden hingen viele kleine Stickbilder.
Ricarda wählte den Tisch am Fenster, von dem aus sie einen guten Blick auf die Straße hatte. Im gegenüberliegenden Wohnhaus wies ein Schild im Fenster darauf hin, dass hier Näharbeiten ausgeführt wurden. Freilaufende Hunde streunten auf dem Grünstreifen umher, der es von dem Nachbargebäude trennte. Diese Gegend gefiel Ricarda. Sie war nicht so herrschaftlich wie ihr Zuhause und wirkte dennoch ordentlich.
»So, Miss, da wären wir«, sagte Molly, während sie ein Tablett heranschleppte, von dem ein köstlicher Duft aufstieg.
»Das ist Süßkartoffelbrei mit Hammelfleisch und einem Gemüse, das die Maori hua whenua nennen.«
Ricarda lächelte dankbar. »Die Maori sind die hiesigen Eingeborenen, nehme ich an.«
»Ja. Auf den Neuankömmling mögen sie ein wenig befremdlich wirken mit ihren tätowierten Körpern, aber sie sind ein stolzes Volk, vor dem man sich nicht fürchten muss.«
Ricarda brannte nur so darauf, diese Menschen kennenzulernen.
»Essen Sie! Dieses Mahl würde nicht mal unsere Königin Victoria verschmähen!« Damit füllte die Wirtin Ricardas Teller und wandte sich ab.
»Leisten Sie mir doch ein wenig Gesellschaft!«, bat Ricarda mit einem gewinnenden Lächeln, denn sie war zu neugierig auf ihre Umgebung. »Vorausgesetzt, ich halte Sie nicht von etwas Wichtigem ab.«
»Wenn nicht gleich eine Horde Zimmersuchender hier einfällt, unterhalte ich mich gern ein wenig mit Ihnen.« Molly nahm gegenüber von Ricarda Platz und ließ ihr einen Moment Zeit, damit sie das Essen kosten
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