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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Lagerraum. Ich musste ihr versprechen, sie zu vernichten, »wenn mir jemals etwas zustößt«, sagte sie. Ein andermal musste ich ihr versprechen, sie für immer an mich zu nehmen, als Erinnerung, und musste ein Gebet sprechen. Sie schien nicht genau zu wissen, wer das war, zu dem ich da beten sollte. Sie hatte eine Menge Zeit für Religion, für Prophezeiungen und Horoskope. Sie nahm sich das alles zu Herzen. Ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich wusste, wovon sie redete.
    > »Ich bin überflüssig«, sagte sie häufig. Und sie meinte nicht, überflüssig wie jemand, der in der Gesellschaft nicht Fuß gefasst hat. Nein, eher wie …
    > EHER WIE DATENMÜLL IN EINER DATEI.
    > Ja, genau so. Aber sie meinte das in einem größeren Maßstab. Einem kosmischen Maßstab. Wir wären alle verloren, aber eines Tages würden wir gerettet. Eines Tages würden wir alle miteinander in die Sonne auffahren.
    > »Jeder wird da sein«, versicherte sie mir ständig. »Du auch. Du bist einer von uns. Du weißt es nur noch nicht.« Und ein andermal sagte sie: »Du würdest es doch nicht verstehen.« Und dann sah sie mich so an wie beim ersten Mal, halb misstrauisch, halb trotzig, als habe sie Angst, ich könnte hinter ihr Geheimnis kommen.
    > Weiß der Himmel, wie oft sie’s mir erzählt hat.
    > »Hier bin ich nicht zu Hause«, sagte sie mehr als einmal. »Nicht auf Luna und nicht auf der Erde. Aber eines Tages fahre ich heim. Mein Schiff wird kommen.«
    > Ich sehe sie noch vor mir, wie sie da sitzt auf ihrer Bank im Lagerraum, umgeben von Flaschen mit Reinigungsmitteln, und auf ihre Karte zeigt.

    > »Das da bin ich nicht«, sagte sie. »Die Frau in diesen Schaltkreisen.« Ich wurde manchmal nicht schlau aus ihr, wenn sie sich über ihre Daten ausließ. Manchmal meinte sie die, die belegten, dass sie eine Bürgerin von Luna war, dann wieder, dass sie keine war. So glaubte sie jedenfalls.
    > Sie hatte diese Pläne. Einer war auf ein altes Kuvert gezeichnet, eines aus Papier. Ich weiß nicht, wo sie das Kuvert herhatte. Vielleicht hatte sie es selbst gezeichnet, in jungen Jahren, und wusste es nur nicht mehr. Vielleicht hatte sie es auch in einer Kiste gefunden. Es waren bloß sechs Punkte, die durch ein paar Linien verbunden waren. Fünf davon hatten Namen. Manchmal sagte sie, es wären Sterne, dann wieder waren es Städte. Keine vom Mond und meines Wissens auch sonst keine. Damals hörte ich diese Namen zum ersten und zum letzten Mal. Rella zeigte jedes Mal auf den Punkt ohne Namen und meinte dann mit feierlichem Ernst: »Das ist hier«, und sie zeigte auf den Boden, damit ich sie auch ja verstand. »Der Gefängnisplanet«, grollte sie. »Babylon. Maya.«
    > Aber auch in diesem Punkt wechselte sie ständig ihre Meinung. Manchmal war der sechste Punkt ihre Heimat, der Stern, zu dem sie heimwollte, wenn das Schiff kam.
    > Und eines Tages, da hatte sie diese andere Karte, von der ich absolut nicht weiß, wo sie die herhatte oder wo sie geblieben ist. Sie hat sie mir nur dieses eine Mal gezeigt, und als ich bei Gelegenheit wieder auf sie zu sprechen kam, schien sie sie nicht mehr zu kennen. Sie bestand aus einem völlig starren Material, war aber unglaublich dünn. Hochkant war sie überhaupt nicht zu sehen. Im Ernst. Ich habe so was nie wieder zu Gesicht bekommen.
    > Jedenfalls war sie transparent, mit kleinen schwarzen Kreisen drin, die auf einen zu- oder von einem wegspringen. Wenn man sich konzentrierte, konnte man sie alle in eine Reihe bringen, hintereinander, dreidimensional; und dann brach wieder alles
zusammen, und man sah bloß noch hüpfende Flecken. Am Kopf trug die Karte winzige Schriftzeichen aus einem fremden Alphabet. Rella hielt das Ding für eine Karte. Vielleicht war es auch nur ein optisches Spielzeug oder eins von diesen Testinstrumenten, mit denen Optiker arbeiten.
    > »Leg sie nicht hin«, warnte mich Rella. »Du wärst nicht in der Lage, sie wieder aufzunehmen.« Sie lachte. An dem Tag hatte sie richtig gute Laune.
    > Angeblich war ich der Einzige, zu dem sie Vertrauen hatte, obwohl ich sie oft mit anderen Leuten sah, ›überflüssigen‹ Leuten vermutlich. Meist mit einer Frau, einer richtigen Weißen mit dunkler Brille. Sie war etwa doppelt so alt wie ich und halb so alt wie Rella. Wenn sie zusammen waren, tat Rella immer so, als kennte sie mich nicht. Sie sah dann förmlich durch mich hindurch.
    > Rella erzählte mir auch Geschichten. Geschichten über Orte, an denen sie gewesen war. Es konnte allerdings

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