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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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strategischer Bedeutung nur für die Rasse, die diese Monstrosität zurückgelassen hatte, wurde die
Behausung als groteske Kuriosität betrachtet, als eine titanische Schnapsidee. Plenty wechselte permanent die Besitzer, vornehmlich Außenseiter oder zwielichtige Unternehmen, die sich nichts aus einer grundsätzlich unmenschlichen Umgebung machten. Manche bevorzugten Letztere sogar.
    Plenty war ein Artefakt der Frasqui. Bei ihnen hatte es aber, soweit ich das eruieren konnte, weder Plenty noch sonstwie geheißen. Plenty war, wie Tabea wusste, das Hauptrelikt dieser besiegten Rasse, deren Aufenthalt in unserem System nur von kurzer Dauer gewesen war. Die Frasqui waren den Capellanern dicht auf den vergoldeten Fersen gewesen und auf dem capellanischen Vektor ins System geschlittert, noch ehe die gigantische Tür ins Schloss fiel. Aus menschlicher Sicht waren sie damals wohl die fremdartigsten Neuankömmlinge gewesen. Sie erinnerten an turmhohe, wandernde Schilfbündel, an riesige Insekten. Sie öffneten ihre grazilen Münder und zischten.
    Manche verstanden, was sie sagten. Und die Fähigkeit der Frasqui, ganze Regionen von Zentralafrika und Teile von Südamerika in Atem zu halten, war schon bemerkenswert. Kulte wurden wiederbelebt, wilde, mitternächtliche Duelle eingeführt. Ganze Armeen desertierten und verschwanden, um als Sklaven zu arbeiten, munkelte man - zunächst auf der Venus bei dem vergeblichen Versuch, Bodenschätze zu erschließen, und später dann im Orbit, und zwar auf der monströsesten Baustelle aller Zeiten.
    Die Frasqui sind aggressive, arbeitswütige Ausbeuter. Ihre bevorzugte Population ist zu drei Vierteln männlich. Diese drei Viertel arbeiten sich zu Tode, Generation um Generation, und zwar auf Geheiß des weiblichen Viertels, das zwar gescheiter, aber nicht weniger wild ist und die männliche Mehrheit mit einer unergründlichen sozialen Mystifikation der Brunft beherrscht. Im Zentrum des Stocks sitzt eine Königin, die ihre unerbittlichen Befehle
durch ein labyrinthisches Tunnelsystem sendet. Entfernt man sie, funktioniert der Rest der Gesellschaft nicht mehr. Unter der Leitung der Königin von Plenty schwärmten die männlichen Frasqui unermüdlich über das hohe, kreiselnde Bauwerk und schienen das Baumaterial direkt aus den spärlichen Partikeln des sublunaren Raums zu kristallisieren.
    Man ging davon aus, dass die Frasqui irgendwie in das Weltbild der Capellaner passten, dass sie eine der capellanischen Vasallenrassen waren, wie die Schranten oder die Eladeldi, wenngleich sie sich unternehmungslustiger und selbständiger gaben als die meisten. Woran auch immer sie da oben bauten.
    Die fertige Station sollte in den unteren Etagen über gewaltige Dockanlagen verfügen, und die Seraph Kajsa war das erste Schiff unseres Systems, das man dort anlegen sah. Zwei Tage später, trotz zynischer Spekulationen, sah man die Seraph Kajsa wieder ablegen. Als spätmenschliche Suprematen hegten die Seraphim offenbar gewisse Sympathien für diese autokratischen Fremdlinge. Kurz darauf tauchten auf der Erde immer mehr menschliche Wortführer auf, sowohl im Fernsehen wie leibhaftig, die die Errungenschaften beschrieben, die die Frasqui dem System beschert hatten, wobei sie besonders den technischen Fortschritten in der Kryonik Raum gaben.
    Manch einer stutzte wegen des missionarischen Untertons dieser Kampagne, andere, weil sie jedwede Respektsbekundung gegenüber Capella vermissten. Capella wurde mit keinem Wort erwähnt. War das Absicht? Lag darin eine Aufforderung für die Erde? Wie souverän war man denn noch? Dann sichtete man die ersten menschlichen Fahrzeuge, die dem Beispiel der Seraph Kajsa folgten. Von da an waren sie nicht mehr aufzuhalten. Von Schweizer Kliniken und privaten Sanatorien strömten sie herbei, um sich einfrieren zu lassen. Die Vertreter von Nationen und Organisationen,
die bislang behutsame Zurückhaltung geübt hatten, überschütteten jetzt ihre Herde mit wahren Tiraden über freundschaftliche Beziehungen zu beiderseitigem Nutzen. Von den Frasqui, so hoffte man, würde die Führungsriege in das doppelte Geheimnis sozialer Gruppendynamik und individueller Unsterblichkeit eingeweiht: zwei wertvolle Hilfen für eine friedliche und effektive Administration.
    Warum sich überhaupt jemand vordrängt, um irgendwen zu regieren, ist mir nach wie vor schleierhaft. Regieren scheint mir eine aufreibende und undankbare Aufgabe zu sein. Sich um unbelebte Objekte zu kümmern ist schon schwer

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