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Sternendieb - Roman

Titel: Sternendieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sein. Drunter, drüber und herum, drunter, drüber und herum. Hindurch …
    Tabea blinzelte.
    Sie schaltete die Bordsprechanlage ein. »Wir springen«, gab sie bekannt.
    »Darf ich zusehen?«
    Es war Mogul, der gefragt hatte. Er schwebte da, wo eben noch Marco gewesen war. Marco hatte das Cockpit verlassen. Auf einem anderen Monitor war gerade noch zu sehen, wie er in seiner Kabine verschwand.
    »Da gibt es nicht viel zu sehen«, sagte sie.
    Sie sah in sein Gesicht hinauf. Mogul hatte sein Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. In seinen fleischigen Ohrläppchen glänzten winzige Lapislazuli. Seine Haut war weiß wie Porzellan, die hohe, runde Stirn blass und glatt. Die Nase war lang und vollkommen gerade, die Lippen waren schmal und exakt ausgezogen. Die Lider saßen wie kleine Kapuzen auf den Augen. In den Augenwinkeln zeichneten sich zarte Krähenfüßchen ab. Es war unmöglich zu sagen, welche Farbe seine Augen hatten.
    »Hier ist nur Platz für einen«, fügte sie hinzu und wandte sich wieder den Kontrollen zu. Das Patrouillenschiff war, nach der gedrungenen und gehörnten Silhouette zu urteilen, ein gewöhnlicher Steilschwanz, der sie in Minutenschnelle einholen konnte, falls ihnen die Puste ausging.

    »Ich bin ja bloß einer«, sagte er. »Jedenfalls im Moment.«
    Er lag über ihr in der Luft, jeder Zentimeter der schlanken Artistenfigur entspannt, und wartete höflich auf ihr Einverständnis. Er hing da, völlig regungslos, dabei ging es um Kopf und Kragen. So wie er jetzt das Haar trug, erinnerte er sie an jemanden: diese geschmeidige Eleganz, die katzengleiche Anmut. Ja, an Tricarico, fiel ihr ein.
    Anzeige um Anzeige erblindete. Grün, grün, grün. Tabea deutete auf das Copilotennetz. »Flott«, sagte sie.
    Sie drosselte die Plasmatriebwerke so weit, dass sie nur noch korrigierenden Einfluss hatten. Sie waren nur noch ein Flimmern im Bass.
    Der Bass, das war der capellanische Antrieb, ein dunkles, tiefes Wummern.
    Noch während Mogul Zodiak mit unüberbietbarer Fingerfertigkeit sein Netz zuknöpfte, schwoll das Wummern an.
    Der capellanische Antrieb vergleichbarer Schiffe von heute unterscheidet sich kaum von dem der guten alten Alice Liddell . So konstruiert, dass die meisten seiner Komponenten auf einer vierten Achse liegen, sieht das Aggregat aus dem Blickwinkel der ersten drei Achsen immer reichlich seltsam aus. Vielleicht waren damals die Flansche massiver und die Wirbel klobiger; mag sein, dass die Verdrahtung etwas verschlungener war und ein paar ulkige Redundanzen enthielt. Aber wenn sein Wummern anschwillt, wenn er erblüht und seine rötliche Aura bekommt, ist ein capellanischer Antrieb wie jeder andere. Nicht, dass man zusehen könnte, wie er erblüht und seine Aura bekommt. Vor dem höllischen Schneesturm an harter elektromagnetischer Strahlung, den er in diesem Stadium entfesselt, mussten Tabea, ihre Passagiere und alle anderen Innereien des Schiffes durch einen dreifachen Sandwichpanzer aus Molybdän und Absorptionsschäumen geschützt werden.

    Während sich der Antrieb der Alice Liddell mit seiner Aura umgab, begann er zu pulsieren. Während er pulsierte, begann er die Moleküle von Alice vor gewissen Aspekten ihrer atomaren Strukur zu warnen, die unter normalen Umständen völlig gefahrlos waren. Das Cockpit schien sich mit einem merkwürdigen, substanzlosen Nebel zu füllen, derweil sich sein Raum zu verwerfen und zu verbiegen begann, sodass die Dinge darin immer unkenntlicher wurden. Die Sterne sahen bereits ziemlich merkwürdig aus. Das Schiff gierte hierhin und dorthin, als sträube es sich gegen die zerbrechende Normalität. Die Verfolger riefen, doch außer dünnen, hohen Tönen war nichts zu hören. Es war, als versuchte eine Schar höherdimensionaler Sylphen, die Gejagten mit ihren Flöten zu bestricken.
    »Wer war Alice Liddell überhaupt?«, wollte Mogul wissen. Seine Stimme kroch wie Sirup durch die Luft.
    »Ein Mädchen«, sagte Tabea fahrig. »In einer Geschichte. Ein kleines Mädchen.«
    »Wurde sie niemals erwachsen?«
    Tabea war verwirrt. Die Zeit schlotterte, wickelte sich um sich selbst. »Das ist eine andere Geschichte«, meinte sie. Alles pulsierte, fädelte sich eifrig in die neue Lateralfrequenz. Das Licht im Cockpit wurde ausgesprochen wurmartig. Es schlängelte und ringelte sich. Tabea war auf der Oktoberkrähe , mitten in der feuchtfröhlich schreienden und plappernden Menge. »Die handelt von einem kleinen Jungen«, schrie sie über den Lärm hinweg, kaum dass

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