Sternenfall: Roman (German Edition)
versorgten einen nicht nur mit Trinkwasser, sondern befeuchteten auch die Luft im Anzug. Die Meldungen wurden von kratzenden, heiseren Stimmen gemacht, die in der supertrockenen Luft, die sie einatmeten, bereits gelitten hatten. Die Lage wurde allmählich hoffnungslos.
Nach weiteren fünf Kilometern waren sie in Sichtweite der Türme der Einschienenbahn. Die Gruppe hatte den Punkt erreicht, wo jeder, der sich noch aufrecht hielt, einen 3usammengebrochenen hinter sich herzog. Ein junger Astronom zog zwei. Thorpe bemerkte, dass Amber ebenfalls unsicher auf den Beinen zu werden begann. Selbst ihr leistungsfähigerer Anzug vermochte die Auswirkungen von drei Tagen unaufhörlicher Anstrengung nicht zu mildern.
»Wir müssen anhalten«, sagte er zu ihr.
»Wir können nicht. Wir sind schon fast da.«
Er schüttelte den Kopf. »Bei diesem Tempo schaffen wir es nie. Wir stellen das Zelt auf und blasen es mit unseren letzten Luftreserven auf. Diese Leute müssen in den Schatten, oder sie verschmoren bei lebendigem Leib!«
»Also gut«, sagte Amber. »Wir bauen das Zelt auf und bringen die schlimmsten Fälle in den Schatten. Du gehst vor und siehst, ob du Hilfe holen kannst. Zumindest kannst du ein paar von Verns Leihanzügen mit zurückbringen. Sie sind alt und schmutzig, aber sie haben bessere Klimaaggregate als diese hier.«
Thorpe grinste im Innern seines Helms. »Da hätte ich selbst draufkommen müssen. Ich werde wohl allmählich müde.«
»Wir sind alle müde«, erwiderte Amber. »Wen willst du mitnehmen?«
»Niemanden. Wenn sie ohnmächtig werden, machen sie mich nur langsamer. Alleine schaffe ich’s schneller.«
»Nimm wenigstens einen Wagen und eine der Sauerstoffflaschen mit, für den Fall, dass es bei dir eng wird.«
»Ohne komme ich doppelt so schnell voran. Bis später.«
Er wünschte, er hätte ihr einen Kuss geben können, begnügte sich stattdessen aber mit einer zärtlichen Umarmung. Dann wandte er sich ab und machte sich auf den Weg zum Turm der Einschienenbahn. Er bewegte sich mit raumgreifenden Sprüngen vorwärts, sich der Gefahr des Stürzens bewusst, doch viel zu sehr in Angst, dass es zu spät sein könnte, wenn er sein Tempo verlangsamte.
Einmal, auf der Highschool, hatte er an einem Marathon teilgenommen. Er hatte dabei gemeint zu sterben. Die gegenwärtigen Strapazen riefen ihm dieses frühere Erlebnis ins Gedächtnis zurück. Während er über das lunare Ödland vorwärtssprang, begannen seine Muskeln von Ermüdungsgiften zu schmerzen, und er schnappte keuchend nach Luft. Der Herzschlag pochte donnernd in seinen Schläfen. Die Luft, die der Anzug auf seinen Nacken blies, erschien ihm nicht länger als kühl. Während er weitertrabte, begann die Temperatur in seinem Anzug anzusteigen. Er sehnte sich nach dem tiefen Frost der Eisebenen Donnerschlags zurück.
Noch einen Kilometer vom Ziel entfernt, entdeckte er im Augenwinkel einen schwachen Lichtschimmer. Als er in diese Richtung blickte, sah er die zwölf Kabinen der Einschienenbahn lautlos die gegenüberliegende Böschung der Senke hinunterfahren. Die Kette der Bierdosen verlangsamte und fuhr in die Station ein. Er wartete nicht länger, um mehr zu beobachten, sondern verdoppelte seine Anstrengungen und stürmte mit Riesensätzen über die felsige Landschaft. Sein Kopf wurde mit jeder Minute, die verstrich, leichter, und ihm wurde klar, dass seine Kräfte nicht mehr lange reichen würden.
Endlich gelangte Thorpe auf die Kuppe einer kleinen Erhebung und sah hundert Meter vor sich die Bahn auf ihrer einzigen dünnen Schiene liegen. Er konnte das flexible Druckrohr erkennen, das an der vorderen Luftschleuse der Bahn befestigt war, und eine Anzahl von Gestalten in Raumanzügen, die davor herumliefen.
Er rief einmal, dann fühlte er seine Beine unter sich nachgeben. Den Aufprall spürte er nicht, als er zu Boden stürzte. Stattdessen nahm er als Nächstes wahr, dass sich jemand über ihn beugte und durch sein Visier spähte.
»Mr. Thorpe, nicht wahr?«, fragte Vern Hadley, der Eigentümer der kleinen Siedlung.
Thorpe nickte.
»Wo sind die anderen?«
»Fünf Kilometer weiter draußen. Sie mussten vor der Hitze Zuflucht suchen. Ich bin gekommen, um bessere Anzüge für sie zu holen.«
Hadleys Antwort war unerwartet. Er lachte.
Das Dröhnen in Thorpes Kopf wollte nicht aufhören. »Was ist denn so lustig?«
»Tut mir leid«, antwortete der raubeinige Unternehmer aus dem Niemandsland. »Ich hätte es Ihnen früher sagen sollen. Die
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