Sternenfaust - 012 - Space-Surfer
Raum.
»Ich glaube es erst, wenn ich es sehe«, knurrte Michael Tong skeptisch. »Wie kann man sich freiwillig länger als unbedingt notwendig außerhalb der Schiffshülle aufhalten?«
»Bedenken Sie, I.O.«, sagte Frost, »Cannlan hat das mehr als einmal gemacht. Er kennt sich dort aus.«
»Aber dann weiß er auch, dass dieser Aufenthalt irgendwo bei den Aggregaten seinen sicheren Tod bedeutet«, warf John Santos ein. »Sobald die Bergstrom-Aggregate eingeschaltet werden und die STERNENFAUST auf Überlicht geht, ist es aus mit ihm …«
»Keine Frage, dass ihm das bewusst ist, Lieutenant«, erwiderte Dana, »aber er wusste nichts von unserem Befehl, der uns zwang, so plötzlich aufzubrechen.«
»Aber die Luftvorräte normaler Raumanzüge reichen je nach Ausstattung für höchstens 48 Stunden«, überlegte Michael Tong laut, »von Nahrung, Hygiene und so weiter ganz zu schweigen …«
»Warten wir’s ab«, entgegnete Frost trocken.
Vor ihren Augen lief auf dem großen Bildschirm ein Stummfilm, aufgenommen aus den Blickwinkeln von drei Kameras ab. Inzwischen hatten die Marines die beiden gewaltigen mehrfamilienhausgroßen Aggregate erreicht.
Einer der Marines winkte. Die beiden anderen rannten in seine Richtung. Unmittelbar an der Außenhaut der STERNENFAUST zwischen zwei gewaltigen, stahlverkleideten Trägern ermöglichten die Restlichtverstärker die Sicht auf eine offen stehende Wartungsklappe, in die sie nun hineinleuchteten.
»Sie hatten Recht, Captain«, sagte Olafsson. »Das da«, er zeigte auf den Bildschirm, »sind Ersatzbehälter für komprimierten Sauerstoff. Und in den Metallkisten befinden sich wahrscheinlich jede Menge Vorräte.«
»Aber der Vogel ist ausgeflogen«, kommentierte Tatjana Wendrowicz knapp.
»Ortung, überprüfen Sie, ob er wieder zurück ins Schiff geklettert ist«, befahl Frost.
»Captain …«, kam die zögerliche Antwort.
»Was gibt’s, Fähnrich?«
»Ich glaube, ich habe ihn bereits«, sagte Susan Jamil, die kommissarisch David Steins Posten übernommen hat.
»Was? Wo?«
»Entfernung 850 Meter, rasch zunehmend. Da, sehen Sie!«
Auf dem Ortungsschirm war ein winziger Lichtpunkt zu erkennen, der schnell kleiner wurde.
»Das gibt es doch nicht!«, schimpfte Tatjana Wendrowicz. »Er sucht lieber den sicheren Tod, als sich festnehmen zu lassen.«
»So leicht kommst du mir nicht davon«, explodierte Olafsson wütend und hieb mit der Faust auf sein Funkgerät. »Funksperre aufgehoben!«, bellte er ins Mikrophon. »Harris, DiMarco, die Ortung überspielt euch die Koordinaten. Steckel, Sie bleiben auf dem Schiff zur Sicherung. Los, hinterher. Schnappt euch den Kerl!«
»Lieutenant Santos, Beschleunigungs-Stopp!«, ordnete Frost gleichzeitig an.
Steckels Kamera übertrug, wie die Anzugaggregate von Harris und DiMarco aufflammten, um die beiden Marines dem im All treibenden Punkt näher zu bringen. Deren Helmkameras zeigten bange Momente lang nichts anderes als das schwache Funkeln ferner Sterne und ansonsten die Schwärze des Alls.
Doch schnell fokussierten sie sich auf einen Punkt, der heller als die anderen strahlte. Auch die Sonne in ihrem Rücken war nur noch ein Stern unter vielen, vielleicht noch eine Spur lichtstärker. Der fixierte Punkt wurde größer und gewann die Konturen eines Menschen in einem Raumanzug. Die Arme vom Körper gestreckt, die Beine leicht gespreizt, drehte sich Cannlan wie in Zeitlupe um die eigene Achse.
»Wie weit ist er jetzt entfernt, Ortung?«, fragte Dana.
»Gut und gerne fünf Kilometer, Captain«, antwortete Jamil.
»Gut gemacht, Fähnrich«, sagte Dana.
Sie alle wussten, nur wenige Minuten später, wäre ein so verhältnismäßig kleines Objekt wie ein Mensch von der Ortung des Schiffes nicht mehr erfasst worden. Und sie hätten weitergesucht und weitergesucht, ohne Ergebnis, bis sie alle unzufrieden und frustriert aufgegeben hätten.
Mittlerweile hatten sich Harris und DiMarco der Gestalt so weit angenähert, dass ihr Bild wie herangezoomt immer größer wurde.
Kontakt!
Harris packte zu und zog den Raumanzug mühelos zu sich heran. Cannlan hatte sich widerstandslos einfangen lassen.
»Ist er tot?«, fragte Olafsson.
Auf dem Schirm erschien die spiegelnde Oberfläche des Helmglases. Darunter war verschwommen ein verzerrtes Gesicht erkennbar, das keinerlei Regung zeigte.
»Anzugfunktionen laufen normal, Sergeant«, ertönte DiMarcos Stimme aus dem Lautsprecher. »Ich überprüfe die medizinischen Daten.« Kurz darauf meldete
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