Sternenfaust - 021 - Mars-Parasiten
entlang.
Es dauerte eine Weile, bis das transparente, wurmartige Wesen schließlich die Höhe des Nabels erreicht hatte und dort zum ersten Mal innehielt. Die kopfartige Vorderseite – die zwar über eine maulartige Öffnung, aber nicht über Augen verfügte – wandte sich kurz zu beiden Seiten, so als gelte es die Umgebung zu erkunden. Mochte der Teufel wissen, welche Sinne dieser Kreatur dabei zur Orientierung dienten.
Stein wollte schreien, aber nicht ein einziger Ton kam ihm über die Lippen, so gerne er Tong auch gewarnt hätte. Es war unmöglich. Der Parasit auf Tongs Bauch setzte seinen Weg fort. Er ereichte den Rippenbogen, das Brustbein und schließlich den Hals. Dort drang er ein. Nicht die geringste Verwundung entstand dabei. Er schien feste Materie einfach durchdringen zu können, ohne dass sie einen nennenswerten Widerstand für ihn darstellte.
Nachdem der zweite Parasit, der Steins Körper entschlüpft war, einfach in Richtung Bettkante kroch, um sich von dort aus auf den Boden fallen zu lassen, richtete sich der Lieutenant auf. Die Schmerzen hatten deutlich nachgelassen und waren innerhalb weniger Augenblicke wie weggeblasen. Er schaute über die Bettkante, sah noch wie der eine Parasit endgültig in Tongs Hals verschwand und anschließend ein Ruck durch den Körper des Ersten Offiziers ging.
David Steins Mund stand offen. Einerseits vor Entsetzen, andererseits, weil er einen weiteren Versuch unternommen hatte, Tong noch zu warnen. Wie bei sämtlichen Mitteilungsversuchen zuvor war er jedoch gescheitert.
Der zweite Parasit kroch über den Boden, erreichte schließlich die Wand – und kroch einfach hinein, ohne auch nur langsamer zu werden.
Einen Augenblick später war das Wesen verschwunden.
Stein schloss seinen Mund und schluckte.
*
Es war der gleiche Gleiter vom Typ Madison Sirene-999, dessen Aufgabe es war, Frost und ihr Team in die Marswüste zu bringen.
»Erwarten Sie nicht, dass dies eine leichte Spazierfahrt wird!«, meinte Survival Instructor Kaboli. »Sie haben Glück, die Wettervorhersage ist günstig. Die Wahrscheinlichkeit für einen Staubsturm liegt in den nächsten vierundzwanzig Stunden nur bei dreißig Prozent. Das erleichtert schon mal vieles. Zum Beispiel können wir damit rechnen, dass unsere technischen Geräte einigermaßen störungsfrei funktionieren.« Kaboli macht eine rhetorische Pause.
Worauf er anspielte war der Umstand, dass Marsstaub wesentlich feiner war als der Sand irdischer Wüsten. Die Körner waren so fein, dass es so gut wie keine Abdichtung gab, die diesen Partikeln letztlich standhalten konnte. Sie drangen in alles ein, technische Systeme eingeschlossen und legen sie letztlich lahm. Dana hatte bei ihrem ersten Survival-Kurs auf dem Mars schon einmal einen Staubsturm mitgemacht.
Damals betrug die Wahrscheinlichkeit ebenfalls nur etwas mehr als vierzig Prozent , erinnerte sie sich.
Sie wusste daher, dass man diesen Vorhersagedaten nicht unbedingt trauen konnte. Das Marswetter war weitgehend unberechenbar, was einfach damit zu tun hatte, dass es nicht genug Messdaten von der Oberfläche gab. Seit sich die Menschen immer tiefer in den Mars hineingruben, war es für sie immer unwichtiger, ob Wettervorhersagen auch eintrafen. Ein hinreichend dichtes Netz zur Erfassung der meteorologischen Grunddaten existierte daher nicht, sodass es immer wieder zu krassen Berechnungsfehlern kam. Die Marsmeteorologie entsprach in ihrer Zuverlässigkeit immer noch dem Stand des frühen 21. Jahrhunderts auf der Erde.
»Bei den von Ihnen durchgeführten Simulationen haben Sie Fehler gemacht, die dazu führten, dass letztlich niemand aus ihrem Team überleben konnte«, erklärte Kaboli weiter. »Ich werde Sie auch hier nicht daran hindern, Fehler zu machen, vergessen Sie das nicht! Vielleicht werde ich mir anschließend alle Mühe geben, Ihre Leben zu retten, aber nicht viel mehr. Ihre Fehler werden Sie selbst ausbaden müssen!«
Keines der Teammitglieder hielt es für ratsam, jetzt irgendetwas zu sagen.
Diesen Mann muss man wohl hinnehmen wie schlechtes Wetter! , ging es Dana Frost durch den Kopf.
Die Mitglieder der Gruppe trugen bereits während des Fluges Druckanzüge. Lediglich die Helme hatten sie noch nicht aufgesetzt.
Am Vorabend hatte es ein kurzes Bewegungstraining in den Anzügen gegeben, die unter der geringen Marsschwerkraft überraschend leicht zu bedienen waren.
Bruder William hatte sich für den Flug neben Stein gesetzt.
Im Gegensatz zu seiner
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