Sternenfaust - 030 - Die letzte Chance (2 of 2)
gemerkt, wie sie in Jennings Gegenwart fast so etwas wie Haltung angenommen hatte. Sie fühlte sich ein paar Jahre zurückversetzt, in jene Zeit, als sie noch Krankenschwester gewesen war und die medizinischen Anweisungen ihres Vorgesetzten Lieutenant Jennings entgegengenommen hatte.
Aber diese Zeiten waren vorbei.
Du musst dich davon freimachen! , überlegte sie. Ein für allemal, das ist nicht gegen Jennings gerichtet – aber wahrscheinlich empfinden fast alle Menschen derartige Fesseln gegenüber Menschen, die mal ihre Vorgesetzten oder Mentoren gewesen sind!
»Was würden Sie davon halten, in der Forschung zu arbeiten, Dr. Gardikov?«, ließ Jennings jetzt die Katze aus dem Sack.
»Ehrlich gesagt, habe ich noch nie näher darüber nachgedacht«, bekannte die Bordärztin der STERNENFAUST. »Meine gegenwärtige Tätigkeit erfüllt mich sehr. Ich bin zwar mit Leib und Seele Ärztin – aber auch Raumfahrerin.«
Jennings machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenn es Ihnen um die Erforschung ferner Welten geht, dann sollten Sie die Frau eines Christophorer-Mönchs werden oder auf einer privaten Forschungsmission anheuern. Aber auf einem Kriegsschiff wie der STERNENFAUST sind Sie da denkbar schlecht aufgehoben.«
»Wie auch immer, bislang sah ich keinen Grund, mich zu beklagen.«
»An der Sedna-Akademie wird ein Assistenz-Posten im Fachbereich Exomedizin frei. Und ich bin nicht ganz ohne Einfluss an der Akademie. Jemanden mit Ihrer Zielstrebigkeit könnte ich mir sehr gut in unserem Forschungsteam vorstellen.«
»Danke, Dr. Jennings.«
»Sie brauchen sich nicht gleich zu entscheiden, Dr. Gardikov. Schlafen Sie ein paar Mal über die Sache und überlegen Sie gut, ob Sie so ein Angebot wirklich ausschlagen wollen. Sie wissen ja – wenn man irgendwann einmal laut und deutlich nein gesagt hat, wird man später für einen vergleichbaren Posten in der Regel nie wieder ins Gespräch gebracht!«
»Um ehrlich zu sein, habe ich meine Karriere eigentlich nie unter strategischen Gesichtspunkten angelegt, sondern immer getan, was mir sinnvoll erschien. Aber Ihr Angebot ehrt mich natürlich und je länger ich darüber nachdenke, desto reizvoller kann ich mir das vorstellen.«
»Ich denke es reicht, wenn Sie sich bis zum Ende dieser Mission entschieden haben, Dr. Gardikov«, erklärte Jennings. »Wenn Sie wirklich auf die Sedna-Akademie wollen, dann müssen Sie es aus vollem Herzen tun, sonst hat es keinen Sinn.«
»Natürlich. Ich werde über Ihren Vorschlag nachdenken«, versprach Gardikov.
»Es ist eine einmalige Chance, glauben Sie mir!«
Gardikov nickte knapp. »Ja, das weiß ich. Die Far Horizon Akademie ist auf einigen Gebieten führend innerhalb der Solaren Welten.«
*
Rechtzeitig bevor die STERNENFAUST die Porta des Wurmlochs passierte, kehrte Dana Frost auf die Brücke zurück.
Der Ruderoffizier Lieutenant John Santos hatte bereits vor zwei Stunden die Steuerkonsole übernommen. Einige kleinere Kurskorrekturen auf der letzten Etappe waren notwendig. Mit einer Geschwindigkeit von 0,098 LG strebten die STERNENFAUST und NEPTUN auf parallel verlaufenden Routen dem Wurmloch entgegen. Die Lichterscheinungen, die die Porta umwaberten, füllten jetzt die gesamte Bildfläche des Panoramaschirms. Nur vereinzelt waren jetzt noch die Sterne im Hintergrund zu sehen.
Im oberen rechten Bildrand wurde eine Anzeige eingeblendet, auf der zu sehen war, wann mit der Passage durch die Porta zu rechnen war.
»Wie ist das fünfdimensionale Strahlungsniveau?«, wandte sich van Deyk an Lieutenant Stein.
»Liegt stabil auf einem niedrigen Level«, gab der Ortungsoffizier zurück. »Keinerlei Anzeichen für einen bevorstehenden Outburst.«
»Porta-Durchmesser?«
»Derzeit 12.554 Kilometer. Das liegt im optimalen Bereich.«
Van Deyk wandte sich an Dana, die inzwischen in ihrem Kommandantensessel Platz genommen hatte. »Es läuft alles einwandfrei, Captain.«
»Das freut mich zu hören, I.O.«
Der Augenblick des eigentlichen Eintritts rückte immer näher. Die letzten Minuten herrschte, abgesehen von der Abfrage einiger aktualisierter Systemdaten durch den Ersten Offizier, vollkommene Stille.
Der Countdown zum Beginn der Passage lief.
Und eine Picosekunde, nachdem die STERNENFAUST und die NEPTUN die Porta überschritten hatten, war es auch schon vorbei. Die Passage verlief in einem für menschliche Begriffe nicht vorstellbar winzigen Zeitrahmen.
Von Nullzeit zu sprechen war da keineswegs übertrieben, wenn auch
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