Sternenfaust - 049 - Der Virus
gut es ihm möglich war, sah Valborn sich um. Er war allein. Jetzt musste er handeln. Er musste die Leichtfertigkeit dieser Wesen bestrafen, die ihn so unbeaufsichtigt ließen. Sie mussten sich ihrer Sache verdammt sicher sein.
Als er den Versuch startete, sich von der Liege zu erheben, erlebte er eine böse Überraschung. Jede auch noch so kleine Bewegung löste unerträgliche Schmerzen aus. Am liebsten hätte er den Verband abgerissen, sich den Parasit aus dem Leib gerissen. Das hätte sicher seinen raschen Tod bedeutet. Doch mit dem Sterben wollte er noch ein wenig warten, hatte Arian beschlossen. Er hatte noch eine Aufgabe. Doch wie sollte er die angehen, wenn er sich vor Schmerzen nicht rühren konnte?
Mühsam schaffte er es in eine sitzende Stellung. In den Kachelwänden des OP-Raumes konnte man sich wie in einem Spiegel betrachten. Valborn war geschockt, als er sich selbst sah. Er war nackt, seine schüttere Haarpracht stand wild und ungebändigt weit von seinem Kopf ab. Die Farbe seines Gesichts war nur mit aschgrau zu benennen. Er sah wie eine lebende Leiche aus.
Der Digger sah sich hektisch um. Zumindest hatten diese Schmarotzer den Eingriff im Krankenhaus der Siedlung vorgenommen, was wohl logisch war, denn sie wollten schließlich einen funktionierenden, also gesunden Körper.
Arian wusste, dass es für ihn nun nur noch eine Möglichkeit gab – er musste seinen Körper betrügen, ihn mit aufputschenden Drogen voll pumpen, denn sonst würde er es nicht einmal schaffen, aus dem Krankenbereich zu entkommen.
Voller Entsetzen sah er, wie sich unter dem Verband etwas bewegte. Ekel schüttelte ihn. Er musste das ignorieren. Mit all seiner Kraft robbte er auf allen vieren zu den Glasvitrinen, die an der Längswand standen. Viel verstand er nicht von Medizin – darum hatte sich seine Frau auf dem Claim immer gekümmert –, doch die purpurrot gekennzeichneten Ampullen dort, die erkannte er sofort. Den Namen der synthetischen Droge hatte er vergessen, er erinnerte sich aber nur zu genau an die Gelegenheiten, in denen er sie anderen verabreicht hatte. Natürlich war das nicht legal gewesen, doch wenn sich ein Arbeiter auf dem Claim schwer verletzt hatte, dann musste etwas geschehen, damit der arme Teufel nicht vor Schmerzen verreckte, ehe Hilfe kam.
Valborn kannte die Wirkung von dem Zeug. Für gut zwei Stunden konnte man damit Tote aufwecken! Danach jedoch …
Der Schlüssel steckte. Valborn konnte es nicht fassen. Solche Dinge waren normalerweise unter schärfstem Verschluss, doch hier war nichts mehr normal. Absolut gar nichts mehr. Hektisch brach der Digger die Ampullenschachtel auf. Eine Druckspritze lag direkt daneben. Als das Medikament in seine Venen schoss, spürte er beinahe im gleichen Augenblick die einsetzende Wirkung. Wenige Sekunden später war er in der Lage, auf eigenen Beinen zu stehen.
Über einem Sichtschutz hing seine Kleidung. Doch ehe er sie erreichen konnte, hörte er die Schritte draußen vom Flur kommen. Jaspert! Als sich die Tür öffnete, lag Valborn wieder auf der Liege. Er spürte pure Energie durch seinen Körper jagen. Das Dreckszeug bewirkte tatsächlich kleine Wunder.
»Die Karte – ein Stift. Hilf deinen Artgenossen, zeichne die Punkte so exakt wie nur möglich ein. Ich werde …«
Weiter kam der Jaspert-Parasit nicht, denn er hatte sich unvorsichtig weit über den alten Digger gebeugt. Der reagierte wie ein junger und durchtrainierter Mann. Blitzschnell hatte er den Verwalter bei den Aufschlägen des Overall gefasst, zog ihn zu sich heran, während sein rechtes Knie hart und ohne Gnade zutrat. Die Stelle war gut ausgewählt – Jaspert fiel in sich zusammen, wie ein nasser Sack.
Aber in dem Mann steckte mehr als genug Widerstandskraft. Als er sich wieder hochrappeln wollte, war Valborn jedoch um einiges schneller als er. Im ganzen Raum gab es nur eine Sitzgelegenheit, doch die hatte genau an der richtigen Stelle gestanden. Der Stuhl krachte mit großer Wucht auf Jasperts Kopf nieder.
Valborn sprang zur Tür, verriegelte sie von innen. Als er sich schließlich in seine Kleidung zwängte, da wölbte sich sein Zwerchfell ruckartig nach vorne. Selbst die Droge konnte die Schmerzwelle nicht verhindern, die durch ihn pulste.
Nur mit aller Macht konnte er einen Schrei unterdrücken. Die nächste Attacke des Parasiten unter seinem Zwerchfell schickte Arian zu Boden. Was geschah denn nun? War alles umsonst gewesen?
»Arian – es stirbt!«
Die Frauenstimme meldete sich so
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