Sternenfaust - 065 - Aufbruch ins Unbekannte (1 of 2)
»Oh, Dana! Das Misstrauen springt dir ja schon fast aus den Augen. Ich frage ohne jeden Hintergedanken. Wir haben eine Menge zusammen durchgestanden, und du hast mir vor noch gar nicht allzu langer Zeit bedingungslos deine Gesundheit anvertraut. Ich frage einfach nur, weil wir alte Freunde sind. Jedenfalls soweit es mich betrifft.« Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht liegt es daran, dass ich euch Menschen sehr viel besser kenne als du uns J’ebeem. Deshalb habe ich keine Probleme damit, einen Menschen als Freund zu betrachten. Und unter J’ebeem bedeutet Freundschaft nicht nur Interesse, sondern auch eine gewisse Fürsorge für den Freund. Aber ich verstehe durchaus, dass du unsere Beziehung wahrscheinlich anders siehst.«
»Nun, Brekken«, antwortete Dana vorsichtig, »unsere Beziehung war, so lange wir bei den Morax gefangen waren, ein Zweckbündnis zu beiderseitigem Vorteil. Ich gebe zu, ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, ob es nach unserer Befreiung in irgendeiner Form fortgesetzt werden könnte.«
Er nickte. »Was natürlich auch daran liegt, dass du im Gegensatz zu mir eine Position bekleidest, in der eine Freundschaft mit einem J’ebeem dir zum Nachteil gereichen könnte, sollte sich das Verhältnis zwischen unseren Völkern eines Tages wieder abkühlen. Es sieht zwar im Moment nicht danach aus, aber man weiß ja nie. Es gibt bei meinem Volk eine Menge Widerstände gegen die geplante Interstellare Union. Ich bin sicher, die gibt es bei den Menschen auch. Wir alle werden jedenfalls noch einen langen Weg zu gehen haben, bis wir so weit sind, dass wir einander wirklich weitgehend vertrauen und auch in die Union vertrauen können.«
Er sah Dana ernst in die Augen. »Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass die Chancen für die Entwicklung eines solchen Vertrauens größer sind, wenn man im Kleinen anfängt. Dass das Schließen persönlicher Freundschaften – oder doch zumindest die Bereitschaft, Wesen des jeweils anderen Volkes persönlich kennen- und verstehen zu lernen – eine sehr gute Methode dafür ist.«
»Da hast du wohl recht, Brekken. Zumindest wir werden in den nächsten Wochen, vielleicht sogar Monaten, genug Gelegenheit haben, uns alle angemessen kennenzulernen. Und ja, du hast recht: ich habe ein paar Schwierigkeiten mit der Rückkehr in mein … ›Prä-Morax-Leben‹ …«
*
Mario Saizew war mit dem wissenschaftlichen Stab von Far Horizon nach Erigu gekommen. An der geplanten Expedition würden nicht nur die Besatzungen der einzelnen Schiffe teilnehmen, sondern auch etliche Wissenschaftler aller Couleur. Saizew und seinem Team oblag es, die Vorbereitungen dafür zu treffen, die Ausrüstung zusammenzustellen und für einen reibungslosen Ablauf des Transfers der Wissenschaftler auf die STERNENFAUST zu sorgen.
Dieser Job bedingte unter anderem, dass er sich mit den Versorgungsleuten der J’ebeem beraten und abstimmen musste, denn Saizews Mitarbeiter hatten keine eigenen Transportmittel zwischen dem Schiff, das die Ausrüstung der Wissenschaftler nach Erigu geflogen hatte, und der STERNENFAUST.
Erigu war nur dünn besiedelt, da es sich um eine unbedeutende Welt handelte, auf der hauptsächlich Bodenschätze abgebaut wurden. Die Hauptstadt war verglichen mit anderen Hauptstädten des Reichs von Ebeem – und auch mit denen der Solaren Welten – nicht mehr als ein Dorf. In ihr lebten gerade mal 20.000 Einwohner. Das Gebiet um den Raumhafen beherbergte nur die Verwaltung, die für dessen Betrieb unerlässlich war. Allerdings gab es hier Quartiere für Personal, das über Nacht blieb. Diese Quartiere hatte man den Expeditionsteilnehmern zur Verfügung gestellt. Was durchaus Sinn machte.
Saizew hatte zwar keine Ahnung, wie die Räumlichkeiten an Bord der übrigen Schiffe waren, doch die auf der STERNENFAUST waren reichlich beengt, sodass nicht nur die Wissenschaftler es vorzogen, ihre Kabinen an Bord erst zu belegen, wenn das Schiff zur Expedition aufbrach. Auch Captain Frost und ihr Erster Offizier hatten sich im Raumhafengebäude einquartiert. Der Rest der Crew genoss ausgedehnten Landurlaub.
Saizew ging seiner Arbeit nach, doch es gab etwas, das sie ihm gründlich verleidete: dass er mit J’ebeem und anderen Fremdwesen zusammenarbeiten musste. Saizew hatte zwar zum ersten Mal in seinem Leben direkten Kontakt zu Fremdwesen, doch er hatte keineswegs vergessen mit welcher Geringschätzung und Arroganz gerade die J’ebeem die Menschheit in der Vergangenheit
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