Sternenfaust - 066 - Auserwählt (2 of 2)
nicht vor, aber er ging noch ein Stück näher heran, um bessere Aufnahmen machen zu können. Dass das ein Fehler war, erkannte er, als er das Innere der durchsichtigen Kuppel mit der Kamera heranzoomte.
Zunächst sah er nur Rhukapai, die Tilikis ernteten. Er kam zu dem Schluss, dass die Wasserversorgung wohl durch ein ausgeklügeltes Verteilersystem gewährleistet sein musste, da die durchsichtige Kuppel keinen Regen durchließ, falls es auf dem Planeten überhaupt regnete. Doch dann fing seine Kamera das Bild eines ganz anderen Wesens ein, das die Arbeit der Rhukapai offenbar beaufsichtigte.
Ein einziger Blick genügte Kikku’h, um zu wissen, dass er schleunigst von hier verschwinden musste. Im selben Moment wandte das Wesen den Kopf in seine Richtung und sah ihn. Kikku’h wandte sich zur Flucht, aber es war bereits zu spät. Nur wenige Augenblicke später öffnete sich das Tor des Algorai, und mehrere Aufseher stürmten heraus. Innerhalb kürzester Zeit hatten sie Kikku’h eingeholt, zu Boden geworfen und brüllten erst ihn und danach einander gegenseitig an. Offenbar waren sie unschlüssig, was sie mit ihm machen sollten.
Schließlich rissen sie ihn so gewaltsam auf die Beine, dass Kikku’h vor Schmerz aufschrie und fürchtete, sie würden ihm seine Gliedmaßen – oder noch schlimmer – seine Fühler aus dem Körper reißen. Doch sie zerrten ihn nur ins Algorai hinein, dessen Eingang sich hinter ihnen schloss.
Kikku’h schloss innerlich mit seinem Leben ab …
*
Yngvar MacShane betrat den Tempel der Rhukapai vorsichtig und war bemüht, sich möglichst respektvoll zu benehmen. Wobei die Schwierigkeit war, dass er nicht wusste, was die Rhukapai als »respektvolles Verhalten« betrachteten. Deshalb hielt er sich dicht an Falisha, die ihm voranging.
Lieutenant Sandor Kumara, ein Techniker der STERNENFAUST und Assistent des Leitenden Ingenieurs, begleitete ihn. Kumaras Hobby war Archäologie, weshalb er jede sich bietende Gelegenheit nutze, in alten Artefakten herumzuschnüffeln. Außerdem hatte er Dana Frost damals auf der Außenmission zu den Rhukani von Alard-9 begleitet und war deshalb als Assistent für diese Aufgabe MacShanes erste Wahl gewesen.
Der Professor stellte fest, dass die gesamten Innenwände des kuppelförmigen Tempels mit der Schrift der Toten Götter bedeckt waren. Falls es ihm gelang, sie mit Hilfe der Rhukapai zu entschlüsseln, wäre das ein unglaublicher Durchbruch.
»Darf ich Abbilder von der Schrift machen?«, fragte er Falisha.
»Aber ja«, stimmte die Priesterin zu. »Die Schrift selbst stellt kein Geheimnis dar, nur die Sprache der Götter ist tabu für alle, die keine Priester sind. Aber dafür habe ich Dorkon mitgenommen.« Sie deutete auf den Rhukapai an ihrer Seite. »Er wird euch die Schrift in unserer Sprache vorlesen. Ich bitte euch nur darum, dass ihr nichts hier im Tempel berührt außer den Wänden und dem Fußboden.«
»Das verspreche ich Ihnen gern, Falisha«, versicherte MacShane. »Wir sind nur an der Schrift interessiert.«
»Dann überlasse ich euch euren Studien«, verabschiedete sich die Priesterin.
»Ich habe noch Pflichten zu erfüllen, die keinen Aufschub dulden.«
Sie verließ den Tempel, und Dorkon trat zu MacShane. »Diese Schriften erzählen die Geschichte der Götter«, erklärte er. »Genauer gesagt, wann und warum sie uns schufen. Außerdem beinhalten sie die gesamten Grundsätze unseres Glaubens und die Direktiven, nach denen wir leben.«
»Das ist genau das, was uns sehr interessiert«, stimmte MacShane ihm begeistert zu. »Lieutenant Kumara, scannen Sie bitte jedes Schriftzeichen einzeln und nehmen Sie seine Bedeutung auf, wie Dorkon sie Ihnen nennt. Ich mache dasselbe auf die gute alte schriftliche Weise.«
»Ist das nicht etwas umständlich, Professor?«, konnte sich Kumara nicht verkneifen zu fragen. »Wozu haben wir denn diese ganzen schönen Hightech-Aufnahmegeräte, wenn Sie keinen Gebrauch davon machen?«
MacShane schmunzelte. »Zur Sicherheit als Backup und zum Training meines Gedächtnisses. Ich lerne besser und schneller, wenn ich die Zeichen selbst schreibe und ihre Bedeutung notiere. Ach ja, übertragen Sie bitte alles sofort per Funk an meinen Datenspeicher auf der STERNENFAUST.«
»Kein Problem. Wird erledigt, Sir.«
»Ich bin kein ›Sir‹, Lieutenant. ›Professor MacShane‹ genügt vollkommen.«
»Ja, Sir, äh, Professor MacShane.«
»Gut, Dorkon«, wandte sich MacShane wieder an den Rhukapai. »Bei
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