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Sternenfaust - 077 - Hort des Wissens (1 of 2)

Sternenfaust - 077 - Hort des Wissens (1 of 2)

Titel: Sternenfaust - 077 - Hort des Wissens (1 of 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Zusammenhänge der Natur wuchsen und man herausfand, dass es sich lediglich um Äußerungen handelte, deren Rätselhaftigkeit nur ein Ergebnis des inneren Verfalls war und nichts mit dem Aufstieg in eine höhere Seinsebene zu tun hatte, gerieten diese Texte dann mehr und mehr in Vergessenheit. Viele davon landeten schließlich auf der Müllhalde im Flachwasser der nahen Küste. Es lohnte nicht, das irre Gebrabbel von Sterbenden auch noch aufzuzeichnen.
    Allerdings hatten sich die Ansichten in dieser Frage schließlich wieder gedreht und heute war man unter den Wloom so weit, dass man den letzten Äußerungen von Sterbenden wieder mystische Bedeutung zumaß.
    Seng hatte oft darüber nachgedacht, woran das liegen mochte, denn er selbst gehörte zu jenen nüchternen Zeitgenossen, die diese besondere Bedeutung verneinten. Vielleicht lag es daran, dass die Zeiten für die Wloom so schwierig geworden waren. Und das schon vor der Katastrophe, die die affenartigen Vernichter verursacht hatten.
    So hatten sich eines Tages die Mbaazu gefährlich vermehrt. Sie waren Ungeziefer und gierten nach dem, woraus das Wertvollste bestand, was die Wloom noch besaßen: ihre Bibliothek.
    Zu Zeiten der Mentoren, so berichteten die uralten Schriften, waren diese Räuber der Weisheit , deren Größe etwa der Länge eines Wloom im voll ausgestreckten Zustand entsprach, nur selten zu sehen gewesen. Und der Hort der Wissens war mit dem Anpflanzen von besonderen Kräutern geschützt worden, deren Ausdünstungen die Mbaazu vertrieben, weil sie ihnen zuwider waren. Aber im Laufe der Zeit hatte auch die Würmer das getan, was die Weisheit der Mentoren gepredigt hatte: Sie hatten sich angepasst.
    Der Widerwillen gegen die Kräuter war von Generation zu Generation weniger geworden – die Zahl ihrer Nachkommen dafür umso größer. Ganze Wälder fielen ihren den Boden durchwühlenden Horden zum Opfer. Sie fraßen die Wurzeln weg, sodass der Buchbaum seine Stabilität verlor und zu Boden fiel. Danach wurde dann der Rest vertilgt. Manchmal fraßen sie sich allerdings auch von unten empor, höhlten den Buchbaum von innen vollkommen aus, sodass er dann irgendwann bei einem leichten Wind als morsche Hülle in sich zusammenfiel.
    Die enormen Zerstörungen, die die affenartigen Vernichter bewirkt hatten, hatten natürlich dazu beigetragen, dass der Hunger der Mbaazu sich jetzt noch mehr auf die Bibliothek der Wloom richtete; waren die Mbaazu doch wie die Affenartigen gegen das farblose Licht resistent. Abermillionen von Stämmen des Buchbaums waren durch Atombrände zu Asche zerfallen. Anderswo hatten die Druckwellen sie wie Streichhölzer abgeknickt und jetzt verrotteten sie so schnell, dass die Mbaazu sie gar nicht schnell genug vertilgen konnten, ehe sich in ihnen gefährliche Giftstoffe gebildet hatten.
    Der Oberste Bibliothekar rezitierte Trostworte aus den Schriften in Form eines Tanzes. Dazu veränderten sich die Farben seiner scheinbar zerrissenen Hautoberfläche.
    Fang äußerte sich jetzt nicht mehr. Der letzte Eindruck, den er vor dem Beginn der Transformation von seinem Nachfolger gewann, war, wie sehr ihn der Tanz des Obersten Bibliothekars beeindruckte. Die Harmonie, die der Tanz ausstrahlte, tröstete auch den Sterbenden. Fast gewichtslos wirkte der Tänzer, während er auf einem Tentakel balancierte und sich dabei drehte und seinen amorphen Körper nach und nach zusammenfaltete.
    Fang war zutiefst bewegt.
    Ein solches Bild vollkommener Harmonie hatte er lange nicht gesehen – und so erfüllte der Oberste Bibliothekar seine Aufgabe auf wahrhaft vollkommene Weise. Denn er tröstete mit seiner Darbietung nicht nur diejenigen, deren Transformation unmittelbar bevorstand, sondern auch die, die im Leben zurückblieben und den Verlust eines Wlooms beklagten, dessen Gesellschaft angenehm gewesen war.
     
    *
     
    Die Transformation des Anführers hatte begonnen.
    Man ließ ihn in seiner Höhle dazu allein.
    Der Anblick der fadenartigen Aasfresser, die sich ganze Stücke aus der Körpersubstanz des Wloom herausreißen und sie verschlingen würden, war in Zeiten wie diesen, wo jedes Leben kostbar war, zu schmerzlich, um von den Lebenden angeschaut zu werden. Es gemahnte sie daran, dass auch ihnen eines vielleicht nicht allzu fernen Tages das Gleiche bevorstand.
    Die Wloom aber versammelten sich an jenem Ort, der die Große Höhle des Volkes genannt wurde und in der mehr als zehntausend von ihnen Platz hatten.
    Es gab noch mehr Wloom. Sie lebten in

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