Sternenfaust - 083 - Kampf um Karalon
Worte von Meister Garadus im Ohr, einem seiner ersten Lehrer in Saint Garran. »Nimm dir ein Beispiel an der Klarheit dieses Sees. Es muss auch für Saint Garran ein Zeichen gewesen sein. Ein Zeichen für die Klarheit des Gewissens und der eigenen Entscheidungen.«
»Aber wenn dies das Zeichen der Klarheit ist – dann kann es nicht ohne Bedeutung sein, dass gerade wir, die wir uns um friedliche Erkenntnis bemühen, in den Ruinen derer leben, deren Weg sich in eine ganz andere Richtung verirrte«, hatte Bruder Williams Erwiderung gelautet.
Meister Garadus hatte daraufhin genickt und gesagt: »Du hast die Symbolik erkannt, Novize William. Wir sind die Erben derer, die den Weg der Gewalt gegangen sind; ganz gleich, ob man nun von den Sirianern oder den Menschen spricht. Für die Sirianer gab es aus dieser Verirrung keinen Ausweg mehr – und die Menschheit war auch bereits mehrfach an einem Punkt, an dem ein ähnliches Schicksal zu befürchten war. Wir sollten das nie vergessen und als Warnung für die Zukunft verstehen …«
»… und uns an der Klarheit des Geistes orientieren«, vollendete Bruder William den Satz jetzt und unterbrach damit die Stille in der L-1.
»Alles in Ordnung, Bruder William?«, fragte Jefferson.
Der Leitende Ingenieur mit den ausschließlich infrarotsichtigen Facettenaugen saß neben ihm. Er wandte den Kopf in Williams Richtung.
Der Christophorer war wieder im Hier und Jetzt. »Ja, alles in bester Ordnung«, meinte er.
»Achtung, Sonde dreißig Grad Steuerbord!«, meldete Bogdanovich. »Kommt direkt aus dem Kubus. Ausweichen nicht mehr möglich!«
Der Hauptschirm der L-1 blendete ab, als die maximalen Helligkeitswerte überschritten wurden.
Bruder William kniff die Augen zusammen. Etwas unsagbar Helles drang in die Fähre ein und war Sekundenbruchteile später verschwunden.
»Alle Systeme arbeiten einwandfrei«, meldete Bogdanovich.
Von Schlichten blickte auf sein Ortungsgerät. »Der Energiestatus dieser Sonde war verglichen mit unseren bisherigen Messungen ungewöhnlich hoch.«
»Da sie aus dem Kubus herauskam, könnte es tatsächlich sein, dass diese Sonden den Kubus als eine Art Docking-Station zum Aufladen mit Energie verwenden«, glaubte Frost.
Von Schlichten wandte sich an Bruder William.
»Ich denke, das kann man jetzt wohl als gesicherte Erkenntnis ansehen oder was denken Sie, Bruder William?«
Bruder William schien noch immer etwas abwesend zu sein. »Der Begriff ›gesicherte Erkenntnis‹ erscheint mir weder im Zusammenhang mit den Toten Göttern noch diesen Lichtobjekten wirklich angebracht zu sein«, murmelte er.
»Andocken an den Kubus in zehn Minuten«, meldete indessen Bogdanovich. Er drehte sich in seinem Pilotensitz halb herum und wandte sich an Jefferson. »Dann hängt es von Ihnen ab, diese Riesenblechbüchse zu knacken, Lieutenant!«
Jefferson tätschelte ein spezielles Modul, das er bei sich trug und mit dem er in fremde Datennetze einzudringen vermochte. »Kein Problem«, meinte er.
*
Es ist der RUF!
Der Dronte, der sich Commander Lee Bernt nannte, blickte auf den Kontrollschirm der KARALON STAR 89, auf dem das leuchtende Objekt, das die Fähre des Sondereinsatzkreuzers der Solaren Welten gerade durchflogen hatte, ebenfalls bis gerade eben zu sehen gewesen war. Doch jetzt war die Beobachtung solcher Vorgänge schlagartig in den Hintergrund getreten.
Der RUF, der alles andere unwesentlich erscheinen lässt!
Die KARALON STAR 89 war eines jener Dronte-Schiffe, die sich inzwischen im Orbit von Karalon III eingefunden hatten, um die Aktivitäten der beiden Sondereinsatzkreuzer, die jetzt bis hierher vorgedrungen waren, zu beobachten. Es gab offensichtlich keine Möglichkeit, die Menschen daran zu hindern, den Kubus zu betreten. Aber es war durchaus denkbar, dass die andere Seite noch ganz andere Dinge im Schilde führte. Vernichte die, die dich vernichten wollen! , lautete eines der Axiome der drontischen Überlieferung, die von Generation zu Generation weitergegeben worden war – ganz unabhängig, welche Art von Wirtsspezies die Dronte jeweils auch benutzt haben mochten. Ein martialisches Erbe, das ihnen von den ›Erhabenen‹ einst eingegeben worden war, als deren Krieger sie fungiert hatten.
Aber in diesem Fall war es wohl unmöglich, diesem Axiom auch nur annähernd gerecht zu werden, denn die andere Seite hatte alle Trümpfe auf ihrer Seite. Das anerkennen zu müssen, schmerzte jemanden wie Bernt zutiefst. Die Ader an seinem Hals, die
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