Sternenfaust - 085 - Die Bedrohung
den Boden schlugen. Wann immer diese Schauer vorüber waren, trafen sie sich am Platz der Geburt. Dort umkreisten alle Kinder die Mutter und den Anderen. Die Mutter streckte einen Teil ihrer Ganglien aus, ließ ihre langen dünnen Arme wandern und sandte sie ihren Kindern entgegen. Ihre Kinder reagierten darauf, indem auch sie ihre Ganglien ausstreckten und die Punkte nah der knotigen Stellen fanden, an denen sie andocken konnten. Die Mutter hatte Tausende dieser winzigen Einbuchtungen und sie genoss das Gefühl, von ihren Kindern dort berührt zu werden. So tauschten sie einen Teil ihrer Erfahrungen aus und die Mutter vermittelte den Kindern Mut. Die Erhabenen hatten einen Plan mit ihnen. Die Ewigen wuss-ten, was geschehen sollte und sie mussten nichts weiter tun, als diesen Plan zu erfüllen. Wenn die Vereinigung beendet war, war die Mutter glücklich.
So vergingen viele Jahre, bis die Mutter spürte, dass sie nun eine andere Aufgabe hatte. Sie fühlte es, wie sie Kälte und Schmerz fühlte. Unglück und Ruhelosigkeit kamen über sie und auch über den Anderen.
Ich bin nicht wichtig. Der Andere spürte ihre Unzufriedenheit. Du musst sagen, was wir tun sollen.
Sie verlangte von ihm, in die Wüste zu gehen, dahin, wo sie geboren worden waren. Dort warteten sie. Die Sterne gingen auf und wieder unter. Er bekam Hunger und Durst. Sie mussten an das Wasser zum Trinken und er pflückte ein Blatt von einem der dunklen Baraki-Bäume. Die bitteren Fasern spuckte er neben sich.
Die Mutter dachte lange nach. Sie war schon seit einiger Zeit nicht mehr schwanger gewesen und litt darunter.
Ich muss meinen Kindern helfen , dachte sie sich. Noch immer starben viele der Stern-Dronte durch Austrocknung. Die Sonnen nahmen ihnen das Wasser fort und irgendwann kam der Punkt, an dem sie sich nicht mehr bewegen konnten. Auch sie und der Andere litten darunter. Manchmal gruben sie sich in den Sand ein. Der Sand war heiß und rieb unangenehm auf der Haut des Anderen.
Die Mutter suchte tief in sich. Die Zeit war gekommen, etwas anderes zu machen. Sie mussten etwas Neues beginnen. Sie wartete und betrachtete nach einigen Tagen die Stelle, an der der Andere die bitteren Fasern ausgespuckt hatte. Dort wuchs eine kleine Pflanze. Fasziniert betrachtete die Mutter den winzigen Baum, der mit jedem Tag ein Stück größer wurde. Zwei Mal fiel ein feiner weißer Nebel vom Himmel, der den Boden benetzte. Der Nebel schien der Pflanze gut zu tun. Die Mutter dachte lange darüber nach. Schließlich wandte sie sich an den Anderen.
Ich weiß jetzt, was wir tun müssen. Die Erhabenen gaben uns diese Welt, damit wir daraus einen Garten erschaffen und uns vermehren. Wir sollen viele werden, damit wir die nächste Aufgabe meistern können. Dafür brauchen wir den Schatten der Bäume und das Leben des Wassers.
Als die Zeit des Steinregens vorüber war, traf sie sich mit ihren Kindern und teilte ihnen ihren Entschluss mit. Gemeinsam machten sie sich an die Arbeit.
*
Dana hatte schon lange nicht mehr gebetet, doch in diesem Moment war ihr danach. Doktor Tregarde, Miles Jennings, Bruder William und die drei Marines waren auf ihren Hilferuf sofort gekommen. Tregarde beugte sich mit einem Scanner über den am Boden liegenden Yngvar, dessen Kopf Dana auf ihren Schoß gebettet hatte. Sie bemühte sich, ruhig zu klingen und sich nicht zu bewegen, um Yngvars Kopf stabil zu halten. Tregardes Bewegungen waren ruhig und professionell. Er schien genau zu wissen, was er tat und Dana konnte kaum glauben, wie sehr sie das in diesem Moment beruhigte.
»Eine Art Kabel muss in sein Gehirn gedrungen sein«, erklärte sie knapp.
Tregarde nickte nur und nahm wortlos seinen Check vor. Vorsichtig entnahm er Yngvar eine Blutprobe, die er direkt in ein Nebenfach des Scanners geben konnte.
Miles Jennings begutachtete nach einem kurzen Zögern den Raum mit seinen unzähligen Glaskästen, hinter denen die sternförmigen Datenträger lagen. »War es eines dieser Elemente, das MacShane angesprungen hat?«
Dana nickte. »Es hat sich von selbst aktiviert.« Der Gedanke, das sternförmige Gerät könne Yngvar töten, verursachte ihr Übelkeit. Aber sie war der Captain, erinnerte sie sich selbst. Sie musste ruhig bleiben. Sie nahm sich zusammen.
»Doktor Jennings, Bruder William«, sagte sie und war froh, das ihre Stimme wirklich so ruhig und klar klang wie sonst. »Setzen Sie ihre Helme auf und holen Sie bitte ein weiteres dieser Dinger heraus. Sorgen Sie dafür, dass es
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