Sternenfaust - 085 - Die Bedrohung
nicht, wer ihr seid. Wir dachten, diese Station sei verlassen.«
Wieder erschienen Buchstaben auf dem Schirm.
Wir wissen nicht, ob Wir euch vertrauen können.
»Vertrauen erwächst aus Sicherheit. Was können wir tun, damit ihr euch nicht von uns bedroht fühlt?«
Dana fragte sich, wie der Christophorer es immer wieder schaffte, die richtigen Worte zu finden. Wieder fragte sie sich, wie genau die Ausbildung der Christophorer aussehen mochte.
Wir wollen mit dir reden. Von Angesicht zu Angesicht. Du bist der einzige, der keine Waffe hat. Du bist Christophorer. Leila will dich sehen.
»Wo wollen wir uns treffen?«
Geh in den Nebenraum. Allein. Wir werden zu dir kommen.
Das grüne Schimmern erlosch. Der Bildschirm wurde schwarz. Das Schott an der hinteren Raumseite öffnete sich. Bruder William drehte sich zu Dana und den Marines um. Er schien nicht beunruhigt zu sein.
»Sieht so aus, als müsste ich das allein durchstehen«, sagte er und klang dabei beinahe heiter. Er schien sich auf die Begegnung wenn schon nicht zu freuen, doch ihr mit Gelassenheit entgegen zu sehen.
Dana schluckte. Wie sehr sich Bruder William in den Jahren auf der STERNENFAUST gemacht hatte! Sie musste daran denken, wie unsicher er am Anfang gewesen war. Er besaß zwar immer noch eine angenehm zurückhaltende Art, doch er war nicht mehr voller Selbstzweifel.
»Wenn Sie sich das zutrauen und meinen, wir können das Risiko eingehen, wäre ich Ihnen dankbar.«
Bruder William nickte. »Ich hoffe, ich kann etwas bewirken. Folgen Sie mir bitte nicht.«
Dana atmete tief ein. Das Bild von Yngvars bleichem Gesicht stieg vor ihr auf. »Beeilen Sie sich.«
*
Bruder William ging durch das Schott, das sich automatisch hinter ihm schloss.
Er stand in einem weiteren kleinen Raum, der mit dem ersten fast identisch war. Anscheinend gab es hier viele dieser Arbeitsplätze, an denen die Dronte-Menschen ihre Forschungen betrieben hatten. William fühlte sich unwohl, abgetrennt von den anderen. Er spürte die Verantwortung, die auf ihm lastete und er fragte sich, mit wie vielen Dronte er es wohl gleich zu tun bekommen würde. Hoffentlich war dies keine weitere Falle.
Es überraschte ihn, als nur ein kahlköpfiger Dronte-Mensch aus dem gegenüberliegenden Schott kam und auf ihn zutrat. Die schlanke, hochgewachsene Frau blieb einen Meter entfernt vor ihm stehen. Ihre großen grauen Augen zeigten Erstaunen. Sie streckte die Hand nach ihm aus und berührte den Raumanzug.
»Es ist so lange her, dass ich einen echten Menschen gesehen habe«, meinte sie leise. Ihre Stimme und ihr Blick waren voller Emotionen. William zwang sich stehen zu bleiben und nicht zurückzuweichen.
»Sie sind keine Dronte«, stellte er fest. Dafür waren ihre Gefühle zu echt – ihre Emotionen waren mehr als eine Maske.
Sie lächelte herzlich. »Wir sind Leila. Wir sind ein Mensch. Aber Wir sind auch Dronte. Wir sind Leila und Irina.«
Einen Moment war William irritiert. Dann verstand er. »Ihr seid beide in einem Körper?«, hakte er vorsichtig nach. Sie nickte.
»Wir wollen nicht getrennt werden.«
Bruder William spürte, wie wichtig dieser Satz war. »Wir sind nicht gekommen, um euch zu trennen. Wir wollen forschen.«
Sie runzelte die Stirn. Ihre Stimme klang wütend, als sie sagte: »Ihr habt den Nachwuchs beschädigt. Die Entkopplung hat einen der Nachkommen getötet. Ihr seid rücksichtslos. Was würdet ihr sagen, wenn wir ein Baby töten würden, ohne mit der Wimper zu zucken?«
Bruder William schüttelte leicht den Kopf. Das musste der menschliche Teil des Mensch-Drontes sein, der dort mit ihm sprach. Allein das, was sie sagte, wies darauf hin.
»Es tut mir leid, Leila. Ich war dagegen, ich wollte das nicht. Wir sind davon ausgegangen, dass ihr euren Nachwuchs zurückgelassen habt und ihn damit dem Sterben preisgabt.«
»Nicht Wir!«, begehrte Leila auf. »Wir sind nicht Dronte. Wir sind Wir! Wir sind nicht mitgegangen! Wir bleiben beim Nachwuchs und sterben mit ihm!«
William versuchte sich seine Irritation nicht anmerken zu lassen. Konnte es tatsächlich sein? Hatte er hier einen Dronte vor sich, dessen menschlicher Teil noch lebte? Hatte sich Leila ihre Unabhängigkeit trotz Parasiten bewahrt?
»Ihr teilt euch diesen Körper?« Er war wissenschaftlich fasziniert. Ob es doch möglich war, das Umformen vom Menschen zum Dronte rückgängig zu machen? Hier stand offenbar der Beweis vor ihm, ein Geschöpf, das Mensch und Dronte zugleich war! Was würde
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