Sternenfaust - 094 - Wandlungen
erreichen. Los, los, machen Sie alle schon, und geben Sie roten Alarm!«
Mutawesi biss sich nach dieser für ihn relativ langen Rede auf die Lippen und wünschte sich aus tiefstem Herzen, Captain Frost würde wieder auf die Brücke kommen.
*
Bedrückt blieb Bruder Willliam auf der Krankenstation zurück, nachdem Captain Frost und der Erste Offizier den Raum verlassen hatten.
Was sollte er tun?
Captain Frost hatte die Entscheidung, was mit Dr. Tregardes Diagnose zu geschehen hatte, vertagen wollen, ein Entschluss, den William durchaus befürwortete. Auch wenn Dr. Tregarde versichert hatte, dass das, was er als »unbewusste Telepathie« bezeichnete, den Christophorer keinesfalls befähigte, bewusst in die Gedanken anderer Leute einzudringen, war den Mienen der beiden ranghöchsten Offiziere an Bord eindeutig zu entnehmen gewesen, dass sie sich soeben ihre eigene Meinung bildeten. Bruder William fielen mit Schaudern all die Situationen ein, in denen er es geschafft hatte, unwissentlich die Sätze seiner Kollegen zu beenden, bevor diese ausgesprochen waren, seine unglaubliche Fähigkeit, sich in andere hineinzudenken und all die Gelegenheiten, in denen er still und zur Verwunderung seines Gegenübers etwas Gewünschtes tat, ohne dass dieser darum gebeten hatte.
Und alles das, weil ich ohne es zu wissen, vielleicht wirklich Gedanken lesen kann? Denuur muss das gewusst haben , gespürt haben. Deshalb hat er seinerzeit nur mit mir kommunizieren wollen.
Es ist logisch. Kein Wunder, dass Dr. Tregarde glaubt, ich will es nicht wahrhaben. Ich kann mich selbst ja nur wundern, wie blind ich all die Zeit war.
Dr. Tregarde hatte zwar versucht, William zu beruhigen, indem er sagte, dass es höchst unwahrscheinlich war, dass diese Fähigkeit des Christophorers jemals auf eine bewusste Ebene treten würde. Diese Gabe sei nur rudimentär vorhanden, so hatte er erklärt, was wohl hieß, dass diese Fähigkeit bestenfalls im Unterbewussten existierte. Bruder William würde wahrscheinlich Zeit seines Lebens unfähig sein, selbst zu entscheiden, welche Gedanken er empfangen wollte oder ob er seinerseits welche aussandte, er würde diese Fähigkeit, diese Funktion seines Gehirns, nie wirklich steuern können.
Im Grunde würde sich an seinem Leben nichts ändern.
Trotzdem wälzte sich William Beaufort hin und her und fürchtete sich vor der Zukunft. Es reichte, wenn auch nur vier Menschen an Bord von seinem Zustand wussten – und William auch das Zutrauen zu allen hatte, dass sie es für sich behalten würden. Aber, selbst wenn nur er es gewusst hätte, es würde Auswirkungen auf ihn selbst haben.
Bisher hatten alle Menschen – und auch die Christophorer selbst – immer geglaubt, dass es in ihrem Orden um besondere Lerntechniken ging und bei der Auswahl der Novizen und Mönche um eine besondere genetische Veranlagung zum Erlernen dieser Techniken.
Aber jetzt, nach Dr. Tregardes Diagnose, hatte sich Williams Sicht auf diese Dinge völlig geändert, völlig ändern müssen . Warum hielten die Äbte und Meister die Auswahlverfahren der Novizen geheim? Wussten sie, dass die Mönche wenigstens teilweise Telepathen waren wie er? Oder war seine Fähigkeit nur ein Zufall? Waren seine Mitbrüder deshalb so brillante Wissenschaftler und Diplomaten? Und war er vielleicht der »Begabteste«, der Verdrehteste von allen?
William Beaufort spürte, wie die Angst in ihm wuchs.
Es hilft nichts. Ich muss mich ablenken. Ich sehe mal, was ich auf dem Maschinendeck an der wissenschaftlichen Station tun kann.
Müde stand er auf und ging in sein Quartier, um seine Kutte zu holen. Das Kleidungsstück würde beruhigend auf ihn wirken, das wusste er. Mittlerweile war die STERNENFAUST wieder auf dem Kraterboden gelandet, die »Ausgesetzten« waren seit Kurzem wieder an Bord.
Er wusste, dass viel Arbeit wartete: die Auswertung der gesammelten Daten in der Höhle. Nun, vielleicht konnte er Professor MacShane helfen, die Daten zu analysieren. Immerhin war der Kryptologe nicht so reizbar und ungeduldig wie Professor von Schlichten.
Auf der wissenschaftlichen Station sah er auch bereits Dr. Tregarde an einem der Terminals sitzen und sich mit Datenkolonnen befassen. Bruder William trat von hinten an ihn heran und sah dem Arzt über die Schulter. »Sie schlagen in der medizinischen Datenbank nach?«
Ashkono Tregarde nickte. »Ich habe hier einige medizinische Fachartikel, die Vermutungen darüber anstellen, wie die Meister und Äbte Ihres Ordens
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