Sternenfaust - 101 - Der Weltraumfriedhof (2 of 2)
ihnen ein Schiff entgegen, das wohl selbst im Kontext dieses Friedhofs der unterschiedlichsten Typen und Modelle noch einzigartig war. Tregarde sah eine gelbliche Außenhülle, auf der schwarze Löcher … Nein , dachte er plötzlich, keine Löcher.
»Ich glaube, Sie irren sich, de Pento«, sagte er über Helmfunk. »Das sind keine Löcher in der Außenhülle, sondern schwarze Flecken. Ähnlich wie die Muster auf dem Fell eines Dalmatiners.«
»Bestätigt«, meldete Kim Suk, der neben de Pento im Cockpit des kleinen Transporters saß. »Die Außenhülle scheint intakt zu sein. Wenn auch ungewöhnlich gemustert.«
De Pento reagierte prompt. »Verstanden. Suk, steuern Sie uns näher an die Außenhülle heran. Ich werde versuchen, unsere Frontlichter auf die Flecken auszurichten. Vielleicht erkennen wir dann mehr.«
Aus seinem Fenster sah Tregarde, wie sich ihr Schiff dem Wrack langsam näherte. Es war lang, gebogen und irgendwie wurstförmig. Von seinen leicht spitzen Enden wurde es zur Mitte hin immer dicker, nur um dann wieder aufs nächste Ende zuzulaufen.
Das Licht ihrer Navigationsscheinwerfer fiel auf seine Hülle – und wurde dort reflektiert, als wäre die Oberfläche glänzend. Oder schuppig? Es klang absurd, aber mit einem Mal fühlte er sich an eine Schlange erinnert. Eine riesige Weltraumschlange, die inmitten dieses Trümmerfeldes auf uns gewartet hat, um uns zu verschlingen.
Und plötzlich, wie aufs Stichwort …
… öffnete sie ihr Maul!
*
Tregarde zuckte zusammen, so sehr war er gedanklich noch in seinem Schlangenvergleich gefangen. Erst auf den zweiten Blick erkannte er, was wirklich geschehen war.
»Ich glaube das nicht«, hörte er Finchs atemlose Stimme. Der Anthropologe klang nahezu ehrfürchtig.
»Die Sensoren haben die visuelle Einschätzung bestätigt«, meldete de Pento. »Das Schiff hat ein Loch in seine Außenhülle geschlagen, gleich unterhalb unserer aktuellen Position.
Das Loch ist … es ist neu, eben war es noch nicht da. Suk, waren wir das?«
»Negativ, Sir. Keinerlei Anzeichen für eine Beschädigung der Hülle zu erkennen. Was immer da gerade geschehen ist, erweckt den Anschein, als sei es eine natürliche Reaktion. Es wirkt nahezu organisch.«
Organisch! Das war es. Das war der Gedanke, der Tregarde schon seit Minuten durch den Kopf ging und den er bisher nicht hatte greifen können. Verdammt, warum bin ich da nicht gleich drauf gekommen , dachte er, plötzlich frustrierter als noch zuvor. Ich habe so etwas Ähnliches doch schon einmal gesehen.
Tregarde erinnerte sich an ein Erlebnis, das bereits lange zurücklag. Damals hatte er noch auf der STERNENFAUST II gedient. Gemeinsam mit der SONNENWIND, einem weiteren Schiff der Solaren Welten, hatten sie einen Raumer unbekannter Bauart gefunden, der auf eine beunruhigende Art und Weise organisch gewesen zu sein schien. Auch damals hatte sich die Außenhülle des Schiffes verändert. Sie hatte scheinbar selbstständig Öffnungen gebildet und wieder geschlossen und war mal an dieser, mal an jener Stelle durchlässig geworden.
»Lieutenant«, sagte er über Helmfunk. »Halten Sie die Position!«
»Sir?«, fragte der Marine überrascht, und Tregarde berichtete ihm und dem restlichen Team von dem wenigen, woran er sich noch erinnerte.
»Das alles kommt mir bekannt vor«, schloss er seinen kurzen Bericht. »Das Schiff, das wir damals fanden, schien mit seiner Mannschaft verwachsen zu sein, die in seinem Inneren in Stasiskammern lag. Wir konnten nur noch bei einem der Lebewesen aktive Biosignaturen ausmachen, und nachdem wir es aus der Stasis befreit hatten, flog uns das gesamte fremde Schiff um die Ohren. Es gab eine riesige Explosion.«
De Pento pfiff leise durch die Zähne. »Ein Selbstzerstörungsmechanismus?«
»Vermutlich.«
»Sie haben den Doktor gehört, Gentlemen«, sagte de Pento. »Ein organisches Schiff. Für den Moment sollten wir davon ausgehen, es hier mit einem ähnlichen Phänomen zu tun zu haben.« Dann wandte er sich an den Piloten auf dem Nebensitz. »Suk, das Schiff hat uns eine Tür geöffnet. Nutzen wir sie. Melden Sie das Commander Santos und Captain Frost und bringen Sie uns rein, Pilot.«
*
Es war ein unheimliches Gefühl. Noch stärker als in den Wracks, die sie vorher besucht hatten. Dieses Schiff war nahezu irreal.
Seit Stunden schritten sie jetzt schon vorsichtig und dicht an dicht durch leere, finstere Korridore. Durch Gänge, die allem Anschein nach seit Zehntausenden von
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