Sternenfaust - 111 - Die Stimmen der Götter
ausgesprochen einladende Zwischenlaute, die nicht falsch zu verstehen waren.
Sun-Tarin trat einen Schritt zurück. »Ich könnte dich damit in Gefahr bringen«, versuchte er die Sache diplomatisch zu klären. Er war nicht interessiert an einer Affäre mit einer Wächterin, die – wenn überhaupt – nur Priester lieben durfte.
»War es denn nicht einsam in deinem Kloster auf Dornarat?«
»Ich denke, es ist besser, du siehst nach deiner Schwester, Kiri-Tan.«
Die Kridan sah enttäuscht zu Boden. »Wie du wünschst, Sun-Tarin.« Sie wandte sich von ihm ab und entfernte sich mit leise raschelndem Gewand. Sun-Tarin stand ein wenig verlegen in dem langen hellen Prunkgang und kratzte sich am Schnabel. Was konnte ein Priester davon haben, wenn der Krieg wieder begann? Gehörte Kales-Sun vielleicht zu denen, die nicht ihre Macht mehren, sondern wahrlich fanatisch den heiligen Krieg vorantreiben wollten? Den göttlichen Auftrag? Im Interregnum zwischen den Kriegen besaßen die Priester mehr Macht. Also konnte es Kales-Sun nicht um die Macht an sich gehen.
Satren-Nor sagte uns, dass wir nicht ständig kämpfen müssen und Gott dies nicht wünsche. Doch er sagte nicht, dass unser Auftrag – die anderen Sternenvölker zu bekehren und dem wahren Glauben der göttlichen Ordnung einzugliedern – sich erledigt hat. Vielleicht hat das Reich sich lange genug erholt. Vielleicht ist es an der Zeit für einen neuen Krieg und selbst die Priester erkennen das.
Sun-Tarin musste sich eingestehen, dass ihn dieser Gedanke mehr bedrückte als noch vor fünfzehn Jahren. Oft hatte er sich den heiligen Krieg gewünscht und ein Teil von ihm wünschte sich diesen Krieg noch immer. Aber nach einem langen Studium der Schriften im Kloster der innersten Einkehr zu Dornarat war er zu der Erkenntnis gelangt, dass Satren-Nor vielleicht doch recht hatte. Vieles wurde sehr kriegerisch ausgelegt, die Originaltexte entsprachen nicht eins zu eins den Übersetzungen.
Der Kridan krächzte leise auf. »Sun-Tarin, Sun-Tarin … Wie das Schicksal es macht, es macht es dir nicht recht …«
Mit einer wegwerfenden Geste ging er in die entgegengesetzte Richtung, in der Kiri-Tan verschwunden war, davon.
*
Matlanor, Regierungsgebäude, Konferenzsaal, 3 Tage später
Seran-Pakor bemühte sich, nicht zu Saha-Fera hinüberzusehen. Die Eierlegerin saß nicht mit ihm, Satren-Nor, Kass-Feor und Kassil-Nur am ovalen Tisch des Rates. Man hatte ihr in einiger Entfernung einen Stuhl hingestellt, was schon mehr war, als man sonst einer weiblichen Kridan zugestand.
Kass-Feor plusterte sich auf und krächzte in unmissverständlicher Lautstärke durch den Raum. »Wir müssen zumindest einen Krieg vorbereiten, Euer Heiligkeit, wenigstens das! Wir müssen vorbereitet sein! Die Schiffe müssen sich bereit zum Abflug machen!«
»Einen Krieg!« Kassil-Nur, der Chef des Geheimdienstes, blitzte den Mar-Tanjaj wütend aus seinem einen Auge heraus an. »Einen schlechteren Moment als diesen kann man wohl kaum für diesen Krieg wählen! Die Menschen sind uns derzeit mit ihren neuen Schiffen und dem Materiewandler eindeutig überlegen! Wir wissen nicht wie viele dieser Wandler-Prototypen sie bereits gebaut haben!«
»Eben deshalb müssen wir sofort zuschlagen!«, krähte der Mar-Tanjaj und schlug seine Kralle krachend auf den Regierungstisch.
»Eben deshalb müssen wir diplomatisch sein!«, erklärte Kassil-Nur nicht minder laut. »Die Botschafter der Solaren Welten befinden sich bereits im Anflug! Wir werden verhandeln und nicht einfach kopflos in einen Krieg hineinstürzen, der uns das Rückgrat brechen muss!«
»Gott selbst gibt den Befehl zum Angriff!«
»Bitte, Mar-Tanjaj, Chef des Bolpor …«, versuchte Satren-Nor beschwichtigend einzuwerfen, doch er wurde von Kassil-Nur übertönt. Jegliches Protokoll war inzwischen hinfällig. Die beiden Kridan hatten sich in Rage geredet und zischten einander hasserfüllt an. Ihre Schnabelzwischenlaute glichen Todesdrohungen.
»Zuerst wird verhandelt! Wie sehr müsst Ihr unser Volk hassen, Kass-Feor, dass Ihr es jetzt in den Krieg führen wollt! In den Untergang! Die Menschen sind stärker als wir und jeder Schaden, den wir Ihnen zufügen, wird auch unser Schaden sein! Und zwar unser doppelter und dreifacher Schaden!«
»Das lasse ich mir nicht …!«, brüllte Kass-Feor krächzend und schnabelklackernd los, doch er wurde vom Raisa unterbrochen.
»Das reicht! Halten Sie sich gefälligst beide an das Protokoll, oder ich
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