Sternenfaust - 111 - Die Stimmen der Götter
gewinnen müssen. Im Notfall überlasst das Reden mir. Ich werde nicht von Eurer Seite weichen.«
»Gut. Das beruhigt mich.«
»Seid Ihr soweit?« Der ältere Kridan sah ihn eindringlich an.
Seran-Pakor bejahte mit einer Fußgeste. Gemeinsam machten sich die beiden Kridan auf zum Eingang des Palastes. Satren-Nor erklärte Seran-Pakor, was in den vergangenen Stunden geschehen war. Bereits die gesamte Nacht über liefen Demonstrationen. Ein sehr ungewöhnliches Verhalten.
»Eigentlich demonstriert unser Volk nicht«, merkte Satren-Nor an. »Es lehnt sich nicht offen auf. Gerade darin sehe ich die Einmischung eines anderen Volkes, doch Kassil-Nur hat keine Erklärung für die sonderbaren Lichterscheinungen. Zumindest noch nicht.«
»Und wenn es keine gibt?« Seran-Pakor konnte die Zerrissenheit kaum noch ertragen. Intrige oder göttlicher Wille? Manipulation oder Wunder? Er versuchte sich zu entspannen, doch es wollte ihm nicht gelingen. Sein Nacken schmerzte.
Satren-Nor senkte unterwürfig den Schnabel. »Dann werde ich fünfzehn Jahre in das Kloster zur Innersten Einkehr auf Dornarat gehen«, erklärte er ernst.
Die beiden Kridan stiegen in einen Regierungsgleiter ein, der in einem hellen Orange schimmerte. In dem Gefährt saß bereits eine bleiche Saha-Fera. Kiri-Tan stand neben ihr und hielt ihre Klaue. Sie wurden von der gepanzerten Wache des Mar-Tanjaj auf den So-Terns begleitet. Noch ehe Satren-Nor die Tür schließen konnte, quetschte sich Milgor in das Gefährt. »Ich will auch mit! Macht ihr einen Ausflug?« Der Gengo sah sie mit seinen großen feuchten Augen an. »Zu den vielen Leuten?«
Seran-Pakor seufzte. Wie sollte er einem Tier den Ernst der Lage erklären? »Ja«, meinte er resignierend. »Wir machen einen Ausflug. Zu den vielen Leuten. Es könnte gefährlich werden.«
»Gut!« Der Gengo plusterte sich auf. »Ich habe alle Musketier-Filme gesehen. Gefahr ist mein zweiter Vorname!«
Satren-Nor winkte dem Gengo und er hüpfte auf den Schoß des Predigers. Als Saha-Fera seinen Kopf kraulte, stieß er genussvolle Laute aus.
Seran-Pakor beneidete ihn in diesem Moment.
Sie flogen dicht über dem Boden an den Palastgebäuden und Gärten vorbei. Nur wenige Minuten später erreichte das pfeilförmige Vehikel gemeinsam mit den Kridan-Wachen den Platz des Triumphes. Lauter Jubel begrüßte sie, als sie einfuhren. Die Menge teilte sich und bildete eine breite Gasse. Seran-Pakor gab sich keinen Illusionen hin. Als er noch ein Kind gewesen war, hatte das Volk auch ihm frenetisch zugejubelt. Junge Raisa sind heiliger als alte , dachte er düster. Und heute jubeln sie nicht meinetwegen. Sie haben Saha-Fera an meiner Seite entdeckt. Ihr gilt die Aufmerksamkeit.
Schließlich hielt der Gleiter. Der Raisa stieg aus um zur Mitte des Platzes zu gelangen. Dort stand ein großes Podest, das man in aller Eile für ihn aufgebaut hatte.
Seran-Pakor sah sich ungläubig um. Hunderte, nein Tausende von Kridan mussten hier versammelt sein! Sie standen bis in den Park und die Straßen und Gassen hinein. Hinter ihnen ragte die Skyline von Matlanor auf. Wohntürme schraubten sich mit ihren zahllosen Balkonen in den roten Vormittagshimmel. Verkehrslärm hörte man nicht. Entweder übertönte die Masse ihn, oder es fuhr und flog gerade kaum jemand über die Trassen, Straßen und Luftkanäle.
»Er verkündet den Krieg!«, rief ein Kridan aus der Menge. »Er hat das Orakel bei sich und verkündet den Krieg!«
Seran-Pakor fand, dass der unbekannte Rufer nicht wirklich wie ein Kridan klang. Es war wie gestern im Tempel. Er konnte es nicht genau fassen, der Fremde schien eine Art Dialekt zu haben. Oder lag es gerade daran, dass er keinen hatte? Seine Worte klangen perfekt. Zu perfekt.
Auf eine sonderbare Art und Weise bemüht …
Die anderen Kridan schienen es nicht zu bemerken. Neuer Jubel brach aus. Viele Kridan hoben ihre Klauen gen Himmel.
Kass-Feor drängte den Raisa zur Eile. »Kommt auf das Podest, Euer Heiligkeit!«
Der Raisa sah verblüfft, wie der Mar-Tanjaj das Podest in der Mitte des riesigen Platzes noch vor ihm betrat! Eine klare Zuwiderhandlung des Protokolls. Er wollte scharf protestieren, als der Mar-Tanjaj auch schon vor dem Volk zu sprechen begann! Einen Moment verfiel der Raisa in ungläubige Starre über diese Impertinenz. Er sah, dass es Satren-Nor und Milgor neben ihm ähnlich erging. Hinter ihnen blieb Saha-Fera stehen und wartete mit leicht geöffnetem Schnabel. Ihre Schwester wich nicht von ihrer
Weitere Kostenlose Bücher