Sternenfaust - 127 - Tödlicher Angriff (2 of 4)
zu haben. Fell und Gefieder waren bunt und auffällig. Statt mit Tarnung überboten sich die Gattungen mit ihrem Prunk, sodass die Einheimischen dagegen geradezu ausgesaugt und farblos wirkten.
War Grau, Weiß und Schwarz das erstrebenswerte Schönheitsideal in einer Welt voller Farben? Dana musterte die Einheimischen, ihre wohlgeformten hochgewachsenen Körper, wie sie sich elegant vorwärts bewegten, lautlos wie Schatten. Hätte man ihr ein Bild dieser Wesen gezeigt und nach ihrem vermuteten Lebensraum gefragt, sie hätte auf ein Höhlensystem ohne Licht getippt. Doch auch wenn das schon die zweite Merkwürdigkeit war, so fühlte Dana kein Misstrauen.
*
Der Fußmarsch dauerte bereits den halben Tag, doch die Freude über die Rettung ließ die Mannschaft durchhalten. Es war wie bei den Ratten im Versuchslabor. Rettete man einer Ratte aus Wasserbassin A das Leben und zog sie vor den Augen der anderen heraus, so kämpfte der Rest der Tiere fast doppelt so lange ums Überleben wie die Kontrollgruppe in Bassin B.
Doch als die Gruppe der ausgesetzten STERNENFAUST-Mannschaft ein fließendes Gewässer erreichte, war es mit der Tapferkeit vorbei. Taglieri musste seine Stimme als Rear Admiral erheben, um die Gruppe zusammenzuhalten.
Alle Augen waren auf Mary Halova gerichtet, als Dana sie anwies zu fragen, ob man das Wasser trinken könne und dürfe.
Die Sprachexpertin wandte sich erneut an den jungen Fremden, vielleicht, weil er ihr eher im Rang entsprach oder aber weil er einfach nicht so begriffsstutzig wie der Alte war. Und auch wenn Halova und er in ihrer jeweiligen Sprache dabei abwechselnd husteten und plapperten, waren es vielmehr die in den Boden gezeichneten Symbole, über die sie sich mit steigendem Erfolg verständigen konnte.
Die Symbolik hatte sich von einfachen Strichmännchen zu einem komplizierten Wust ausgewachsen. Nebeneinander, übereinander, mal unterstrichen, durchgestrichen, umkreist oder im Bogen miteinander verbunden, gepunktet oder geschwungen – wahrscheinlich eine der leichteren Übungen für jemanden wie Halova, die einer von nur wenigen Menschen war, die Jubar beherrschten, die hoch komplizierte Sprache der J’ebeem.
Für Dana sahen die Konversationsversuche mehr aus, als hätte jemand seine Finger kreuz und quer über den Boden gezogen. Doch am Ende der seltsamen Konversation strahlte Mary Halova wie ein Kind nach dem Besuch im Spielzeugladen.
»Ningihu fragt, ob er auch meinen Namen erfahren dürfte«, sagte die Kryptologin. »Gestatten Sie mir zu antworten, Captain?«
»Ningihu?«, wiederholte Dana und hob eine Braue. »Ich sehe vorerst kein Problem darin, unsere Namen preiszugeben. Allerdings sollten Sie Rangbezeichnungen oder Details über die Mannschaft und ihre hierarchische Struktur unerwähnt lassen.«
»Natürlich, Captain … Ma’am.« Mary Halova lächelte verlegen, deutete auf sich selbst, malte ein weiteres Zeichen in den Sand und sprach ihren Namen langsam laut aus.
Wie von selbst schob sich die Szene eines historischen Abenteuerfilms in Danas Bewusstsein und brachte sie zum Schmunzeln. Ich Tarzan, Du Jane.
Noch beim ersten Licht des Tages hatten sie und ihre Crew den Tod vor Augen gehabt und jetzt spazierte sie durch eine Oase, die wie der Vorgarten zum Paradies wirkte.
»Ningihu sagt, dass das Wasser in Ordnung ist und dass Häuptling Javarhi uns einlädt, es mit seiner Trinkschale zu schöpfen«, übersetzte Halova das Ergebnis des Austausches.
Dana sah zu Taglieri. Auch wenn sie das Kommando über die Crew führte, war es an ihm die repräsentativen Aufgaben zu übernehmen und in der Rolle des obersten Kommandoführers dem Häuptling entgegen zu treten. Der Admiral schien ihren Blick zu verstehen, nickte ihr leicht zu und trat dem älteren Eibenartigen gegenüber, verneigte sich und nahm die ihm dargebotene Schale mit beiden Händen entgegen.
Dana wartete ab, bis er das Gefäß ins Wasser getaucht und den ersten Schluck getrunken hatte, dann gab sie dem Rest der Mannschaft ein Zeichen, sich ebenfalls zu bedienen. Sofort war das Ufer überfüllt mit knienden, schlürfenden und seufzenden Männern wie Frauen.
Und auch Dana wollte nicht länger warten. Wasser konnte so unglaublich gut schmecken. Nie war es ihr so süß, so erfrischend, so belebend und wohltuend vorgekommen. Auch wenn ihr Magen sich im ersten Moment verkrampfte, wenn ihre geschwollene Zunge schmerzte und sich ihre Nasenschleimhäute noch immer ausgedorrt anfühlten, allein das Wissen,
Weitere Kostenlose Bücher