Sternenfaust - 134 - Die Wahrheit über Dana Frost
anderen sind weg.«
Dana Frost versteifte sich. Augenblicklich raste ihr Puls wieder.
»Was?«, hörte sie sich leise flüstern. Die Stimme, die offenbar zu ihr gesprochen hatte, war von oben gekommen. Sie war nur wenige Meter entfernt.
»Eine Flucht ist sinnlos. Sie können hier nicht raus.«
Gehetzt blickte Dana um sich. Schweißperlen liefen ihr über den Nacken, den Rücken hinab. Das synthetische Material ihrer Kleidung saugte die Flüssigkeit sofort auf und leitete sie an die textile Oberfläche, wo sie sich verflüchtigen konnte.
Die Worte – diese Stimme – sie klang fast ein wenig … kindlich!
Danas Blick richtete sich von ihr aus gesehen nach rechts zur beleuchteten Raumhälfte. Da, ganz hinten an der Wand, zeichneten sich vor dem hellen Hintergrund undeutlich zwei Beine ab.
Es war jemand im Raum! , durchfuhr es Dana. Als ich hereinkam! Es war schon jemand hier drin! Ich habe ihn übersehen!
»Sie können ruhig aufstehen«, forderte die Stimme, und Dana sah, wie sich die Beine desjenigen, der sie bei ihrem Versteckspiel die ganze Zeit über beobachtet, aber doch nicht eingegriffen hatte, auf sie zu bewegten. »Ich habe Sie schon gesehen, als Sie reinkamen.«
*
Das war’s dann wohl , dachte Dana resignierend und kroch unter dem Tisch hervor. Die lächerlichste Flucht ihres Lebens. Gescheitert, noch bevor sie begonnen hatte.
Noch während sie aufstand, fragte sie sich, wie ihr ein so fataler Fehler hatte unterlaufen können. Ein kurzer Augenblick der Unaufmerksamkeit, der nun alles zunichtemachte.
Als sie ihren Blick auf denjenigen warf, der sie entdeckt hatte, hätte sie vor Überraschung beinahe aufgeschrien.
Ein Kind!
Vor ihr stand ein Junge. Dana schätzte ihn auf etwa 13 oder 14 Jahre. Er hatte silberblonde Haare und blassgrüne Augen, die kalt und ein wenig überheblich zu dem ehemaligen Captain der STERNENFAUST hinaufsahen.
Wenn man mich schon Eisbiest nennt , dachte sie in einem Anflug von schrägem Humor, dann müsste man der Arktis den Namen dieses kleinen Kerls geben.
Der Junge blickte sie nur stumm an. Er wirkte fast gelangweilt. Offenbar war er sich seiner ausdruckstarken Haltung bewusst und konnte darüber hinaus einschätzen, dass ihn Dana widerstrebend trotzdem als »schön« bezeichnen musste. Die rosige, makellose Gesichtshaut schien im Halbdunkel fast zu leuchten und gab ihm etwas Ätherisches.
Dana räusperte sich. »Und jetzt?« Sie sah den Jungen fragend an.
»Wir sollten uns setzen«, näselte der Junge und wies auf die Stühle an den Tischen. Er zog sich einen davon heran und ließ sich im Abstand von etwa zwei Metern vor Dana nieder.
Sie tat es ihm gleich. Schweigend saßen sie voreinander und taxierten sich mit abschätzigen Blicken.
Glänzende Synthetikstoffe und einfache Muster, man sieht nichts anderes mehr , ging es Dana durch den Kopf. Der Junge war gekleidet wie die meisten Jugendlichen in den Solaren Welten. Sie hatte nicht gedacht, dass die jungen Leute auf den Genetics-Welten den gleichen Geschmack hatten.
Trotz seines offensichtlich geringen Alters machte er den Eindruck eines Schönlings, der sich aufgrund seines Auftretens und Aussehens alles erlauben konnte.
Der Junge räusperte sich. »Das war dumm!«, bemerkte er beinahe beiläufig.
Dana sah in fragend an. »Was meinst du?«
»Deine Flucht. Dumm. Es amüsiert mich, dass du davon ausgegangen bist, jemals eine Chance zu haben, dieser Einrichtung zu entkommen.« Er lachte leise und schlug die Augen nieder. »Zugegeben, dieses Gebäude macht nicht den Eindruck, als wäre es ein Hochsicherheitsgefängnis.«
»Was machst du hier?«, wollte sie nach etwa einer halben Minute des Schweigens wissen. »Wer bist du, und woher wusstest du, was ich vorhatte?«
»Zuerst einmal: ich bin Daniel«, sagte er unvermittelt. »Ich warte hier auf meine Ärztin. Und herauszufinden, warum du hier so plötzlich aufgetaucht bist, ist nun wirklich eine meiner leichtesten Übungen.«
Dana fuhr aus ihrem Stuhl hoch. Eine Ärztin war schon auf dem Weg hierher! Sobald die Frau sie hier drin erblicken würde, war es endgültig aus. Sie musste das Zimmer verlassen, schnell!
»Du kannst dich wieder setzen«, sagte Daniel ruhig. Unverhohlener Spott klang in seiner Stimme mit, die noch kurz vor dem pubertären Stimmbruch zu stehen schien.
Deswegen war es Dana vorhin auch so schwer gefallen, sie einzuordnen. Sie hatte einfach nicht mit einem Kind an einem Platz wie diesem gerechnet.
»Die Ärztin wird nicht kommen.
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