Sternenfaust - 136 - Flammenschert (2 of 2)
traktierte die Öffnungstaste. Nichts rührte sich.
»Komm schon, komm schon, komm schon«, murmelte er vor sich hin und drückte immer wieder auf den Schalter. Die effiziente Ressourcen-Verwaltung der Station erlaubte keinerlei Verschwendung. Das schloss auch die Atemluft ein: Das Schott konnte erst dann geöffnet werden, wenn die Schleusenkammer völlig leer gepumpt war.
»Komm schon, verdammt!« Abermals schlug von Schlichten gegen den Schalter. Er sah sich nach Baxter um, der sich soeben hochrappelte. Sein Gesicht hinter der Klarsichtscheibe sah schon wieder gesünder aus.
»Geht’s, Baxter?«
»Ich denke schon, Professor«, erklang es aus von Schlichtens Helmlautsprecher.
»Na endlich!« Von Schlichten drängte sich durch den Spalt des zurückgleitenden Schotts. Und sogleich unterlag er nicht mehr der künstlichen Gravitation des Kontrollgebäudes. Er war nun über die Hälfte leichter als auf der Erde und bewegte sich mit einer Mischung aus Schritt und Sprung auf den Stellplatz der beiden Orbital-Shuttles zu. Dabei hob er den Kopf und blickte in den gelblich-düsteren Himmel von Waste Chunk. Er sah aus wie immer.
Nach dreißig Metern hatte er den Shuttle-Platz erreicht und machte sich sofort an der Schleuse der näher gelegenen Fähre zu schaffen. Im Gegensatz zum Kontrollgebäude verfügte das Shuttle über einen sogenannten Notfall-Dekompressions-Modus. Hierbei wurden Außen- und Innenschott gleichzeitig geöffnet, was zwar das komplette Entweichen der Schiffsatmosphäre zur Folge hatte, im Notfall aber eben einen sofortigen Einstieg ermöglichte.
Über das Außenmikro seines Druckanzugs hörte von Schlichten, wie die Luft herausschoss. Er drehte sich etwas zur Seite, da der Druck des strömenden Gases nicht unerheblich war.
»Na los, Baxter«, wandte sich der Professor an den Ptolemäer, der erst die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte. »Auf Waste Chunk könnten Sie tanzen wie eine Prima Ballerina, und doch sehe ich keinerlei Anmut in Ihren Bewegungen.«
»Spotten Sie nur, Professor«, keuchte Baxter. »Wieso machen wir das?«
»Weil Ihre Familie Sie wiedersehen möchte.« Von Schlichten wandte sich um und kletterte in die Fähre. Durch das geöffnete Innenschott trat er in den Mittelgang und bewegte sich leichten Schritts zum Cockpit. Er ließ sich in den Schalensitz des Copiloten fallen und – so viel wusste er immerhin von der Funktionsweise eines Shuttles – betätigte das Sensorfeld, das die allgemeine System-Initiierung auslöste, wozu auch die Vorwärmung der Triebwerke zählte. Eine leichte Vibration durchlief das kleine Schiff. Wegen der kaum vorhandenen Atmosphäre gab es nur ein abgedämpftes Geräusch, doch gab es nichts, was von Schlichten in diesem Moment lieber gehört hätte. Er suchte den Notfall-Dekompressions-Schalter, der sich gleichfalls im Cockpit befinden musste und jetzt, da die Schotts geöffnet waren, für deren Schließung sorgen würden.
Na also – da ist er ja …
Der Professor wartete, bis er Baxters Schritte im Mittelgang hörte, die aufgrund der dünnen Atmosphäre zwar ebenfalls leise, aber doch vernehmbar waren. Von Schlichten betätigte den Schalter, und drei Sekunden später zeigte ein grünes Lämpchen an, dass die Fähre versiegelt war.
»Beeilen Sie sich, Baxter. Wir müssen hier weg.« Von Schlichten spähte durch das Cockpit-Dach aus transparentem Stahl – der Himmel über Waste Chunk sah aus wie immer.
Der Ingenieur von Hegel III hangelte sich in den Pilotensitz. Die ungewohnte und belastende Bewegung im Druckanzug forderte ihn stark. Er war außer Atem.
»Bringen Sie uns hier weg, Baxter.«
»Zwei Minuten«, keuchte der Wissenschaftler. Sein Blick war auf die Systemstatus-Anzeige gerichtet, die noch nicht auf Grün umgeschaltet hatte. »Was soll das alles, Professor?« Baxter drehte den Kopf im mächtigen Helm und fixierte seinen Vorgesetzten.
»Schaffen Sie es, diese Kiste zu belüften, damit wir diese etwas unkomfortablen Helme absetzen können?«
»Bitte, Professor …«
»Das Kontrollzentrum für die Fixstrom-Generatoranlage auf Waste Chunk können wir abschreiben.«
»Sie glauben …«
»Ich bin mir sicher.«
»Und die anderen?«
»Es gibt ein zweites Shuttle.«
»Wir reden von fünfzig Leuten! Das Shuttle fasst nur vierzig!«
»Fünfzig Leute werden es nicht schaffen – die Schleuse ist zu klein. Wenn sie sich quetschen, passen vielleicht zehn Menschen rein. 50 durch 10 sind 5. Und 5 mal 8 Minuten für Dekompression und
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