Sternenfaust - 166 - Invasionsstufe Zwei
Wanagi keine Handbreit.
Natürlich: Die Wanagi hatten den Menschen bislang nicht geschadet. Im Gegenteil. Sie hatten zum Beispiel die Sedna-Krise beendet. Auf Sedna befand sich die Forschungsakademie des Großkonzerns Far Horizon , und in einer dortigen Abteilung war man eher fragwürdigen militärtechnischen Forschungen nachgegangen. Durch einen Unfall war ein Biokampfstoff freigesetzt worden, der viele Wissenschaftler infiziert hatte.
Die Wanagi hatten eine Sonde nach Sedna geschickt, und eine Art Kampfroboter hatte das Gegenmittel überreicht.
Diese Bastarde , dachte Vince Taglieri. Sie haben uns ein Geschenk überreicht, ein Geschenk, das einen Biokampfstoff neutralisierte, gegen den die eigenen Erfinder machtlos waren. Sie haben damit drei Dinge bewiesen. Zum einen ihr überragendes Wissen und ihre Kenntnis von strenggeheimen Vorgängen im Sonnensystem. Zum anderen, dass ihre Kampfroboter nichts und niemand stoppen kann. Und schließlich, dass selbst unsere modernsten Kampfstoffe nichts gegen sie ausrichten könnten.
Sie haben uns zu kleinen Kindern gemacht. Wir waren die Zauberlehrlinge, die mit verbotenem Wissen spielten, und sie die Meister, die mit einem Handstreich alles in Ordnung bringen konnten.
Seitdem hatten die Wanagi keine Möglichkeit ungenutzt gelassen, ihre Muskeln spielen zu lassen. Und Vince war bislang nichts anderes übrig geblieben, als die »Geschenke« der Wanagi freudig zu akzeptieren.
Sedna war dabei nur der Anfang gewesen.
Vince seufzte. Mit dem Finger auf dem Daten-Pad zappte er sich durch die Video-Kanäle. Als er Walter Gregorovitch, den CEO von Far Horizon , erblickte, stoppte er.
Diese Made überlebt auch alles , dachte Vince grimmig.
»Es ist nicht nur absurd und technisch unmöglich, es ist auch unmoralisch«, hörte er die Stimme des Far-Horizon -Geschäftsführers und lachte laut auf. »Was weißt du denn von Moral, Gregorovitch?«
Es war unglaublich, welche Skandale Walter Gregorovitch in seinem Leben schon überstanden hatte. Und immer wieder hatte es groß angelegte Untersuchungen gegeben, die aber irgendwann alle im Sande verlaufen waren. Am Ende fehlten stets die Beweise. Im Konzern selbst rollten die Köpfe von ein paar Bauernopfern, während Gregorovitch an seinem Posten klebte.
Wenigstens ist er nicht länger Ratsmitglied für Wissenschaft und Bildung.
Das Gesicht des kleinen, untersetzten Gregorovitch lief jetzt rot an, und er begann, immer heftiger zu gestikulieren.
»Sind Ihnen die Gesundheitszentren der Wanagi nicht vielleicht deshalb ein Dorn im Auge, weil der pharmazeutische und medizintechnische Zweig des Far Horizon -Konzerns um seine Gewinne bangen muss?«, fragte der Journalist mit überheblichem Lächeln. »Wenn die Wanagi alles und jeden geheilt haben, wer soll dann noch die pharmazeutischen Produkte von Far Horizon kaufen?«
»Das ist eine enttäuschende Unterstellung«, antwortete Gregorovitch und blinzelte, so als hätte er Sand in seine kleinen Knopfaugen bekommen. »Dann könnten Sie mir auch unterstellen, ich würde mich über neue Epidemien und Krankheiten freuen, weil dann die Geschäfte gut laufen. Zumal der medizinische Bereich nur ein winziger Teil von Far Horizon ist. Was ich sage, ist doch Folgendes: Die Versprechen der Wanagi wirken unseriös.«
»Bislang ist keine einzige Krankheit bekannt, die von den Wanagi nicht geheilt werden konnte. Die Antragsliste der Kranken ist so lang, dass eigens eine Vergabebehörde eingerichtet werden musste, mit einem eigens ausgetüftelten Wartestufen-System. Die bislang errichteten drei Orbitalzentren scheinen jedenfalls hinten und vorne nicht auszureichen.«
Vince spürte, wie sich bei diesen Worten sein Magen verkrampfte. Das hörte er nun seit Wochen: Die drei Orbitalzentren der Wanagi würden nicht reichen.
Und der Einzige, der zur Vorsicht mahnte, war ausgerechnet Walter Gregorovitch, ein Mann, dem man sicher nicht zu Unrecht egoistische Motive unterstellte, wenn er nun Bedenken vortrug. »Gregorovitch, du Narr! Du spielst deinen Gegnern die Argumente zu! Es heißt jetzt schon, die großen Medizin- und Pharma-Konzerne würden nur deshalb gegen die Wanagi Stimmung machen, damit ihnen die Geschäfte nicht verdorben werden.«
»Die Wanagi behaupten, dass sie die Toten wieder ins Leben bringen können!« Walter Gregorovitch hatte dabei theatralisch die Hände gehoben.
»Ich sage nur Jan Theodopolos«, kam die Antwort.
»Und ich sage nur: Betrüger! Ich bitte Sie! Von den Toten zurückkehren.
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