Sternenfaust - 166 - Invasionsstufe Zwei
werden. Unsere Vorfahren haben für diese Erkenntnis sehr bitter bezahlen müssen.«
*
GRALASH, 10,3 Lichtjahre von der J’ebeem-Kolonie Ebot-Mar entfernt, 16. September 2272,11.58 Uhr
Zu Beginn hatte Stefoor noch alles getan, um nicht aufzufallen. Er war in Reih und Glied gegangen, meist einem der anderen Gefangenen hinterher. Er hatte nicht aufgeblickt, nicht beschleunigt, sich nicht gekratzt …
Einige J’ebeem reparierten irgendwelche Maschinen. Er sah sogar ein kleines J’ebeem-Mädchen, das mit einem digitalen Messgerät an einer Maschine hantierte, so, als wäre es ein ausgebildeter Techniker.
Bald schon hatte Stefoor erkannt, dass die J’ebeem ihre Anweisungen offenbar irgendwie mental erhielten. Daher wusste er auch nicht, was man von ihm verlangte.
Mit der Zeit war er mutiger geworden. Er hatte einige J’ebeem angesprochen, doch erfolglos. Sie sahen regelrecht durch ihn hindurch. Wenn er versuchte, sie festzuhalten, wehrten sie ihn träge ab, oder sie warteten einfach, bis er sie wieder losließ.
Der Gestank war nach wie vor grauenvoll. Einmal hatte er einen Wasserspender entdeckt und sich fast erbrochen, so bitter und metallisch hatte die stinkende Flüssigkeit geschmeckt. Aber es half nichts, und selbst wenn es Gift war, sein Körper brauchte Flüssigkeit.
Um seine Notdurft zu verrichten, war ihm auch nichts anderes übrig geblieben, als sich in eine Ecke zurückzuziehen.
Immer wieder hatte Stefoor nach oben zu diesem J’erde gesehen. Und mehr und mehr war er davon überzeugt, dass dieser J’erde nicht zu den Beeinflussten gehörte. Der Fremde schien das Geschehen nur zu betrachten und gab zwischenzeitlich immer wieder etwas in eine Schaltfläche vor sich ein.
So also steuerte der J’erde den Arbeitsprozess. Er lenkte die Marionetten.
Schließlich entdeckte Stefoor kleine Seitenaufzüge. Sie reichten gerade mal für eine Person, die sich dabei auf einen fußbreiten Steg stellen musste.
Doch so etwas wie einen Schalter, um den Aufzug in Bewegung zu setzen, fand Stefoor nicht. Ab und zu transportierten die schmalen Plattformen jemanden nach oben oder unten, doch auch bei diesen Benutzern konnte er nicht erkennen, wie diese die Aufzüge aktivierten.
Seltsamerweise lagen mehrere Waffen unbewacht am Boden verstreut. Es gab wohl keinen Grund, sie wegzusperren, da die Sklaven ohnehin keinen eigenen Willen hatten.
Schließlich hob Stefoor etwas vom Boden auf, das ihn an eine j’ebeemsche Drachenlanze erinnerte. Die Klinge glänzte bläulich, und Stefoor meinte, sich daran erinnern zu können, dass die Morax diese Waffen Monoklingen nannten. Klingen, deren Schneide angeblich nur ein Molekül dick war und die daher jegliches Metall durchtrennen konnten.
Dann stellte Stefoor sich mit pochendem Herzen auf eine der Plattformen und hoffte, dass sie ihn irgendwann nach oben beförderte.
Doch nichts geschah.
Stefoor presste sich gegen die Wand, um nicht gesehen zu werden. Wann würde es wohl auffallen, dass er nicht zu den mental Beeinflussten gehörte?
Mit zittrigem Atem warf er einen Blick auf seine Hände. Die Venen pulsierten und änderten dabei in Wellen die Farbe. Manchmal sah es so aus, als würden unter seiner Haut kleine Grelak-Insekten durch die Adern kriechen.
Dies mussten irgendwelche Naniten-Komplexe sein. Es handelte sich wohl um die Substanz, die man ihm auf dem Fließband injiziert hatte und die bei den anderen zum absoluten Verlust der Selbstkontrolle führte. Er hatte die gleiche Injektion erhalten, nur war er von dem Effekt verschont geblieben.
Noch immer wartete Stefoor darauf, dass sich der Aufzug in Bewegung setzte.
Er würde nur einen Versuch haben, um den J’erde anzugreifen. Wenn er versagte, hatte er sein Leben verwirkt.
Fast wünschte sich Stefoor, die Plattform würde ihn noch sehr lange dort unten warten lassen.
Je länger, je besser.
Dann wieder hoffte er, es so bald wie möglich hinter sich zu bringen.
Als Stefoor für einen kurzen Moment die Augen schloss, merkte er, wie unendlich müde er war. Er dachte an zu Hause. An sein Zimmer mit all den Drachenbildern an den Wänden. An die Abendessen mit seiner Großmutter. An seine Lieblings-Files in den Datennetzen.
Das alles schien unwirklich geworden zu sein, wie aus einem anderen Leben, zu dem es keine Rückkehr mehr gab.
Plötzlich setzte sich die Plattform in Bewegung. Der Ruck kam so unvermittelt, dass Stefoor fast herunterfiel, doch im letzten Moment fand er sein Gleichgewicht wieder.
Sein
Weitere Kostenlose Bücher