Sternenfaust - 169 - Hakaamya upo (2 of 2)
bemerkte Yonar, wie die kreisrunden Formen sich langsam abflachten und zu Ellipsen wurden. Der Vorgang lief weiter, bis sich die Objekte extrem abgeflacht hatten und schließlich nur noch als schwarze, vertikale Striche erschienen. Im nächsten Augenblick waren diese schwarzen Striche verschwunden.
»Sind die Schiffe weggesprungen?« , wollte Yonar wissen.
»Ich vermute nicht« , antwortete Meehrenbargher. »Wir wissen nicht viel über die Heimat der Kad’Chie. Aber dass sie sich physikalisch etwas anders ausnimmt als unsere Region des Überraums, das scheint sicher zu sein.«
Plötzlich wurden die sieben vertikalen Striche wieder sichtbar.
»Da sind sie …« , flüsterte Meehrenbarghers Mentalstimme.
Die Striche dehnten sich mittig aus, wurden zu Ellipsen und schließlich wieder zu perfekten Kreisen.
Dann begannen sie, sich wieder abzuflachen.
»Offenbar ein periodischer Vorgang« , erkannte Yonar.
Plötzlich begannen sämtliche Anzeigen und Kontrollleuchten in der Kugelzentrale verrückt zu spielen. Yonar zuckte unwillkürlich zusammen. Die verschiedenen Monitore wechselten ihre Anzeigen im Millisekundentakt, sodass ein stroboskopartiges Lichtgewitter die Zentrale durchflutete. Ein Impuls von Schmerz und Angst erreichte Yonar, der im selben Augenblick erkannte, dass es das Schiff war, das litt und sich fürchtete. So jäh das Lichtchaos eingesetzt hatte, so abrupt kam es wieder zum Stillstand. Es schien, als ob gar nichts geschehen wäre, doch Yonar wusste, dass die Kad’Chie Einfluss auf das Kristallschiff genommen hatten.
Plötzlich vernahm Yonar in seinem Rücken ein Knistern und wirbelte herum. Auf einem anderen – kleineren – Monitor erschien eine schemenhafte Gestalt, die aus weiß schillerndem und teils perlmuttfarbenem Licht zu bestehen schien. Ihre Umrisse veränderten sich kontinuierlich, doch indem Yonar länger hinsah, erkannte er, dass die Gestalt nicht eigentlich amorph war, sondern vertraute Gliedmaßen aufwies und damit als alendeioid bezeichnet werden konnte.
»Ein Schiff der Basiru-Aluun!« , erklang es plötzlich in der Mentalsphäre von Yonar und Meehrenbargher. »Was ist eure Aufgabe, Basiru-Aluun? Ist es die, Neugier zu entwickeln und in das Reich der Kad’Chie einzudringen?« Die Mentalstimme des Kad’Chie klang seltsam mechanisch und abgehackt.
»Dies ist nicht unsere Aufgabe« , antwortete Meehrenbargher, und Yonar erschrak aufs Neue, denn die befehlsgewohnte Mentalstimme des Basrul hatte einen anderen Klang angenommen, einen Klang, den Yonar niemals zuvor bei Meehrenbargher vernommen hatte. Es war, als ob sich der Basrul mental … duckte.
»Wir Basiru-Aluun wissen, was unsere Aufgabe ist« , fuhr Meehrenbargher fort, »doch es haben sich Dinge ereignet, die uns daran zweifeln lassen, ob wir unserer Aufgabe zukünftig noch gerecht werden können.«
»Sprich, Basiru-Aluun!«
»Im untergeordneten Raum sind Sphären erschienen. Sphären, die Bosheit, Vernichtung und Wahnsinn ausstrahlen. Eines unserer Hilfsvölker, die Alendei, droht, daran zugrunde zu gehen. Und wir Basiru-Aluun, die das Erbe der Erhabenen zu wahren haben, sind machtlos. Wie sollen wir künftig den Auftrag der Erhabenen erfüllen?«
Es blieb still im mentalen Äther. Die Gestalt des Kad’Chie fluoreszierte, ihre andeutungsweise erkennbaren Arme und Beine zogen sich langsam zu Klumpen zusammen und verlängerten sich ebenso langsam wieder zu gliedmaßen-ähnlichen Gebilden.
Yonar fühlte plötzlich eine entsetzliche Angst – ein Gefühl, das ihm eigentlich fremd war, und von dem er nicht sagen konnte, woher es kam und weshalb es ihn ergriff. Er hob den Kopf und nahm jenen glitzernden Trabanten in den Blick, zu dem Meehrenbargher geworden war. Der funkelnde Ball war zum Stillstand gekommen – auf Höhe des Bildschirms, auf dem der Kad’Chie zu sehen war. Yonar senkte seinen Blick wieder und fokussierte die gleißende Erscheinung auf dem Monitor. Weshalb schwieg der Kad’Chie? Wie lange wollte er noch schweigen?
Und dann kam die Antwort.
»Der Auftrag, den ihr Basiru-Aluun erhieltet – er kam von uns.«
Yonar wurde schwindelig.
Er suchte nach Halt, den es nicht gab. Er ruderte mit den Armen und musste sich schließlich auf seine Knie niederlassen, um nicht umzufallen.
Ein flackerndes Licht durchzuckte die Zentrale – es kam vom Meehrenbargher-Trabanten, der wie das Bild einer gestörten Video-Übertragung wirkte, der durchsichtig wurde, als ob er nur zur Hälfte im Überraum beheimatet wäre.
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