Sternenfaust - 171 - Die Ritter der GRAFSCHAFT
Nacht war nur der NRP-Trainer { * } auf dem 3-D-Monitor aktiv, der Nachtaktive im Studio begrüßte. Sandrine hatte bisher nur einmal mitten in der Nacht trainiert. Damals hatte sie nicht schlafen können.
Spaß hatte es keinen gemacht.
»Hast du vielleicht Lust …«, begann sie. Mit einem Mal fehlten ihr – der, wie sie von sich überzeugt war, schlagfertigsten Person ihres Jahrgangs – die Worte.
»Ja, gerne.« Cody blickte sie direkt an.
»Du weißt doch gar nicht, was ich sagen wollte.« Sie grinste. In ihrem Inneren verspürte sie, wie bei jedem Treffen mit Cody, dieses wunderbare Kribbeln. Seine Augen glichen zwei graublauen Diamanten, die im Licht des Studios funkelten.
Ein Schweißtropfen löste sich von Codys Stirn und rann über sein Gesicht.
Beide blickten sich einfach nur an, sprachen kein Wort, ließen die Sekunden verstreichen. Ihre Nase kitzelte, Codys Handtuch löste sich von seiner Schulter und fiel zu Boden – alles wurde bedeutungslos.
Warten ist für Verlierer , ging es ihr durch den Kopf.
Langsam beugte sie sich nach vorne. Cody regte sich nicht.
Als ihr Gesicht nur noch wenige Zentimeter von seinem entfernt war, hielt sie kurz inne und schloss die Augen. Schließlich beugte sie sich weiter vor. Zaghaft berührte sie seine Lippen. Ihre Sinne waren mit einem Mal übersensibel. Sie roch seinen Duft, eine Mischung aus Schweiß und zurückgebliebenem Duschgel. Seine Lippen waren rau, aber sanft.
Cody begann, den Kuss zu erwidern, und Sandrine ließ sich innerlich fallen.
*
Merkur, Goethe-Krater
Hauptquartier der GalAb
24. Januar 2273, 08.35 Uhr
Commander al Khaled fuhr sich über die trüben Augen. Dana konnte es ihm nicht verdenken. Auch sie bemerkte ihr Schlafdefizit. Vor ihr stand ein Becher mit einem heißen Syntho-Drink.
Sie nahm einen großen Schluck. Kaffeearoma! Es war widerlich, kein Vergleich zu echtem Kaffee. Doch den gab es hier auf dem Merkur natürlich nicht. Aber in der Not oder besser gesagt in der Übermüdung fraß der Teufel Fliegen.
»So eine verdammte Schlamperei«, fluchte ihr Gegenüber zum unzähligsten Mal.
Die Waffenrepliken im unterirdischen Domizil von Jason Meyer waren mehrfach gescannt worden. Aber die Scanner hatten die Präparierung nicht bemerkt.
Und auch die Bombe, die das Domizil Jason Meyers in ein Trümmerfeld verwandelt und drei GalAb-Spezialisten schwer verletzt hatte, war unbemerkt geblieben. Es glich einem Wunder, dass die Explosion kein Leben gekostet hatte.
Captain Mulcahy war jedoch noch nicht außer Gefahr. Gemeinsam mit Commander al Khaled hatte sie ihren Offizier aus dem Raum geschleift, der nach dem Treffer aus der Nadler-Replik bewusstlos zusammengebrochen war. Offenbar war Captain Mulcahy mit etwas infiziert worden.
Danas Blick glitt zu einem der Monitore. Sie wusste, Dr. Kutessa würde sich melden, sobald es Neuigkeiten über den Zustand des Captains gab.
»Zuerst der Anschlag auf den Future-Tower, dann die Ermordung von Jason Meyer«, murmelte Dana. Sie nahm einen weiteren Schluck und unterdrückte ein Schütteln. »Ich verstehe nur nicht, was der weitere Anschlag zu bedeuten hat. Wollte der Täter seine Spuren verwischen? Oder glaubt der Angreifer, Captain Mulcahy weiß, wo sich Esau befindet?«
»Vielleicht war es lediglich die Absicht des Killers, seine Macht zu demonstrieren«, schlug Commander al Khaled vor. »Oder er wird sich demnächst bei Captain Mulcahy melden. Sind Sie wirklich überzeugt davon, dass er nichts vom Aufenthaltsort Esaus weiß?«
Dana setzte den Becher ab, erhob sich und beugte sich nach vorne. »Ehrlich gesagt: Es ist lange her, dass ich von etwas wirklich überzeugt war. Aber ich zweifle nicht an der Loyalität von Captain Mulcahy. Die Antwort lautet also: Ja, ich bin mir sicher!«
Commander al Khaled winkte ab. »Schon gut, Sie wissen, ich musste diese Frage stellen. Aber ich sehe das genau wie Sie. Meine Vermutung ist auch eine andere: Der Killer will Sie.«
»Mich?« Dana lachte auf. »Was sollte er von mir wollen? Ich kann Ihnen versichern, ich bin kein Ritter. Ich habe sogar das Gefühl, weniger zu wissen als alle anderen.«
»Aber Sie verfügen über eine Menge Ressourcen«, erklärte der GalAb-Chef. »Und Sie vertrauen – wie Sie eben selbst sagten – Captain Mulcahy. So sind Sie leicht unter Druck zu setzen. Was würden Sie nicht alles tun, um sein Leben zu retten?«
»Ich würde vor allem alles daran setzen, den feigen Killer zu finden.«
Commander al Khaled runzelte
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