Sternenfaust - 177 - Verräter unter uns!
erreichte.
Sie wusste zwar nicht einmal, wer der Feind war, aber wenn sie nicht wie Jacob enden wollte, hatte sie nur noch eine Chance: Sie musste an die Öffentlichkeit gehen. Und sie kannte nur einen, der ihr dies ohne großes Nachfragen ermöglichen würde, auch wenn sie sich dafür am liebsten auf der Stelle geohrfeigt hätte: Rewen!
*
Schwerer Kreuzer HELSINKI
Lieutenant Cristina Silva saß auf ihrem Platz als Rudergänger der HELSINKI und hörte Captain Davidson zu, wie er den Countdown auf dem Hauptbildschirm mitzählte.
»Fünf«, sagte er.
»Fünf«, echote eine leise Stimme in ihrem Kopf.
»Vier – drei – zwei …«
»Zwei«, wisperte zeitversetzt das Echo.
»Eins«, sagte der Captain. Auf dem Hauptbildschirm liefen die Hundertstelsekunden herunter, blieben bei Null stehen. »Austritt aus dem Bergstrom-Raum.«
»Ruder, haben wir ein Problem mit dem Bergstromantrieb?«, fragte Captain Davidson. »Es schien mir, als wäre der Übertritt in den Normalraum verzögert erfolgt.«
»Negativ, Sir«, antwortete Cristina. »Aber ich checke das sofort.«
»Ortung! Wie ist der Status?« Captain Davidsons Befehle hallten durch die Zentrale des schweren Kreuzers.
»Die gigantische Staubscheibe um die Wega erschwert die Ortung, aber ich messe keine Schiffe an, nicht einmal feindliche.«
Cristina schüttelte den Kopf. Der Ortungsoffizier wollte wohl wieder um jeden Preis witzig sein.
»Funksignale?«
Lieutenant Commander Burgs hob den Kopf von seiner Funk-Konsole. »Nein, Sir.«
»Ruder?«
»Ja, Sir?«
»Flugvektor beibehalten, bereit machen für jederzeitigen Sprung in den Bergstrom-Raum, kein Bremsmanöver!«, befahl der Captain.
»Negativ, Sir«, sang die leise Stimme in Cristinas Kopf.
»Verstanden, Sir!«, sagte sie laut. Mit einer fließenden Bewegung zog sie den Nadler aus dem Stiefel und drehte ihren Stuhl zu den Offizieren.
»Ko-Geky!«, rief sie und streckte den Ersten Offizier nieder.
Vier weitere gezielte Schüsse – vier weitere Treffer.
Captain Webber J. Davidson starrte sie aus großen Augen an, während er zusammensackte.
»Das kann ich nicht zulassen, Captain!« Cristina schüttelte den Kopf und feuerte sicherheitshalber noch einmal.
Mit einem Fingerdruck auf ihr Display aktivierte sie die Kurskorrekturen für das Bremsmanöver. Zugleich aktivierte sie ihr Destruktionsprogramm für sämtliche schiffsinternen Sicherheitsprotokolle.
Aus einem Fach unter ihrem Sitz zerrte sie einen zusammengefalteten Spacesuit und legte ihn in Windeseile an. Noch ehe beide Arme im Anzug streckten, eilte sie zu Captain Davidsons Konsole, schnallte sich fest und hämmerte Befehle in den Touchscreen.
Zentrale verriegeln.
Lebenserhaltungssystem abschalten.
Schleusen öffnen.
Schwerkraft deaktivieren.
Notfall ausrufen.
Die Alarmanlage heulte los und wurde sekündlich leiser, weil die Luft in den freien Weltraum entwich. Das Sterben in der HELSINKI begann.
»Gut gemacht, Nummer Sieben«, schnurrte die Stimme in ihrem Kopf.
*
Wega IV
Egal, welche Schleichwege Margaret auch nahm, überall patrouillierten Polizisten. Hoffentlich suchten sie nicht nach ihr, und es war nur Einbildung wie beim Gleiterkauf. Sobald man ein Modell von Space Dynamics anschaffte, sah man in den folgenden Wochen nur Fluggeräte der gleichen Marke, ehe sich das Ganze wieder normalisierte.
Für zwei Stationen hatte sie die U-Bahn genommen. Eigentlich hatte sie U-Bahnhöfe wegen der vielen Überwachungsdrohnen meiden wollen, aber als zwei Polizeitrupps aus gegenüberliegenden Richtungen auf sie zugekommen waren, war ihr nur der Lift in die Tiefe als Ausweg geblieben.
Zum Glück war ihr niemand gefolgt, denn in den Katakomben der Bahn hätte sie ein leichtes Ziel abgegeben. Weil sie auch dort unten ihre Sonnenbrille aufbehalten hatte, hatten sie die anderen Fahrgäste wie eine Touristin von der Erde angelacht, oder besser – ausgelacht. Margaret hatte sie in dem Glauben gelassen und zurückgegrinst, aber aus einem ganz anderen Grund. Wenn die Polizisten gezielt nach ihr gefahndet hätten, hätten sie sie längst verhaftet, ob sie nun eine Sonnenbrille trug oder nicht.
An der Straßenkreuzung vor dem Rotlichtviertel blieb sie an einer zwanzig Meter hohen Vid-Wall stehen. Das riesige Abbild eines Predigers der evangelikal-islamischen Kirche schien genau auf sie herunter zu blicken.
»Sehet, das Jüngste Gericht ist nahe!«, proklamierte der Geistliche und breitete die Arme aus. »Wer das weiße
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