Sternenfaust - 182 - Handlanger der Gemini (1 of 2)
DNA-Ligase …« Ash verstummte.
»Verdammt«, flüsterte Walter, der es ebenfalls erkannte. »Die Esterbindung! Kommt die Kodensationsreaktion nur bruchstückhaft zustande?«
»So ist es, Walter. Die Shisheni synthetisieren zwar die korrekten Basen, binden sie aber nicht korrekt an.«
Ashs Finger rasten über den Touchscreen. In nur wenigen Sekunden überprüfte er die DNA-Ligase bei den anderen geklonten Spezies.
»Keine Fehler bei den anderen Spezies. Aber ich zweifle daran, dass die fehlerhafte DNA-Ligase zum Tod der Shisheni-Klone führt. Die unvollständige Basenpaarung muss zwar nach sich ziehen, dass das HIVE-Implantat in seiner Funktionalität stark beeinträchtigt wird oder – noch wahrscheinlicher – gar nicht arbeitet. Doch ich selbst habe auf Gemini Prime erlebt, wie sich mein eigenes HIVE-Implantat zersetzte, was nichts anderes bewirkte, als dass ich mich vom HIVE-Bewusstsein befreite – es hatte keine Kontrolle mehr über mich, und mir ging es so gut wie zuvor.« { * }
»Du bist kein Klon, Ash!«, entgegnete Walter. »Die DNA-Sequenzen der Gemini-Klone beinhalten mit hoher Wahrscheinlichkeit Sicherungssysteme. Diese Schlussfolgerung erscheint zwingend, wenn man Dana Frosts Bericht über ihren Einsatz im Shush-System liest. Sobald ein Klon den Kontakt zum HIVE verliert, fällt er in eine komatöse Bewusstlosigkeit; kommt der Kontakt zum HIVE nicht mehr zustande, stirbt der Klon! { ** } «
»Ich verstehe!«, rief Ash. »Das HIVE sichert sich dagegen ab, dass ein Klon sich von ihm befreien und möglicherweise zum Feind überlaufen könnte. Dann aber, Walter«, sagte Ash und sah seinen ehemaligen Studienkollegen eindringlich an, »dann haben wir es. Die Genese eines Shisheni-Klons gelingt ohne Probleme, doch aufgrund einer schlampigen Programmierung wird bei den Klonen sämtlicher Spezies eine fortwährende Basenexzisionsreparatur notwendig, die normalerweise unauffällig bleibt, da die natürliche Rekreationsfähigkeit hierdurch nicht überlastet wird. Bloß bei den Shisheni-Klonen gelingt – aus einem Grund, den wir noch nicht kennen – die DNA-Ligase der Basenpaare nicht vollständig, was einen Defekt des HIVE-Implantats, was eine Bewusstlosigkeit des Shisheni und kurz darauf wegen der für diese Spezies typischen körpereigenen Abwehrmechanismen den Tod des Shisheni-Klons nach sich zieht«, fasste Ash zusammen.
»So sehe ich es auch.« Walter nickte. »Und was machen wir jetzt?«, flüsterte er.
Ash schwieg.
Und dann kam ihm eine Idee, die so grausam war, dass er schlucken musste.
»Was ist mit dir, Ash? Du bist ganz bleich geworden …«
»Nicht hier«, flüsterte Ash. »In der Mittagspause …«
*
Far-Horizon-Forschungsanlagen
An der Marsoberfläche
Fixstrom-Kontrollzentrum
Amazonis Planitia
22. Juli 2258, 11:32 MST
Seit zwei Tagen befasste sich Yasuhiro von Schlichten mit einer Technik, die er zuvor wohl als Spinnerei abgetan hätte. Doch von Stunde zu Stunde, von Minute zu Minute erkannte er immer deutlicher, dass das, was die Gemini planten, möglich war. Wie sie an dieses immense Wissen gelangt waren, woher sie die Grundlagen dieser geradezu fantastischen Technologie hatten, entzog sich Yasuhiro. Doch wenn er sich einige der nur fragmentarisch übersetzten Passagen aus den Wurzelbüchern der Wloom vor Augen führte, drängte sich ihm die Vermutung auf, dass er es hier mit der Technologie der Toten Götter zu tun hatte.
Vor zwei Tagen hatte Yasuhiro mit im Kopf hämmernden Gedanken das HST-Verkehrssystem benutzt, um die mehr als zweitausend Kilometer, die Mars Town vom Olympus Mons trennten, in weniger als einer Stunde zurückzulegen. Die High Speed Tubes verbanden nicht nur Mars Town und die Amazonis Planitia, sondern führten auch nach Chryse City und sogar zu dem fast auf der anderen Marsseite gelegenen Schiaparelli. Automatisierte Gleiterbusse jagten mit unglaublicher Geschwindigkeit durch diese zum Teil transparenten Röhren und waren gegen die Auswirkungen jeglichen Marssturms gefeit.
Yasuhiro hatte auf dieser Fahrt wenig Muße gehabt, den östlich gelegenen imposanten Arsia Mons zu bewundern, noch hatte er den Ausblick auf die Ansiedlungen der Real Martians im MQT { * } und der Latanor Area genießen können. Mit seinen Gedanken war er ganz woanders gewesen.
Die 3D-Monitore im Fixstrom-Kontrollzentrum, das in einer der gigantischen Kuppeln des Far-Horizon -Areals untergebracht worden war, zeigten eine Reihe von Plasmakollektoren, die in einer Umlaufbahn
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