Sternenfaust - 192 - Romanas Entscheidung
aus der Serie von Demeta.«
Romana Hel’gara beobachtete die Reaktionen der Frauen an den Tischen in der Bar. Tatsächlich fuhren einige wild mit den Fingern über die Glastische oder betätigten verstohlen ein Mini-Pad in ihrer Hand. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, dass Basima sie von der Seite musterte, aber sie tat so, als bemerkte sie es nicht, auch nicht, als Basima ihren Kopf leicht in ihre Richtung beugte.
Die nächste Bewerberin wurde vom Kamerateam zu Hause besucht. Anjuli, oder AnJuLi, so hieß die Tibaa, hatte rotes gewelltes Haar, eine Stupsnase und zwischen den Kristallen unter den Augen ein Meer von Sommersprossen. Vor laufender Kamera gestand sie, dass ihr Hobby Bauchtanzen war, und dass sie in ihrer letzten Beziehung in zwei Jahren nur einmal Sex hatte.
Romana Hel’gara kam das Ganze ziemlich albern vor, besonders als die Moderatorin verkündete, dass die Zuseher nun darüber abstimmen könnten, was Anjuli anziehen sollte. Virtuelle Realität würde dafür sorgen, dass Anjuli auf der virtuellen Couch so erscheinen würde, wie die Mehrheit entschied.
Unvermittelt klopften Hagelschauer gegen die Scheiben, als wollten die gefrorenen Kugeln Einlass in die Bar fordern. Romana Hel’gara drehte den Kopf zur Seite und musste ein zweites Mal hinsehen.
Das Meerwasser in der Bucht war zugefroren. Dort, wo noch vor einer Stunde die Wellen gedrungene Eiszapfen hinterlassen hatten, rührte sich nichts mehr außer den Hagelkörnern, die auf der festen Eisschicht aufprallten und wieder in die Höhe sprangen.
Romana Hel’gara wollte sich wieder auf die Sendung konzentrieren, als sie spürte, wie eine Hand sanft ihren Unterarm berührte. Basima!
»Hübsches Outfit«, schnurrte sie. Ihre Finger fuhren Romana Hel’garas Oberarm hinauf. »Aber noch netter wäre es, wenn es auf dem Boden in meinem Schlafzimmer liegen würde.«
Romana Hel’gara überlegte kurz, ob sie auf das Angebot eingehen sollte. Sie würde auf diese Weise vielleicht mehr über diese fremde Kultur erfahren. Zwar war ihr die sexuelle Intimität von biologischen Wesen noch immer ein Rätsel – und ein kurzes Abenteuer mit Ashley Briggs hatte daran nicht wirklich etwas geändert, im Gegenteil – aber als Wanagi empfand sie auch nicht die Art von Schamkonflikten, mit denen sich viele biologische Wesen bei sexuellen Kontakten konfrontiert sahen.
Letztlich aber erkannte Romana Hel’gara, dass sie einfach zu wenig über die Fremden wusste und dass ihre Tarnung zu leicht auffliegen konnte, wenn sie sich ohne weitere Informationen über die Art und Weise von Intimkontakten der Fremden auf das Angebot einließ.
»Du willst es doch auch«, flüstere die Tibaa.
»Du irrst!«, sagte Romana Hel’gara.
Ohne Basima oder die anderen Frauen weiter zu beachten, verließ sie die Bar.
*
Bei T minus zwei Zeiteinheiten schaltete die Chefwissenschaftlerin der SPY ZONE die Monitorwand auf Split-Screen. In der linken Hälfte erschien die Celene bereits bekannte weiße Einöde. Der Sturm hatte sich einigermaßen gelegt, sodass die kuppelförmige Energiestation auf der Insel Yamal deutlich sichtbar wurde.
Auf der rechten Seite der Anzeigewand glitzerte ein metallener Quader im Licht der Sonne, aufgenommen von einer Kamera, die an einem der Ausleger mit den quadratkilometergroßen Sonnensegeln angebracht war. Im Hintergrund des Bildes leuchteten die Wolkenformationen in Tanas Atmosphäre.
Celene wusste, dass der Satellit in einer Flughöhe von 34.992 Wers in einem stationären Orbit kreiste. Dabei trat er jeden Tag für einen kurzen Zeitabschnitt in den Schatten von Tana ein, was aber durch die Neigung der Ekliptik zur Äquatorebene nur im Frühjahr und im Herbst der Fall war. Die Ausbeute an Sonnenenergie betrug pro Tag das achtfache dessen, was auf dem Boden möglich gewesen wäre, wenn es nicht so oft bewölkt gewesen wäre.
Wenn …
Der Sonnensatellit hatte seine Solarzellen noch von der Sonne weggedreht, aber die Sendeantenne für die Mikrowellenstrahlung war bereits auf die Empfangsstation am Boden ausgerichtet.
Ein Ruck ging durch das Bild, als die Paneele mit den papierdünnen Solarzellen in Position gebracht wurden.
Zuerst waren von den zwanzig Flächen nur dünne Striche zu erkennen, die das Sonnenlicht reflektierten, aber mit jedem Augenblick wurde ihre kreisrunde Struktur deutlicher erkennbar. Langsam rotierten die Leichtmetallrahmen, bis die Dünnschichtsolarzellen aus schwarzem Silizium im rechten Winkel zum Sonnenlicht
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