Sternenfeuer: Gefährliche Lügen
Seth, der hinter einem Rednerpult stand. Seine Kleidung war schlau gewählt; er trug die Uniform eines Sicherheitsoffiziers. Sie war zu groß, aber er hatte sie mit einem Gürtel festgeschnallt. Sealy und Max standen mit Gewehren hinter ihm.
Kieran bekam vielleicht seine Verhandlung, aber er wusste, dass wegen dieser Waffen niemand für ihn aussagen würde. Das war es also, dachte er. Öffentliche Anprangerung und dann die Luftschleuse. Das Ende.
»Klappe halten und zuhören«, sagte Seth gereizt. »Wir beginnen mit der Verhandlung über Kieran Alden. Max Brent, lies die Liste seiner Vergehen vor.«
Max zog ein Notiz-Pad heraus. »Kieran Alden verhinderte die Verfolgung der
New Horizon
durch die
Empyrean,
und deswegen werden wir unsere Familien jetzt vielleicht nie wiederfinden. Kieran verhinderte die Rettung unserer Eltern aus dem strahlenverseuchten Maschinenraum, und jetzt sind Mason Ardvale, Sheldon White und Mariah Pinjab tot, und alle anderen sind krank. Er hat die Kuppel der Atmosphärenkontrolle während eines rücksichtslosen Shuttleflugs beschädigt, und wir verdanken unser Leben einzig dem schnellen Eingreifen von Seth Ardvale. Kieran Alden hat bei zahllosen anderen Anlässen bewiesen, dass er unfähig ist, das Schiff zu führen. Für das Schiff und seine gesamte Besatzung stellt er eine Gefahr dar. Deshalb ist Seth Ardvale zu dem Schluss gekommen, dass Kieran Alden von der Situation überfordert ist, sich selbst und seine Zurechnungsfähigkeit überschätzt und dem Schiff so Schaden zufügt. Zur Sicherheit der Besatzung hat er den Stellvertreterparagraphen zur Ersetzung der Führungsspitze bei akuter Gefährdung der Crew angewandt, um uns zu schützen. Seth Ardvale hat versucht, Kieran Alden zur Vernunft zu bringen, aber Kieran Alden ist nicht bereit, seine Fehler einzugestehen. Er stellt noch immer eine Gefahr für das Schiff dar.«
Die Worte waren schrecklich, und sie rüttelten ihn wach. Aufmerksam ließ Kieran seinen Blick über die Menge gleiten. Die meisten Jungen sahen verängstigt aus, viele der Jüngeren weinten. Von ihnen zu verlangen, sich gegen Seth zu erheben, war zu viel.
»Das Gericht ruft den ersten Zeugen, Matt Allbright, auf«, sagte Seth.
Es war eine Farce. Zuerst ein Junge, dann der nächste stellte sich rechts neben Kieran und erzählte dreiste Lügen, während Sealy und Max Gewehre auf sie richteten. Kieran versuchte zuzuhören, suchte einen Weg, sich zu verteidigen, aber er war so müde. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren, obwohl er wusste, dass sein Leben davon abhing. Nach einer Weile hörte er auf, ihnen zuzuhören, und versuchte stattdessen, eine eigene Argumentation vorzubereiten. Aber seine Gedanken waren langsam und träge, und schon bald schwammen die Worte davon; der Raum schwamm davon. Und er saß einfach da.
Es war die Stille, die ihn schließlich wieder in die Gegenwart zurückbrachte. Er blickte auf und sah Seth, der mit finsterem Gesichtsausdruck zurück zum Podium ging. »Bei all den gegen ihn vorgebrachten Beweisen scheint es nur gerecht, Kieran Alden zum Tode zu verurteilen. Es sei denn, er ist tatsächlich bereit, seine Verbrechen einzugestehen –«
»Ja!«, schrie jemand. »Ich will hören, was er selbst dazu zu sagen hat!«
Kieran sah in die Menge und versuchte, den Rufer ausfindig zu machen. Es war eine vertraute Stimme, aber er konnte sie nicht zuordnen. Wer auch immer sprach, er versteckte sich in der Menge.
»Ja!«, sagte Sarek in der ersten Reihe, die Augen auf Kieran gerichtet. »Lass den Bastard sich selbst dazu äußern.«
Kieran blickte Sarek an, dessen Gesicht bedacht neutral aussah. Er wusste nicht, ob er versuchte zu helfen oder nicht, aber er konnte erkennen, dass das seine Chance war, denn Seth schaute Kieran zum ersten Mal an und versuchte, ihn einzuschätzen.
»Kieran?«, hakte Seth nach. »Bist du bereit zu gestehen?«
Kieran nickte. Seit so langer Zeit hatte er sich gesagt, dass er morgen gestehen würde, aber das Morgen war ihm ausgegangen. Wenn er nicht genau jetzt gestand, würden sie ihn umbringen. Die
Empyrean
zu befehligen war es nicht wert, dafür zu sterben.
Das Podium schien kilometerweit entfernt zu sein. Er konnte unmöglich dorthin gehen, oder? Er drehte sich auf seinem Stuhl, legte eine Hand auf die Lehne und wuchtete sich nach oben. Sein Körper zitterte, und seine Knie waren weich, aber er fing sich und zwang die Beine, sich unter ihm zu strecken. Das erste Mal seit zwei Tagen stand er aufrecht, aufgestützt
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