Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
stützte sie sich an der Wand hinter sich ab, und eine der Wachen bemühte sich, sie im Gleichgewicht zu halten.
»Das wusste ich nicht.«
»Na klar«, kommentierte Kieran bitter. »Er stand die ganze Zeit über mit Ihnen in Kontakt.«
»Ich habe keinerlei Morde bestellt, Kieran.«
»Aber haben Sie ihn nicht auf unser Schiff geschickt?«
»Nein. Ich versichere dir, dass ich das nicht getan habe. Er handelte aus eigenem Antrieb.«
Der Aufzug hielt an, und die Türen glitten auf. Mather wies Kieran den Weg den Flur entlang zu den Arrestzellen. Schon einige Meter von der Tür entfernt konnte er einen fauligen Geruch und das sanfte Murmeln von Stimmen wahrnehmen. Obwohl er keine einzelne Stimme mit Sicherheit zuordnen konnte, klang es nach Heimat.
Einige Wachen traten zur Seite, als Mather durch den Flur schritt, und wiesen den Gang entlang.
Als Kieran eintrat, war der Raum unmittelbar von Johlen und begeisterten Rufen erfüllt. Die Brig war ursprünglich dafür ausgelegt gewesen, nie mehr als ein Dutzend Menschen in Einzelzellen zu beherbergen, aber hier waren jeweils vier in einer Zelle zusammengepfercht worden. Schlafsäcke lagen überall herum, und auf jeder freien Oberfläche war Wäsche zum Trocknen ausgebreitet. Es roch wie ein stickiges Raubtiergehege.
Kieran spürte Hände, die ihm durch die Gitterstäbe auf die Schultern klopften und ihn knufften. Ihm wurden so viele Fragen gleichzeitig zugerufen, dass er sie nicht beantworten konnte. »Hast du meine Tochter gesehen? Meinen Ehemann? Sind meine Kinder in Sicherheit?« Endlose, verzweifelte Fragen von so vielen ihm bekannten Gesichtern, geliebten Gesichtern, obwohl sie hager und grau erschienen. Er hätte so gern die Zeit dazu gehabt, anzuhalten und jede einzelne Hand zu küssen, jede einzelne Frage zu beantworten, aber die Wachen schubsten ihn weiter.
Regina Marshall packte ihn auf der Hälfte des Wegs. Sie war ausgezehrt, dünner und schwächer als die anderen, aber sie hielt Kierans Hand mit erstaunlicher Kraft umklammert. »Kieran, es ist so wunderbar, dein Gesicht zu sehen. Wie geht es Waverly? Hat sie es auf die Empyrean zurückgeschafft?«
»Ja«, sagte er, entsetzt von ihrem zerstörten Äußeren.
»Gib ihr einen Kuss von mir«, sagte sie mit einem mitleiderregenden Lächeln. »Sag ihr, dass ich bald wieder nach Hause komme.«
»Das werde ich tun«, flüsterte er.
In der nächsten Zelle sah er Kalik Hassan, der ein wenig abseits stand. Neben ihm stand Gunther Dietrich, dessen Bart so gewuchert war, dass er seine tonnenförmige Brust vollständig verdeckte. Beide Männer musterten ihn flehentlich, als er vorbeiging, und Gunther hob fragend seine Augenbrauen. Es gelang Kieran, ihnen »Arthur und Sarek geht es gut!« zuzurufen. Kalik faltete seine Hände und küsste sie. Gunther, der vor Freude ganz benommen wirkte, schloss seine Augen, während ein Strahlen sein Gesicht erhellte.
»Wo ist meine Mutter?«, fragte Kieran einen der Wächter, der mit den Achseln zuckte. Aber dann sah er ihre roten, knochigen Hände, die sich durch die Gitterstäbe am Ende des Gangs streckten, und rannte los. »Kieran!«, hörte er sie rufen.
»Mom!«, antwortete er, lief zu ihr, griff ihre trockenen Hände und küsste ihre Wange durch die Gitterstäbe hindurch.
Ihre goldenen Locken waren herausgewachsen und hatten einem hochsitzenden Scheitel Platz gemacht, so dass sie nun schlaff auf die Spitzen ihrer Schultern herabhingen. Sie hatte hohle Wangen, und bläuliche Ringe prangten unter ihren bernsteinfarbenen Augen. Besenreiser zogen sich über die Nasenflügel, und sie hatte eine rote Einblutung im Winkel ihres linken Auges, was, wie Kieran vermutete, Überbleibsel der Dekompression waren, die sie bei dem Angriff hatte erleiden müssen. Aber sie war am Leben. Sie war weitestgehend unversehrt.
Kieran legte seine Hände um ihr Gesicht, eine Geste, die ihm früher unangenehm intim erschienen wäre. Aber jetzt, da er fast nicht glauben konnte, dass sie hier wirklich vor ihm stand, wollte er nichts weiter, als sie zu berühren. Ihre Haut fühlte sich pergamentartig trocken unter seinen Fingern an. Sie wirkte so zerbrechlich.
»Warum haben sie dich geschickt?«, fragte sie ihn, griff seine Handgelenke und drückte sie. »Das ist doch viel zu gefährlich für einen Jungen deines Alters.«
»Mom –«
»Wie geht es deinem Vater«, fiel sie ihm ins Wort und biss sich mit ihren abgebrochenen Schneidezähnen auf die Lippe. »Er wird sich solche Sorgen
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