Sternenfeuer
ihr Menschen jedoch dabei findet, in eine Flüssigkeit einzutauchen, ist eines der Mysterien, die ich erst noch enträtseln muss. Gebt mir lieber eine Kiste mit warmem Sand für die tägliche Pflege meines Fells.«
Mark nickte. »Die Wesen, die ursprünglich die Ruptured Whale bemannt hatten, haben auch warmen Sand verwendet. Wie habt ihr sie gleich noch genannt?«
»Sie waren Vithianer, Bewohner des Planeten, den ich früher besucht hatte. Und ja, sie verwenden Sand für die Reinigung ihrer Körper, obwohl sie einen Zusatz benutzen, den wir Taff scheußlich finden - eine Chemikalie, die für unsere Nasen ranzig riecht.«
»Jedem das Seine«, sagte Mark geistesabwesend, bevor er sich bewusst wurde, dass diese Toleranz wahrscheinlich keinen großen Widerhall zwischen den broanischen Sternen fand. Bei den Broa hieß es eher »was dein ist, ist mein«. Er fragte sich, ob Sar-Say die Bedeutung seines Ausspruchs überhaupt verstanden hatte.
Er hatte nicht die Zeit, es herauszufinden. »Wir haben heute schon einige Fortschritte gemacht«, sagte Lisa. »Ich glaube, wir haben dieses dreidimensionale Modell des Nebels so justiert, dass es der Ausrichtung auf Sar-Say's Gemälde des Himmelsblumen-Nebels entspricht.«
»Interessant«, entgegnete er und schaute Sar-Say über die Schulter. Der Bildschirm zeigte eine phantomartige Darstellung des Krebsnebels, die Sar-Say's Gemälde überlagerte. »Und was lernen wir nun daraus?«
»Wenn wir wissen, von welcher Seite er ihn gesehen hatte, ermöglicht uns das natürlich eine annähernde Richtungsbestimmung der Zzumer-Sonne. Wenn ich nicht völlig falsch liege und Sar-Say's Gedächtnis noch intakt ist, müssten wir sie ungefähr in dieser Richtung auf der gegenüberliegenden Seite des galaktischen Zentrums finden.«
»Wie weit in diese Richtung?«
Lisa runzelte die Stirn und biss sich auf die Lippe - wobei er bezweifelte, dass sie sich dieser Angewohnheit überhaupt bewusst war. Auf jeden Fall fand er es anziehend.
»Bin mir nicht sicher. Wir können natürlich nur raten. Wenn ich die ganze Problematik bedenke, würde ich sagen, dass sie zwischen hundert und zweihundert Lichtjahren von hier entfernt sind.«
»Wieso gerade diese Zahl?«
Sie zuckte die Achseln. »Logik. Wäre ihre Welt weniger als hundert Lichtjahre von der Supernova entfernt gewesen, wäre sie genauso gründlich sterilisiert worden wie Brinks ...«
Mark nickte. Nur um die affenartige Neugier zu befriedigen - ihre eigene und Sar-Say's -, hatte Captain Landon eine Expedition zur Erkundung des Planeten ausgesandt. Es stand fest, dass es einmal Leben dort gegeben hatte. Die Oberfläche war mit Baumstümpfen und anderen Überresten kontinentaler Wälder bedeckt, und in den Meeren tummelten sich noch immer ein paar schwimmende Viecher. Diese lebten in der schmalen Schicht, wo die Strahlung vom Meer ausgefiltert wurde, und der Tiefe, in die die Strahlen von Versteck vordrangen. Einer der Biologen der Magellan hatte ein paar Proben gefangen und sie in der Freizeit interessiert studiert.
»... Und wenn sie weiter als zweihundert Lichtjahre entfernt wäre, wäre der Nebel keine so markante Erscheinung an ihrem Nachthimmel.«
»Klingt plausibel«, pflichtete er ihr bei. »Könntest du die Entfernung anhand von Sar-Say's Erinnerung an den Himmelsblumen-Nebel nicht noch präzisieren?«
»Ich wünschte, das wäre möglich. Leider ist die Größe von Objekten am Himmel höchst subjektiv. Das Problem besteht darin, dass es keinen Vergleichsmaßstab gibt. Hast du denn in der Schule nicht dieses blöde Experiment mit dem Mond gemacht?«
»Was für ein blödes Experiment?«
»Du weißt doch, wie der Vollmond aussieht, wenn er gerade aufgeht, oder?«
Er nickte.
»Wenn wir wieder zu Hause sind und der Vollmond das nächste Mal aufgeht, dreh ihm den Rücken zu, bück dich und betrachtete ihn zwischen den Beinen hindurch.«
»Du meinst, andersrum?«
»Genau.«
»Was würde das beweisen, außer dass ich eine würdelose Haltung einnehme?«
Sie lachte. »Versuch es einfach! Du wirst staunen. Die riesige Kugel, die aus dem Meer emporsteigt, hat zwischen deinen Beinen die gleiche Größe, als wenn sie hoch am Himmel stünde. Der aufgehende Mond ist eine optische Täuschung, die dadurch entsteht, dass dein Gehirn den Horizont als Bezugspunkt benutzen muss. Das Gehirn nimmt den Mond nämlich viel größer wahr, als er in Wirklichkeit ist.
Das Gleiche gilt für den Himmelsblumen-Nebel. Sar-Say sah ihn hoch am Himmel stehen.
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