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Sternenfeuer

Sternenfeuer

Titel: Sternenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McCollum
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Gedächtnis hatte.
    Lisa wünschte sich, dass sie die gleiche Fähigkeit besaß. Um Sar-Say die Kommunikation zu erleichtern, lernte sie auch seine Sprache. Wie oft war sie nachts in ihrer am Schott befestigten Hängematte mit einem Brummschädel aufgewacht und hatte die neuen Erkenntnisse zu sortieren versucht, die auf sie einstürmten. Sie hatte fast schon vergessen, wie es war, für die Abschlussprüfung in der Schule zu büffeln. Inzwischen paukte sie bereits seit achtundzwanzig Tagen und hatte das Gefühl, jeden Tag um ein ganzes Jahr zu altern.
    Durch zwei am Gürtel befestigte Riemen wurde Lisa zurückgehalten, während Sar-Say es vorzog, die Beine durch das Gestell zu stecken, in dem er hockte. Lisa hielt ein großes Foto eines Baums hoch.
    »Baum«, sagte sie prononciert.
    Gelbe Augen trafen auf grüne Augen. »Was ... ist ... Baum ... Liisaa?«
    »Das ist eine Pflanze, die auf der Erde wächst.«
    »Ist Wort ... allgemein ... oder ... sp... spezifisch?«
    »Allgemein«, erwiderte sie. »Es bezieht sich auf eine große Anzahl verschiedener Pflanzen. Zu den Bäumen zählen Kiefern, Eichen, Redwood, Eukalyptus und Hunderte anderer. Wir kategorisieren sie der Übersichtlichkeit halber alle als >Baum<.«
    »Welcher Unterschied >Busch    »Ein Busch ist eine kleinere Pflanze. Bäume sind viel größer als Menschen. Büsche sind ungefähr so groß wie Menschen.«
    Sar-Say blinzelte und machte die Geste, die bedeutete, dass er verstanden hatte. »Das Wort in meiner Sprache ist >sszalt<.«
    »Sszalt«, artikulierte sie sorgfältig. »Das ist leicht zu merken. Es ist unserem Wort >Salz< ähnlich.«
    »Nein, das Wort ist anders. Du hast nicht gut zugehört. Es heißt ssszzaalt.«
    »Ssszzaalt.«
    »Viel besser«, sagte Sar-Say.
    »Ausgezeichnet«, sagte Lisa mit einem Lächeln.
    »Was ist das nächste Wort, Liisaa?«
    Lisa warf einen Blick auf ihr Chronometer und sagte: »Das genügt fürs Erste. Wir müssen uns bereit machen.«
    »Bereit für mein Interview?«, fragte Sar-Say.
    »Ja. Dieter Pavel kann es kaum erwarten, mit dir zu sprechen.«
    Bislang hatte Lisa es vermieden, das Alien nach den Umständen zu fragen, die es als Gast der Menschheit an Bord des PoleStar-Habitats verschlagen hatten. Nicht dass sie das nicht interessiert hätte. Wäre es nach ihr gegangen, dann hätte sie das als Allererstes thematisiert, sobald Sar-Say ein ausreichendes Vokabular entwickelt hatte. Leider hatte Dr. Bendagar es ihr untersagt. Deshalb hatte sie die Zeit damit verbracht, Sar-Say von der Erde und den Menschen zu erzählen, während er sich zweifellos über ihren Mangel an Wissbegierde wunderte. Andererseits war Neugier vielleicht gar kein universaler Charakterzug bei denkenden Wesen, sagte sie sich - obwohl sie sich kaum vorzustellen vermochte, wie eine Spezies ohne Neugier Intelligenz entwickeln sollte.
    »Worüber er sprechen wird?«, fragte Sar-Say nach einer kurzen Pause.
    »Ich habe versucht, dir unsere Regierung zu erklären. Hast du das verstanden?«
    Die kleine affenartige Gestalt zuckte die Achseln. Das war eine Geste, die Lisa als Nicken zu deuten gelernt hatte, aber mit größerer Ambivalenz.
    »Also, Pavel ist der persönliche Vertreter der Welt-Koordinatorin. Er möchte alles über dein Volk erfahren, wie es lebt, welches Wirtschaftssystem und welche Staatsform ihr habt.«
    »Pavel vertritt die Erdregierung?«
    »Ja.«
    »Und er möchte Fragen von mir stellen?«
    »Dir Fragen stellen. Ja.«
    »Ich nicht sprechen Standard gut genug.«
    »Du sprichst es schon ganz ordentlich. Keine Angst, ich werde dir helfen, wenn du stecken bleibst.«
    »Du meinst stecken von Nadel?«
    Sie lachte. »Nein. Das ist eine Redewendung. In diesem Zusammenhang bedeutet sie, dass du etwas nicht verstehst.«
    »Ich nicht gestochen. Ich verstehe.«
    »Musst du noch die Toilette benutzen, bevor wir gehen?«
    Sar-Say schüttelte den Kopf- eine menschliche Geste, die er kopiert hatte. »Ich nicht essen oder trinken heute.«
    »Leider sind wir Menschen anders gebaut. Wenn du mich also für einen Moment entschuldigen würdest; ich bin gleich zurück. Dann werden wir zu Dieter Pavel gehen.«
    In dem Monat, den sie Sar-Say studiert hatten, waren die medizinischen Spezialisten zu dem Schluss gelangt, dass das Risiko einer Ansteckung äußerst gering war — nicht null, aber so minimal, dass sie es für vertretbar hielten, das Risiko einzugehen. Die Biochemie des Aliens war dem der Menschen zwar ähnlich, aber auch wieder so verschieden, dass die

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