Sternenfinsternis (German Edition)
einem Palast, in dem es so viel zu sehen und zu entdecken gab. Es war einfach nur frustrierend für den Jungen. Langeweile war bereits schon jetzt vorprogrammiert.
Fanfaren ertönten, als Jaro, Nokturijè, Kri‘Warth und Cameron in den prall gefüllten Thronsaal eintraten. Doch nicht ihretwegen. Im selben Moment nahmen die Matriarchin, ihr Gemahl und ihre Tochter, die Jungmatriarchin Letuijè ihre Plätze ein.
Das Gedränge war so dicht, dass es den kleineren von ihnen kaum gelang, einen Blick nach vorn zu erhaschen. Cameron und vor allem Kri‘Warth hatten damit weniger Probleme als Jaro, da die Turijain eher kleingewachsen waren. Selbst Nokturijè war im Gegensatz zu so manch anderen ihrer Rasse relativ groß. Wobei es die Regel zu sein schien, dass die Männer allesamt kleiner waren als die weiblichen Turijain.
Wie von Geisterhand, als ob die Menge von einer unbändigen Kraft zur Seite gedrängt wurde, teilte sich die Masse unmittelbar vor Jaro. Als er bemerkte, dass plötzlich nur noch eine Person vor ihm stand, sah der Syka verwundert auf und erblickte Baruj, der ihm den Weg nach vorn wies.
»Bitte Botschafter Tem. Nokturijès Freunde sind auch die unseren. Seid unsere Ehrengäste, bei dieser geschichtsträchtigen Zeremonie.«
Jaro und seine Gefährten folgten dem blauhaarigen Turijain und traten nach wenigen Metern in einen vollkommen leerstehenden halbkreisrunden Bereich, den keiner der Anwesenden übertrat. Dabei musste es sich, so dachte sich der Colonel scherzhaft, wohl um den sprichwörtlichen ›gebührenden Abstand‹ handeln.
Auch wenn Cameron dies nicht ernsthaft meinte, lag er mit dieser humorvollen Vermutung goldrichtig. Keiner, der nicht darum gebeten wurde, durfte dieses sichelförmige Feld betreten.
Baruj wies sie an, sich an die Fensterfront zu stellen. Ein Ehrenplatz, nur wenige Meter von dem erhobenen Thron der Matriarchin entfernt, mit einem perfekten Blick auf die zeremoniellen Vorgänge.
Für Cameron blieb es nicht unbemerkt, dass die Frau, welche den zentralen Platz einnahm, sehr anders als eine typische Monarchin aussah. Auch wenn die Königshäuser der Erde schon lange verblüht waren und in Vergessenheit gerieten, hatte er doch noch gut die Bilder aus dem Geschichtsunterricht in Erinnerung. Die ehemals britische Königin zum Beispiel. Die Matriarchin war das bloße Gegenteil von ihnen – sie war jung und äußerst attraktiv. Sie wirkte ganz und gar nicht wie jemand, der diese Position bereits seit Jahrhunderten innehatte.
Was ihn jedoch abschreckte, war die Kühle, die Distanziertheit und die herrischen Blicke, welche sie für die Anwesenden übrig hatte. Ihr Gemahl zu ihrer Linken war, was seine Ausstrahlung anging, der pure Gegensatz. Er lächelte die ganze Zeit über und schien die Aufmerksamkeit, die ihm das Volk zukommen ließ, geradezu zu genießen. Er war von kleiner und schmächtiger Statur, schon beinahe ein wenig feminin veranlagt. Ihre gemeinsame Tochter, zur Rechten der Matriarchin, war ihrer Mutter, was die Schönheit anging, wie aus dem Gesicht geschnitten. Jedoch hatte sie weder die Wesenszüge ihrer Mutter, noch die ihres unterwürfigen Vaters an sich – sie schien sich offensichtlich nicht sonderlich wohl in ihrer Haut zu fühlen, so interpretierte Cameron jedenfalls ihre Haltung.
Die Matriarchin warf Baruj ein verhaltenes Nicken zu, was ihm signalisierte, dass die Zeremonie nun beginnen kann.
Dieser klatschte in seine Hände, woraufhin fünf junge Männer, die ein geschätztes Alter zwischen vierzehn und sechzehn hatten, im Entenmarsch hereingelaufen kamen und sich in einer Reihe vor dem Matriarchenthron aufstellten.
Nun war es die Aufgabe der Jungmatriarchin, jeden einzelnen Anwärter zu begutachten. Sie erhob sich und lief zu dem ersten und atmete einige Male tief ein, dann trat sie vor den zweiten und tat dies abermals. Dies wiederholte sich, bis sie schließlich beim Fünften und letzten angekommen war. Ein Raunen ging durch den Saal, als sie sich von den Jünglingen abwandte und wieder auf ihren Platz begab.
Die Matriarchin, doch vor allem ihr Gemahl, machte keinen sonderlich glücklichen Eindruck. Er erhob sich und sah in die Menge der Zuschauer.
»Meine Lieben. Auch heute, wie die letzten Tage zuvor, haben wir keinen würdigen Partner für unser geliebtes Kind gefunden. Wir werden uns morgen hier wieder zusammenfinden, um fünf weitere Anwärter zu prüfen.«
Auf diese Worte hin verließen alle den Saal, bis letztlich nur noch Baruj,
Weitere Kostenlose Bücher