Sternenfinsternis (German Edition)
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Die Atmosphäre war bedrückend und der Botschafter befürchtete, dass seine Crew, aufgrund seines Fehlers, der zu einem gewaltigen Debakel wurde, nun auseinanderbrechen würde. Kaum dass die Reise begonnen hatte, schien sie schon an einem jähen Ende angekommen zu sein – doch wäre er nicht Jaro Tem gewesen, wenn er diesen Kampf einfach so widerstandslos aufgegeben hätte.
»Ich denke, wir benötigen alle etwas Zeit, den Kopf freizubekommen und sollten vielleicht auch ein wenig Schlaf finden. Nach Sonnenaufgang treffen wir uns bei der Ta´iyr und werden zu unserem nächsten Ziel aufbrechen.«
Auf diese Worte hin verließen alle Lucs Raum, bis auf Cameron, der sich langsam auf den in seinem Bett dahinvegetierenden Jungen zubewegte.
»Willst du vielleicht reden?«, fragte Cameron, so einfühlsam, wie es ihm möglich war.
»NEIN! Verschwinde Cameron!«, schrie Luc, der kurz vor einem Heulanfall stand.
Unter keinen Umständen wollte er in Anwesenheit eines anderen in Tränen ausbrechen.
»In Ordnung Kleiner. Ich bin direkt nebenan, solltest du doch noch ...«
»RAUS!!«, schrie Lucas so laut, dass ein unangenehmer Pfeifton in Camerons Ohren zurückblieb.
Der Colonel kam augenblicklich dem Wunsch des Jungen nach und verließ sein Zimmer. Nachdem er die Tür von außen verschlossen hatte, blieb er noch einen kleinen Moment davor stehen und vernahm das Weinen des Jungen. Er wünschte nur, er hätte ihm helfen können – diese Last der Schuld abnehmen können, doch wenn ein Mann weinen wollte, musste er dies im Stillen tun. Dies galt von jeher – wie ein ungeschriebenes Gesetz.
Der Korridor zu den Gästezimmern war in ein schummriges Licht getaucht. Die kleinen Leuchter waren kaum dazu in der Lage, den gewaltigen Gang mit Helligkeit zu füllen.
Cameron überkam ein leicht beklemmendes Gefühl, als er bemerkte, dass außer ihm keine Seele mehr unterwegs war. Es war wie in einem der unzähligen Horrorfilme, die er in seiner Jugend sah – leere Korridore, unzählige Türen und diese unheimliche Stille um ihn herum. Fehlte nur noch, dass er gespensterhafte, huschende Gestalten wahrnahm.
Schon ein wenig paranoid, flüchtete er so schnell er konnte zu seiner Zimmertür. Gerade als er diese öffnen wollte, nahm er auf einmal am anderen Ende des Ganges, der beinahe gänzlich im Dunkeln lag, Schritte wahr.
Zwiegespalten stand er wie angewurzelt da. Er war sich nicht sicher, ob er seiner Neugier nachgeben und weiter verharren sollte, um eine rationale Erklärung auf diese Geräusche zu erhalten oder ob er schnellstmöglich das Zimmer betreten sollte, in dem er sich in Sicherheit glauben konnte.
Cameron entschied sich, seiner Neugierde nachzugeben.
Er wagte kaum zu atmen, als er in das Dunkel blickte. Auch wenn es nahezu undenkbar war, glaubte er, wie er es zuvor befürchtet hatte, einen sich bewegenden Schatten zu sehen.
Plötzlich, wie aus dem Nichts tauchte Baruj aus der Finsternis auf und steuerte eine Zimmertür an. Und wie es nicht anders zu erwarten war, handelte es sich dabei um die Tür zum Schlafgemach Nokturijès.
Leise klopfte Baruj an und sah sich um, als ob er sich vergewissern wollte, dass er von niemandem gesehen wurde.
Cameron zog sich augenblicklich in die kleine Nische, welche sich vor jeder Tür befand, zurück und hoffte, nicht doch noch von ihm gesichtet zu werden. Dann öffnete sich die Tür und Baruj verschwand in ihrem Zimmer.
Der Colonel hätte nun ohne Weiteres in seinen Raum gehen können, sich hinlegen und schlafen. Doch der Wissensdrang, was Baruj im Gemach der Mè zu suchen hatte, war zu groß. Auf leisen Sohlen lief Cameron den Korridor hinunter und kam vor Nokturijès Zimmer zum Stehen. Angespannt presste er sein Ohr an das Holz und lauschte. Doch er vermochte nichts zu hören. Für einen Moment dachte er darüber nach, einfach hineinzustürmen. Er hatte bereits seine Hand auf den Türöffner gelegt, als er sich darüber Gedanken machte, welchen Beweggrund er für diese nächtliche Störung hätte vorbringen können – etwa ›Ich habe Schritte gehört und als ich nachsah, jemanden in deinem Zimmer verschwinden sehen. Aus Angst um dich wollte ich sicherstellen, dass dir niemand etwas Böses will‹?
Nachdem, was Cameron inzwischen über Nokturijè herausgefunden hatte, konnte er sicher sein, dass sie ihm dies niemals abkaufen würde.
Vollkommen egal, was die beiden dadrin trieben, er hatte kein Anrecht Nokturijè nachzustellen. Sie konnte tun und lassen,
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