Sternenfinsternis (German Edition)
seine Blicke auf die klaffende Wunde an Letuijès Unterbein.
»Oh Mann, das sieht echt nicht gut aus. Ich glaube, du hast recht damit, dass es gebrochen ist«, glaubte er zu erkennen. Doch im Grunde wusste er es nicht mit Bestimmtheit, da er noch nie zuvor ein gebrochenes Gliedmaß zu sehen bekam.
»Wir müssen unbedingt deine Wunde versorgen. Ich nehme an, dass du weißt, wo es lang geht? Wir müssen die anderen finden.«
»Selbstverständlich. Dies ist schließlich mein Palast«, antwortete sie ihm, während sie ihr verletztes Schienbein begutachtete.
»Du darfst das Bein auf keinen Fall belasten. Ich glaube jedoch nicht, dass ich dich tragen kann. Ich versuche dich also, so gut es geht zu stützen.«
Letuijè nickte ihm bestätigend zu.
Lucas half der jungen Matriarchin auf die Beine und legte ihren Arm um seine Schultern.
»Kannst du dir vorstellen, wo meine Freunde sein könnten?«, fragte er sie, während sie die ersten mühsamen Schritte gingen.
»Aber ja doch! Es gibt einen Fluchtweg, welcher geradewegs zum Landeplatz hinter dem Palast führt. Dieser ist Nokturijè bekannt, daher denke ich, dass sie sich dort befinden werden.«
»In Ordnung. Dann sollten wir da hingehen.«
Colonel Cameron Davis machte sich unglaubliche Vorwürfe, dass er Lucas nicht rechtzeitig bemerkt hatte. Wäre ihm der bewusstlose Junge nur wenige Augenblicke früher aufgefallen, hätte er ihn womöglich noch vor der Abschottung erreichen können.
Er durchstreifte systematisch die Korridore des überdimensionalen Anwesens in der Hoffnung, einen Weg in den Teil des Palastes zu finden, in dem er Lucas noch immer vermutete. Cameron musste schließlich davon ausgehen, dass er nach wie vor hilflos dort lag, wo er ihn das letzte Mal gesehen hatte.
Letztlich wusste er nicht, welche dramatischen Auswirkungen der Alarmton auf den Jungen hatte. Am eigenen Leib musste der Colonel erfahren, dass das Warnsignal den Seh- und Hörsinn und somit auch den Gleichgewichtssinn stark beeinträchtigte. Dies hatte auch bei ihm Schwindel und ein ausgesprochen massives Übelkeitsgefühl zur Folge. Er jedoch hatte sich nicht übergeben müssen und womöglich war Lucas viel anfälliger dafür. Cameron schossen die schlimmsten Horrorszenerien durch den Kopf. Immer wieder kehrte das Bild in seine Gedanken zurück, wie Lucas in seinem eigenen Erbrochenen lag und nach ihm rief, bis er schließlich, vollkommen entkräftet, sich von allem und jedem verlassen fühlend, seinen letzten Atemzug tat.
Nach einer Weile der ergebnislosen Suche, über Umwege in den Sektor zu gelangen, wurde die innere Abriegelung aufgehoben. Ob dies irgendjemand veranlasste, kümmerte den Colonel nicht, er wollte nur auf dem schnellsten Wege zu dem Trakt gelangen, in welchem sich die Gästezimmer befanden. Dort angelangt, fand er jedoch keinen Lucas vor, nur das Erbrochene zeugte davon, dass dies die Stelle war, wo er ihn zuletzt gesehen hatte.
Auch wenn seine Sorgen noch nicht spurlos verschwunden waren, hatte er nun die Hoffnung, dass der Junge noch leben könnte.
Seine Suche jedenfalls war noch nicht vorüber.
Gerade, als er sich wieder in einem der Hauptkorridore befand, vernahm er ein weinerliches Geräusch aus einem der abzweigenden Gänge.
»Ist da jemand?«, fragte Cameron und lauschte. Doch es erfolgte keine Reaktion.
»Hallo? Lucas, bist du das?«
Für einen Augenblick glaubte Cameron, sich dieses Geräusch nur eingebildet zu haben, doch dann vernahm er es erneut, dieses Mal deutlicher.
Da er auf seine Anfrage keine Antwort erhielt, musste er davon ausgehen, dass der oder die, von wem auch immer die Geräusche ausgingen, vielleicht verletzt war und gar nicht antworten konnte.
Vorsichtig bahnte er sich seinen Weg durch den zum Teil verschütteten Nebenkorridor. Einige der Deckenpfeiler hatten sich gelöst und diese zu überwinden, stellte sich als wahrer Hindernislauf heraus. Das Wimmern wurde stetig deutlicher und Cameron wusste, dass er nicht mehr weit von der Person entfernt sein konnte.
Beinahe schon am Ende des Ganges angelangt, entdeckte er einen kleinen, hageren Mann, der zusammengekauert in einer Ecke hockte und weinte. Es war der Gemahl der Matriarchin.
»Ilju, sind sie verletzt?«
Mit weit aufgerissenen Augen blickte er Cameron an. Nach einer kurzen Zeit der Besinnung schüttelte er den Kopf.
»Mann! Warum antworten sie mir dann nicht?«, reagierte Cameron erbost.
»Meine Herrin ... sie war im Schlafgemach ... ich habe sie schreien gehört ... ich
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