Sternengötter
Dutzende, vielleicht sogar Hunderte von Wesen, die alle ständig irgendwelche Emotionen generierten, in der Reichweite seines Talents, und er war, ohne dass er sich bewusst anstrengte, in der Lage, sie abzublocken. Obwohl er sich unter empfindungsfähigen Wesen befand, herrschte in seinem Bewusstsein eine große Ruhe, die er überaus genoss.
Unterschiedliche Nervenbahnen, überlegte er. Die der Dwarra waren anders angelegt als die jeder anderen empfindungsfähigen Spezies, der er je begegnet war. Und das reichte schon aus, um ihm Frieden zu schenken. Sollte sich dies nicht plötzlich und unerwartet ändern, so hatte er hier ein intelligentes Volk gefunden, mit dem er Zeit verbringen konnte, ohne sich ständig des unerwünschten Eindringens störender Emotionen erwehren zu müssen. Wünschte er es jedoch, so konnte er ihre Empfindungen ebenso leicht empfangen, wie er es bei jeder anderen Spezies konnte. Und da war auch noch etwas anderes. Es beschäftigte ihn seit dem Moment, da er die Teacher hier verlassen hatte, um ihre Tarnung und seine neue Umgebung in Augenschein zu nehmen.
Er hatte nicht einmal leichte Kopfschmerzen verspürt.
Diese begleiteten ihn seit seiner Kindheit ständig und verschlimmerten sich auf zivilisierten Welten, wo sie in ihm schwelten, bis sie sich in einem Schmerz entluden, der ihm in letzter Zeit fast den Schädel platzen ließ. Bei seinem letzten Besuch auf Goldin IV war er nach einem derartigen Anfall in ein gefährliches Koma gefallen. Doch seit seiner Ankunft auf Arrawd war selbst das vertraute schwache Pochen, das er normalerweise in der Gesellschaft anderer Wesen empfand, völlig verschwunden.
Sein Geist war nicht nur geheilt – er empfand Frieden.
Unter den Dingen, die an seinem Gürtel hingen, befand sich auch ein Medipack, das allerlei Arzneien enthielt, mit denen sich seine wiederkehrenden zerebralen Schmerzen lindern ließen. Dieses beäugte er nun, als hätte sich ein Taipan an seiner Taille schlafen gelegt. Nein, korrigierte er sich und berichtigte die Metapher, nicht an seiner Taille, sondern in seinem Kopf. Doch sein Geist war ruhig, die genetisch veränderten neurologischen Prozesse, die ihn abwechselnd erfreuten und folterten, schwiegen wohltuend. Hatte er endlich und versehentlich das gefunden, was er schon nicht mehr zu entdecken gehofft hatte? Eine bewohnte Welt voller ausdrucksstarker, denkender Wesen, deren Emotionen er nach Belieben empfangen oder ignorieren konnte, ohne in ständiger Furcht leben zu müssen, dass sie ihn eines Tages überwältigen würden? Und wenn seine quälenden Kopfschmerzen dabei auch gleich verschwanden …
Er wagte es nicht, auch nur daran zu denken, damit ihn das boshafte Schicksal nicht gleich wieder Lügen strafen konnte. Stattdessen lächelte er innerlich. Wenn er zu intensiv über dieses Thema nachdachte, würde er nur Kopfschmerzen bekommen.
»Mir geht es gut«, sprach er in den Übersetzer. »Tatsächlich habe ich mich seit Jahren nicht mehr so gut gefühlt.«
Ebbanai legte seinen runden Mund in Falten und drückte seine Zufriedenheit aus. »Dies ist ein gesunder Ort«, bestätigte er, auch wenn ihm die Gründe, die sein Gast für diese Aussage gehabt hatte, unbekannt waren. »Viel besser für den Körper als die Stadt.«
»Mein Gefährte ist bis tief in die Seele vom Land durchdrungen«, erklärte Storra. »Wenn du dich wirklich so gut fühlst, kannst du uns dann vielleicht einiges erklären?« Sie warf ihrem Partner einen raschen Blick zu. »Denn sowohl Ebbanai als auch ich haben Fragen, die uns auf der Seele brennen.«
Flinx nickte. »Ich werde euch so gut ich kann antworten«, erwiderte er vorsichtig. »Und als Gegenleistung könnt ihr mir vielleicht danach noch einiges erklären. Ich werde versuchen, eure Sprache zu lernen, aber habt bitte ein wenig Geduld.«
Ebbanai erkannte, dass der Fremde trotz all der Beweise für seine technologische Überlegenheit keineswegs dominant wirkte und sie auch nicht behandelte, als wäre er ihnen überlegen. Das war vielversprechend. Wenn sie doch nur einen Weg finden könnten, ihn von der Abreise abzuhalten, sobald sein Bein wieder geheilt war. Das Erlernen ihrer Sprache schien ein geeignetes Mittel zu sein.
Es verlieh der alten Redensart, dass derjenige, der langsam spricht, auch der ist, der am meisten lernt, auf jeden Fall eine völlig neue Bedeutung.
5
Wenn es darum ging, eine neue Sprache zu lernen, war Flinx gleich doppelt im Vorteil. Durch seine Reisen hatte er eine
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