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Sternenjäger (Wolkenpanther & Wolkenpiraten)

Sternenjäger (Wolkenpanther & Wolkenpiraten)

Titel: Sternenjäger (Wolkenpanther & Wolkenpiraten)
Autoren: Kenneth Oppel
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Die Flut der Frauen floss weiter am Wagen vorbei.
    »Das sind ja eine ganze Menge«, bemerkte ich.
    »Stimmt, Matt, eine ganze Menge von uns. Ich habe Mrs Pankhurst gestern Abend gehört. Sie ist sehr beeindruckend. Aber ich sollte jetzt weitergehen.«
    »Wann sehen wir uns?«, fragte ich, als sie ihr Schild wieder in die Höhe hob.
    »Oh, darum habe ich mich schon gekümmert. Grüß deine Mutter und deine Schwestern herzlich von mir! Bis bald!«
    Sie marschierte weiter und ihre Stimme war aus denen der anderen herauszuhören: »Neue Gesetze für ein neues Jahrhundert!«
    Der Fahrer blickte zu mir nach hinten. »Entschuldigen Sie, Sir, wenn ich das sage, aber die scheint ja auch nicht ganz ohne zu sein.«
    »Sie haben ja keine Ahnung«, sagte ich.
    »Ah, ich sehe schon das Ende des Umzugs. Jetzt bringe ich Sie im Nu nach Kitsilano.«
    Der Fahrer setzte mich vor dem Haus ab. Im Norden, jenseits der Burrard-Bucht, ragten die Berge beeindruckend auf. Ich stand da und betrachtete das Haus. Es war eine eigenartige Heimkehr, denn das Heim, in das ich kam, war vollkommen neu für mich.
    Es war ein hübsches kleines, verschindeltes Haus, zwei Stockwerke hoch, frisch gestrichen in Blau mit weißen Zierleisten. Es war immer der Wunsch meines Vaters gewesen, für uns ein Haus zu bauen. Letztes Jahr, nach dem Bergungsversuch der Hyperion , war ich mit etwas Gold zurückgekommen. Vier Barren waren mein Anteil gewesen. Ich hatte sie verkauft und das meiste Geld meiner Mutter gegeben, sodass sie endlich ihr eigenes Haus kaufen konnte. Es hatte Monate gebraucht, bis sie zustimmte. Immer wieder hatte sie herumgedruckst und gesagt, sie könne das Geld nicht annehmen. Doch schließlich hatte sie das kleine Anwesen in Kitsilano gekauft und war im Mai mit meinen Schwestern umgezogen. Ich hatte die Beschreibung des Hauses in ihren Briefen gelesen, aber nun stand ich zum ersten Mal davor. Ich muss gestehen, ich war stolz.
    Ich ging den schmalen Weg zur Haustür hoch und pochte mit dem Türklopfer – ich hatte mich per Telegramm bei meiner Mutter zum Frühstück angemeldet. Ich hörte einen Wirbel von Schritten, die Tür schwang auf und da stand meine Mutter mit Isabel und Sylvia dicht hinter ihr.
    Mom nahm lächelnd meine Hände und wie üblich füllten sich ihre Augen mit Tränen.
    »Du siehst sehr gut aus«, sagte sie und umarmte mich. Dann drückten sich meine Schwestern von beiden Seiten an mich, und bald war ich von all ihren Armen umschlungen.
    »Stimmt, du siehst richtig gut aus, Matt«, sagte Sylvia.
    Ich hatte meine Akademieuniform angezogen, denn ich wollte sie beeindrucken, und ich konnte sehen, wie Sylvias Augen jede Einzelheit aufnahmen – von der Mütze bis zu den Schuhen. Sie hatte immer schon ein Interesse an allem gehabt, was gerade in Mode war.
    »Ich finde, du siehst darin so eingeschnürt aus«, meinte Isabel und zog die Nase kraus. Mit ihren elf war sie zwei Jahre jünger als Sylvia und hatte sich noch nicht in eine junge Frau verwandelt. »Und um den Hals herum ist sie viel zu eng.«
    »So wird sie aber getragen, Izzie«, sagte ich.
    »Das muss so sein«, belehrte Sylvia ihre kleine Schwester, und mir fiel wieder ein, wie schnell sie sich gegenseitig auf die Palme bringen konnten.
    Isabel lächelte bedrohlich süß. »Du weißt auch nicht immer alles.«
    »Das reicht jetzt, ihr zwei«, sagte meine Mutter und führte mich ins Haus.
    »Wie findest du es?«, wollte Isabel aufgeregt wissen.
    Als Erstes fiel mir auf, dass die Decke um mindestens zwei Fuß höher war als in der alten Wohnung. In dem großen Wohnzimmer strömten Licht und frische Luft durch die offenen Fenster, und man hatte das Gefühl, hier richtig atmen zu können. Der Fußboden bestand aus Eiche und die Wände waren blass aprikosenfarben gestrichen.
    »Ich glaube, ich habe noch nie in meinem Leben ein hübscheres und freundlicheres Haus gesehen. Ihr habt sehr gut entschieden. Gefällt es euch auch?«
    »Es ist vollkommen bezaubernd«, antwortete Sylvia sehr damenhaft.
    »Ein wunderschönes Haus«, meinte meine Mutter. »Aber weißt du, es war schwer – überraschend schwer –, die alte Wohnung aufzugeben.«
    »Nicht für uns«, zirpte Isabel mit einem Lächeln.
    »Kein Zigarettengeruch mehr«, sagte Sylvia.
    »Oder streitende Nachbarn«, fügte Isabel hinzu.
    »Und wir haben unsere eigenen Zimmer«, erzählte mir Sylvia. »Endlich.«
    Unsere alte Wohnung hatte im dritten Stock über einer Tabakwarenhandlung in Gastown gelegen. Es hatte nur zwei
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